Mittwoch, 26. Januar 2022
Oud
Manchmal geht es ganz gut, und dann schlägt es plötzlich mit Gewalt zu, so gewaltig, dass es mir vor mir selbst unangenehm ist, so starke Gefühle der Trauer für dieses kleine Lebewesen zu haben. Dann muss ich mir ganz bewusst sagen, dass das okay ist, dass sie jetzt über 8 Jahre eine kleine WG-Genossin war, die nicht zuletzt während der Pandemie soviel zu meinem Wohlbefinden, zu Tagesstruktur, Umgang mit Depression, meinem Oxytocin-Spiegel und Verantwortungsübernahme beigetragen hat. Ich verdanke ihr viel, so blöd wie das klingt.

Sie war wie ein Spiegel, vielleicht fungieren Tiere oft als ein Spiegel unseres inneren Kindes. Ich musste, als es hart auf hart kam, nervlich, erst lernen geduldig, sanft und einfühlsam mit ihr (und mir) umzugehen. Oh je das klingt grausam, ich beziehe mich hier auf die Zeit, in der ich sie so angebrüllt habe, ich weiß nicht, wer sich erinnert. Das knabbert bis heute an mir.

Oh das liest sich so schrecklich. Ich bin nicht so schrecklich. Es ist so, wie manchmal Eltern auch ihre Kinder anbrüllen (und das natürlich mehr über die Eltern als über die Kinder sagt). Das macht es nicht besser, aber es passiert, und nach dieser Phase ist es auch nicht mehr passiert. Zum Glück.

Vor wem rechtfertige ich mich. Schließlich weiß ich, was war, wie es war.

Egal.

Der Fressplatz ist aufgeräumt, die Schälchen gestapelt im Schrank. Das Katzenfutter wartet auf seine Lieferung ans Tierheim. Die Katzenklos stehen noch da. Zu groß noch Klumpen im Herz bei dem Gedanken daran, dass da dann eben Leere ist. In einem der Katzenklos sind noch zwei Pfotenabdrücke. In den letzten Jahren ist sie oft mit mir Synchron-Pinkeln gegangen, das fand ich sehr ulkig.

Kurz bevor die epileptischen Anfälle im Dezember anfingen, oder parallel dazu, fragte ich eine Dame nach einem Parfum. Sie nannte es mir. Es war ein schwerer Oud-Duft. Ich bestellte ihn, probierte ihn aus, befand ihn als völlig unpassend für mich und sandte ihn zurück. Was blieb, ist ein Oud-Duft am Wohnzimmer-/Schreibtisch. Ich weiß nicht, ob nur ich ihn rieche, aber ich rieche ihn jedes mal, wenn ich am Tisch sitze, und das ist mit Home Office und der Kombi Ess-/Schreibtisch sehr häufig der Fall. Das Ding ist, dass ich dort auch erstmalig roch, als sich die Katze vor einem Anfall einnässte. Seither ist für mich Oud sehr eng mit diesem Geruch verbunden. Der Geruch kam auch bei jedem weiteren Anfall wieder. Es ist ein ganz spezieller, eigener Geruch, ich würde ihn unter tausenden erkennen. Vielleicht sonderte die Katze auch eine Art Oud ab, durch den Urin, oder durch den Anfall, ich weiß es nicht. Jedenfalls.. allein schon deswegen hätte ich das Parfum nie tragen können. Dabei ist der Geruch nicht direkt unangenehm. Animalisch, eben. Und traurig.

Es war heute ein sehr langer Tag an diesem Tisch.

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Dienstag, 18. Januar 2022
Die Unmittelbarkeit des Todes hat, bei aller Konsequenz, etwas Absurdes. Da weicht mit dem Atem alles Leben aus dem Wesen, dem Lebe-Wesen. Und noch bevor bestätigt wird, dass das Herz nicht mehr schlägt, spürt man es. Nicht weil der kleine Brustkorb sich nicht mehr hebt und senkt, sondern weil das Leben fort ist aus dem Bündel, das man weiterhin streichelt, als könne man das Leben in es zurückstreicheln.

Genauso absurd mutet es an, eine Stunde lang Mantren bei Kerzenschein, Wein und Räucherstäbchen zu chanten, nur um zwischendrin zu realisieren, dass es sich objektiv betrachtet um Selbstgespräche neben einer Leiche handelt, und doch erschien mir das Konzept der Totenwache noch nie so sinnig wie in diesem Moment.

Und wie absurd ist es, eine solch innige Bindung zu einem Wesen einer anderen Spezies aufzubauen, dessen Sprache man nicht spricht, von dem man eigentlich nichts weiß, außer welches Futter und wie es gestreichelt werden mag, und, so meint man, eigentlich doch noch eine ganze Menge mehr. Und man glaubt, das Wesen erwidert diese Zuneigung, aber weiß man es je, und trotzdem fühlt sich das Leben so bereichert an.

Es bleibt kreischende Stille.

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Montag, 17. Januar 2022
<3

Wir haben so tapfer gekämpft. Gute Reise meine kleine Alanis Mutzl, danke für alles, und auf Wiedersehen.

~ Alanis Morissette - That I Would Be Good


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Dienstag, 11. Januar 2022
Meine Güte hat der sich gefreut. Fast mehr als ich. Und immer noch spitzen Humor.

In zwei Wochen dann also. Wunderbar. Schon jetzt gleichermaße Vorfreude wie Bauchgrummeln bei der Aussicht, manches laut auszusprechen.

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Montag, 10. Januar 2022
Immerhin Schritt 1 vollzogen. Jetzt muss ich nur noch morgen Abend dran denken.

Heute hatten wir eine Vertretung im Yoga. Sie war toll! Ich mag meine übliche Yoga-Lehrerin sehr. Die heute war ein ebenbürtiger Ersatz. Sie praktiziert ganz anders, die Abwechslung hat gut getan. Überhaupt finde ich es erstaunlich, wie unterschiedlich Yoga-Praxis mit unterschiedlichen Lehrer*innen aussieht, selbst im gleichen Yoga-Stil. Sie hatte außerdem eine sehr angenehme Stimme, das ist mir wichtig beim Yoga. Sonst is schlecht mit ein- und loslassen. Und sie hatte einen tollen Duft. Nicht penetrante Wand, sondern ab und an ein ganz subtiler Hauch. Sie hat mir auch verraten, was es ist. Der Tropfen hing noch vom gestrigen Abend in ihrem Haar. Knallteuer, aber das probiere ich morgen in einer Parfümerie mit Nischenprodukten.

Ansonsten. Ja. Weiß auch nicht. Traurig. Vielleicht, glaube ich, bin ich jemand, der das sichere Gefühl benötigt in eine Gemeinschaft eingebunden zu sein. Wir alle brauchen das ein Stück weit, doch ich glaube, das ist bei mir ein großer Schlüsselfaktor. Die Krux an der Sache ist, dass mich die Gemeinschaft dabei nicht zu sehr vereinnahmen darf, sonst saugt mir das total schnell Kraft oder ich rutsche in meine Nähe-Thematik und distanziere mich. Ich finde es schwierig, in meinem Alter neue Freund*innen zu finden, mit denen sich etwas Nahes entwickeln kann. Insbesondere in den letzten 2 Jahren. Die im Arbeitsleben passen nicht mehr zu mir, davon habe ich mich weit weg entwickelt durch das Studium und dadurch, dass ich immer mehr zu mir selbst komme. Das passt nicht mehr zu dieser Welt, oder nur schwer. Die Gespräche langweilen mich oft, befassen sich soviel mit Oberflächlichem oder Materiellem, und außerdem hören sich alle so gerne selbst reden. Könnte man sagen, das muss so, bei Berater*innen. Finde aber, da muss man vor allem gut zuhören können.

Naja. Schluss für jetzt.

~ SYML - Girl


https://www.youtube.com/watch?v=qp4uAN2NAjs

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