Sonntag, 11. Mai 2014
Zu laut.
Festgestellt, warum ich immer weniger affin bin. Zugedröhnt auf der Firmenfeier, zusammen mit G. Dichtmachen. Undurchlässig werden. Betäuben. Einfach mal unter den Teppich kehren was mich so sehr quält. Nicht dass wir wirklich verhaltensauffällig wären, aber wir sind laut, wenn auch nicht wirklich hörbar. Sondern in dem, was wir sagen und tun, und das trifft manche, manche berechtigt, manche unberechtigt. Beim Ziehen im Auto unterhalten wir uns darüber, was die Mittelchen uns erlauben, ein Erschleichen temporärer Selbstsicherheit, eines unbefangenen Umgangs mit Menschen, die einen sonst immer mehr befangen machen. Sich auf dem Parkett sicher bewegen, so sagt man das doch. Und manchmal sind wir zu sicher und begeben uns hinter Grenzen, die wir nicht überschreiten sollten. Und doch sind wir doch so sicher, dass es uns hilft. Dabei hilft, einmal so zu sein, wie wir sonst auch gerne wären.

Auf dem Heimweg meint G. bei Kilometer 13 (nur noch ein Kilometer bis zur ersten Parkbucht, in der ich endlich wieder kotzen kann): "Weißt du, ich habe da nochmal drüber nachgedacht. Und es ist so, dass ich in diesen Momenten dann einfach nicht über mögliche Konsequenzen nachdenke. Ich tue und rede einfach."

Antworten kann ich ihr nicht, ich bin mit atmen beschäftigt und damit, den Herzschlag in meinem Bauch zu ignorieren, und sehne die Parkbucht herbei.

Ich habe keine Ahnung, wie wir heute Morgen diese 140 km unbeschadet zurück nach Mann*heim geschafft haben. G. hasst sonst Autofahren, und sie tut es auch kaum, aber ich hatte keine Wahl, ich musste ihr das Steuer überlassen. Über Kilometer hinweg kehre ich mein Innerstes nach außen, es wringt mich aus, ich bin fix und fertig. Auf den letzten Metern muss dann die Tüte herhalten, es gibt keine Möglichkeit mehr anzuhalten. Die Tüte hat ein Loch. Kotze sickert auf meine Jeans und tropft auf den Sitz. Ich grinse bescheuert: "Naaa Kinder, wollt ihr ein abschreckendes Beispiel?" Hör auf zu spinnen, meint G. Sie fährt mich nach Hause und bringt mir noch Cola, Salzstängchen, und Allzwecktücher für den Autositz. Dann falle ich tot ins Bett.

Aber es ist weniger der körperliche Totalausfall, der mich daran erinnert, dass Scheisse einfach Scheisse bleibt, egal wie viele bunte Fliegen außenrum schwirren. Als ich aufwache, sehe ich auf FB wie uns ein Freund mit einem Kollateralschaden konfrontiert. Ich schäme mich, auch wenn es nichts verdammt tragisches ist. Aber es war überflüssig und sehr taktlos, und eben auch nur einer der Kollateralschäden.

"Weißt du", sage ich G., "ich habe da auch nochmal drüber nachgedacht. Wir werden von unseren Freunden für das gemocht, was wir sind. Das, von dem wir glauben, dass es uns hilft, hilft uns nicht. Im Gegenteil. Es macht uns zu Menschen, die wir gar nicht sein wollen."


Oliver Koletzki - The Power of Rausch

 
ich bin fast ein wenig dankbar dafür, dass ich so wenig vertrage und den schmalen grat ausbalancieren muss zwischen gerade-noch-verdammt-gut und schon-richtig-übel. hat mich mein leben lang davor bewahrt, nachzulegen und dann dabei aus dem rahmen zu fallen.

sehr, sehr geiler song übrigens. wenn ich genug serotonin im kopp habe, wirkt musik bei mir genauso gut wie drogen.

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@c17: ist bei mir genauso, das mit der dosierung. diesmal wollte ich nicht unbedingt darauf achten, aber letztendlich lag es wohl hauptsächlich an den massen an alkohol, die da mit im Spiel waren. denn vom rest gabs nicht übermäßig viel. also nicht soviel, dass der nächste tag allein daran gelegen hätte. der alkohol fällt halt in dem moment einfach nicht richtig auf ("ihr seid irgendwie noch viel zu nüchtern für das, was ihr getrunken habt"), das rächt sich erst am nächsten tag.

inzwischen wirkt musik bei mir fast besser als drogen.außer, ich will mich eben abdichten. mögen bessere zeiten kommen.

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Der spezifische Reiz der Kombination mit viel Alkohol hat sich mir ja nie erschlossen. Mehr als ein, zwei Gläschen Sekt hätte der Sache ihren Schub genommen, und ich wollte das Gefühl des durchgetretenen Gaspedals einfach nicht mit Alk wegspülen (oder mit zuviel Würzkraut wegrauchen).

Aber in der Hinsicht war ich ja eher eigen, die meisten Leute in meinem damaligen Umfeld haben das anders gehandhabt.

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@Mark: früher habe ich immer viel Bier dazu getrunken,wg. Nährwert und Kalorien. Ansonsten hat Alkohol da nie eine große Rolle gespielt. Das am Freitag war ungeplant und ich war zugegebenermaßen mehr als wahllos in der Mittelwahl - hauptsache abdichten. Ich habe nicht darüber nachgedacht, ob ich jetzt Gin Tonic trinke oder Wein. Nur ein Wasser ab und zu, daran hab ich noch bewusst gedacht. Der Rest lief wie auf Autopilot.

Ich lese all das im Nachhinein wie ein Außendstehender und denk mir eh nur: der spezifische Reiz ist nicht ansatzweise zu erschließen, ob mit oder ohne Alkohol. Es ist wie auf dem Blog einer 17-Jährigen. Aber mich selbst nochmal zusätzlich selbst zu zerfleischen zu der eh schon aktuell so akuten Selbstzerfleischung: bringt nix. Die zwei Wochenenden müssens jetzt gewesen sein. Jetzt heißts wieder: face it, und übernimm Verantwortung für dich und dein Leben.

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Die frühere Mitbewohnerin meiner Ex und deren beste Freundin haben sich regelmäßig abgeschossen mit dieser Kombination. Man verträgt ja zunächst mehr, aber wenn der Hammer dann kommt, dann schlägt er richtig zu.

Das war kein schönes Schauspiel und ich dachte immer, erschießt mich oder zieht mich sonstwie aus dem Verkehr, bevor ich so werde. Nun war ich anders, aber auf meine spezifische Art auch nicht unbedingt besser. Dadurch, dass ich mich nicht nennenswert noch mit anderen Dingen (ok, Zigaretten damals noch) vollballerte, konnte ich ziemlich viel ab, Mengen, die bei anderen schon längst zum Kreislaufkollaps oder sonstwohin geführt hätten.

Ach, wie lang das alles inzwischen her ist. Als ich neulich das Cortisonpräparat absetzte, bekam ich wieder eine Ahnung davon, wie sich das Runterkommen anfühlte. Muss nicht mehr sein. Im Prinzip weiß ich, dass ich mir nach all der Zeit eigentlich ein Wochenende gönnen könnte, ohne wieder gleich voll am Haken zu hängen, aber irgendwie ist das Thema halt doch durch.

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ich kann da keinen alk zu haben. ein paar mal hab ich was gezogen, um vom alk ein bisschen runterzukommen. aber wenn ich was genommen hatte, wollte ich immer den puren, unverfälschten rausch. k. hat immer unmengen speed und unmengen wodka gemischt. das resultat war stumpfheit.

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Glaube ich. Saufen kosten auch so schon Hirnzellen en masse, aber diese Kombination lässt die Synapsen flächenbrandweise durchschmoren.

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Ich komme mir ja fast ein bisschen eigenartig vor, ich bin nur auf Johanniskraut... ;-)

Alkohol vertrage ich auch so gut wie gar nicht mehr, und dass ich damit aufgehört habe (klingt ja, als sei ich süchtig gewesen) entsprang genau dem gegenteiligen Wunsch, nämlich klar zu sein und fühlen zu können. Auch die fiesen Gefühle. Gerade die fiesen Gefühle.

Ich erinnere mich gut an die Zeit, als Schlaf ohne Alkohol kaum denkbar war und mir der Gin Tonic das nächtliche Grübeln ersparte. In der letzten Zeit habe ich so oft wach im Bett gelegen mit kreisenden Gedanken und Ängsten, dass mir ein Bierchen oder zwei beinahe wie eine Verheißung vorkamen. Statt dessen im Halbdunkel auf dem Klo geheult oder mit einem Buch aufs Sofa gezogen, um mich müde zu lesen, ohne den Gatten zu wecken.

Schlaue Patentrezepte gibt es eh nicht. Möglicherweise ist das Leben halt einfach gerade zum Kotzen, und das sicherste Zeichen dafür ist, dass man eben kotzen muss.

Eine solidarische Umarmung!

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@sturmfrau: vielen Dank, für die Umarmung und deine Worte. Dafür, dass du sagst dass du im Halbdunkel auf dem Klo heulst, weil es mich daran erinnert, dass diese fiesen Gefühle eben auch ihre Berechtigung haben. Es fällt mir immer sehr schwer, ihnen Raum zu geben. Es fühlt sich auch so destruktiv an: da gebe ich ihnen Raum, und heule, aber ändern tut sich doch nix. Vielleicht habe ich einfach immer noch nicht gelernt richtig mit ihnen umzugehen.

Sei auch du feste gedrückt, du Johanniskraut-Junkie ;-)

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