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Donnerstag, 19. November 2015
okavanga, 18:24h
Sein Blick wandert langsam über den von mir ausgefüllten Fragebogen. Ab und an stellt er eine Rückfrage. Irgendwann dann:
"Ahaaaaa... Haben Sie Angst, Sie schlagen den Weg Ihrer Mutter ein?"
"Ja... an welchem Punkt sind Sie gerade?"
"An dem Punkt wo Sie über die Schizophrenie schreiben. Haben Sie Angst, auch daran zu erkranken?"
Tränen laufen mir übers Gesicht.
"Das ist es gar nicht so so sehr. Vielmehr ihr Weg im Bezug auf Beziehungen, also Freundschaften und Partnerschaften. Sie hat kaum Freunde. Und bei den Männern haben wir nie verstanden als Kinder warum sie die guten nicht mehr haben wollte. Es gibt da so krasse Parallelen in meinem Leben. Und sie hat sich bewusst fürs Alleinsein entschieden. Ich habe Angst ich muss irgendwann akzeptieren, dass ich genauso bin. Bei mir wäre es aber Stand heute keine bewusste Entscheidung."
"Was bedeutet "genauso wie sie"?"
"Für sie wäre es 'allein'. Für mich 'einsam'"
---
"[...] in der Schule.. soll das 'gehänselt' heißen?"
"Ja, genau."
".. wegen der Größe und Dürre.. " interessiert schaut er auf.
"Ich war schon immer so groß und dünn. Ein Strich in der Landschaft. Obwohl ich schon immer ein normales Essverhalten habe. Ich schlage da sehr nach meinem Vater, der ist auch groß und relativ dünn."
"Einen Strich in der Landschaft übersieht man ja gerne mal? Sich dünn machen. Verschwinden."
"Ich glaube, das habe ich mir oft gewünscht. Leider hat die Größe das nicht möglich gemacht. Ich bin immer aufgefallen.
"Und Sie essen normal?"
"Ja, aber irgendwie kann ich essen was ich will, ich nehme nicht zu. Ich bin vermutlich die einzige Frau auf dem Planeten die sich wünscht zuzunehmen."
"Sie brauchen eher eine andere Nahrung. Kein Steak.." er lächelt in sich rein.
"Keine Ahnung, ich tue mir einfach schwer mit zunehmen obwohl ich wirklich sehr gerne und auch gut esse."
"Schon klar, aber es setzt nicht an.." und er lächelt weiter weise vor sich hin.
---
"Waren Sie denn mit den bisherigen Therapien zufrieden?"
"Ja, eigentlich schon."
"Ah ich sehe... bei den beiden letzten waren Sie an Ausbildungsinstituten. Haben Sie sich denn bei denen gut aufgehoben gefühlt?"
"Ja, doch. Bei beiden."
"Das ist schön."
"Wissen Sie, mir ist diese Frage zu meiner Therapiehistorie immer etwas unangenehm."
"Ach ja? Wieso?"
"Naja, da steht so viel. Und ich frag mich: willste nich mal damit aufhören?"
Lächelnd blickt er mich über seine dunkelgerahmte Brille hinweg an: "Manche Menschen bekommen 60 Jahre lang Insulin. Die fragen sich sicher auch nicht, ob sie mal damit aufhören wollen."
"Ahaaaaa... Haben Sie Angst, Sie schlagen den Weg Ihrer Mutter ein?"
"Ja... an welchem Punkt sind Sie gerade?"
"An dem Punkt wo Sie über die Schizophrenie schreiben. Haben Sie Angst, auch daran zu erkranken?"
Tränen laufen mir übers Gesicht.
"Das ist es gar nicht so so sehr. Vielmehr ihr Weg im Bezug auf Beziehungen, also Freundschaften und Partnerschaften. Sie hat kaum Freunde. Und bei den Männern haben wir nie verstanden als Kinder warum sie die guten nicht mehr haben wollte. Es gibt da so krasse Parallelen in meinem Leben. Und sie hat sich bewusst fürs Alleinsein entschieden. Ich habe Angst ich muss irgendwann akzeptieren, dass ich genauso bin. Bei mir wäre es aber Stand heute keine bewusste Entscheidung."
"Was bedeutet "genauso wie sie"?"
"Für sie wäre es 'allein'. Für mich 'einsam'"
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"[...] in der Schule.. soll das 'gehänselt' heißen?"
"Ja, genau."
".. wegen der Größe und Dürre.. " interessiert schaut er auf.
"Ich war schon immer so groß und dünn. Ein Strich in der Landschaft. Obwohl ich schon immer ein normales Essverhalten habe. Ich schlage da sehr nach meinem Vater, der ist auch groß und relativ dünn."
"Einen Strich in der Landschaft übersieht man ja gerne mal? Sich dünn machen. Verschwinden."
"Ich glaube, das habe ich mir oft gewünscht. Leider hat die Größe das nicht möglich gemacht. Ich bin immer aufgefallen.
"Und Sie essen normal?"
"Ja, aber irgendwie kann ich essen was ich will, ich nehme nicht zu. Ich bin vermutlich die einzige Frau auf dem Planeten die sich wünscht zuzunehmen."
"Sie brauchen eher eine andere Nahrung. Kein Steak.." er lächelt in sich rein.
"Keine Ahnung, ich tue mir einfach schwer mit zunehmen obwohl ich wirklich sehr gerne und auch gut esse."
"Schon klar, aber es setzt nicht an.." und er lächelt weiter weise vor sich hin.
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"Waren Sie denn mit den bisherigen Therapien zufrieden?"
"Ja, eigentlich schon."
"Ah ich sehe... bei den beiden letzten waren Sie an Ausbildungsinstituten. Haben Sie sich denn bei denen gut aufgehoben gefühlt?"
"Ja, doch. Bei beiden."
"Das ist schön."
"Wissen Sie, mir ist diese Frage zu meiner Therapiehistorie immer etwas unangenehm."
"Ach ja? Wieso?"
"Naja, da steht so viel. Und ich frag mich: willste nich mal damit aufhören?"
Lächelnd blickt er mich über seine dunkelgerahmte Brille hinweg an: "Manche Menschen bekommen 60 Jahre lang Insulin. Die fragen sich sicher auch nicht, ob sie mal damit aufhören wollen."
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