Dienstag, 7. Dezember 2010
Wei(h)nachten
Ich bin ja ein sehr rühriger Mensch, im Dezember. Das hält bis zum 2. Januar an, in etwa.

Dieses Jahr ist es besonders schlimm. Es hat weniger etwas zu tun mit dem Weihnachten wie es in den Kaufhäusern, Schaufenstern und Blinkfenstern zelebriert wird. Es ist vielmehr, dass in mir etwas still wird, und dafür etwas anderes sehr laut. Das Leise. Das Leise, Weiche. Eine Einkehr, vielleicht.

Die ganzen Weihnachtslieder, die gehen mir ans Herz. Nicht die englischen. Die deutschen, stinknormalen Weihnachtslieder. Stille Nacht, Heilige Nacht. Leise rieselt der Schnee. Oh du Fröhliche. Es ist ein Ros entsprungen. Ich kann gar nix tun, ich muss einfach weinen.

Es ist immer, als würde ich etwas loslassen. Vielleicht das Jahr. Ich weiß es nicht. Vielleicht erlaube ich meinen Gedanken aber auch einfach dahin zu wandern, wo sie sonst nicht so oft hinkommen. Bewusst wie unbewusst. Auf stille Friedhöfe, wo Gräber unter Schnee so viele Geheimnisse bewahren.

Ich bin nicht gut im Loslassen. Und das war mir noch nie so bewusst wie in diesem Dezember. Das Jahr ließe sich unter "Loslassen" zusammenfassen.

Meinen Job loslassen. Kündigen. Menschen loslassen. Meinen "Ziehvater". Eine Stadt loslassen, und mit ihr mein gesamtes Umfeld. Mein kleines perfektes Privatuniversum. So genial sie war, so traurig war diese letzte Weihnachtsfeier. Kurz saß ich still auf der Toilette, während der übrige harte Kern von 20 Kollegen im Rh*d*s die Puppen tanzen ließ.

Den kleinen Professor loslassen, endlich, endgültig. Und damit auch etwas von mir loslassen.

Die Idee von einer Freundschaft loslassen, um vielleicht Platz für eine andere Art von Beziehung zu schaffen.

Und eine Mutter loslassen, wie ich sie kannte. Das war und ist immer noch sicher das Schwerste.

Ich habe Angst. Vielleicht ist es auch einfach nur das, immer wieder, im Dezember. Angst vor dem Loslassen.

An dieser Stelle habe ich gerade noch viele Sätze getippt, und sie alle wieder gelöscht. Vielleicht muss man manchmal auch einfach nur weinen. Ganz tief drin, da bin ich Kind, im Dezember... nicht irgend eins. Sondern Ich Kind.

 
Ich glaube, am Kind-Sein ändert sich auch nie was, und wenn wir hundert Jahre werden.

Und loslassen - wer kann das schon, nein, wer kann das schon ohne Schmerzen? Mal ganz ehrlich, wer Dinge loslässt, die ihm lieb sind oder waren, ohne Schmerz zu fühlen, der ist schon ein wenig suspekt. Oder?

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@pandora: ja, schon komisch wie wir das so durch unser Leben mittragen. Manchmal möcht man es einfach nur in den Arm nehmen, und manchmal möcht man ihm auch gern eine kleben.

Das stimmt schon. Aber manch einer steigert sich da nicht so rein. Bei mir besteht die Gefahr dass ich nicht vorwärts gehe, weil ich nicht loslasse. Mich überhaupt dazu zu überwinden loszulassen ist ein irrer Akt. Manchmal auch in ganz banalen Dingen. Klammern kann man das auch nennen ;-)

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abschiede sind wichtig. man kann die nämlich lernen. weil irgendwann musste vom größten abschied nehmen können, vom leben nämlich.

ach, und in der neuen heimat wirste nicht lange fremd bleiben. ich stell dir ein paar nette leute vor, wenn ich dann ab und zu mal da bin.

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Loslassen ist nicht leicht. Und auch sich zuzugestehen, darüber traurig zu sein und zu weinen ist nicht leicht. Aber die einzige Möglichkeit, wirklich das Leben zu spüren, weil Stillstand nicht mit Leben und persönlicher Entwicklung übereinzubringen ist.

Mir fällt dazu die folgende Liederzeile ein, die mir zum Thema loslassen auch immer wieder in den Sinn kommt:
"Living is only what runs through an open heart. Living is letting go..." (Rebekka Bakken)

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Hach, das hast Du sehr schön geschrieben.

Beim Roß muß ich auch immer aufpassen, daß keine Träne kullert und kommen mir dann so ungefestigt vor, weil mich Weihnachtslieder aus der Fassung bringen. Ist aber auch die Zeit der Erinnerung und die Zeit, an die man doch sehr stark an die Menschen denkt, die Wert hatten.

Fühl Dich gedrückt.

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