Sonntag, 15. September 2024
Ich verliere meine Mutter, immer mehr. Als wäre das noch mehr möglich gewesen, denkt man vielleicht, aber ja. Sukzessive dem Abgrund entgegen. Dem nächsten, einem anderen, irgendwann, wie wir alle, dem endgültigen. Das, was ich höre über sie, es bricht mir das Herz. Das Telefonat, das ich mit ihr vor Island hatte, es bricht mir das Herz. So ganz langsam kann ich inzwischen manchmal denken an das, was sich bald jährt. Ich habe gerade mal nachgesehen, was ich damals in der Zeit hier geschrieben habe. Leider nicht viel. Ich wünschte, ich hätte mehr geschrieben, weiß aber, dass ich gar keine Worte dafür hatte. Die habe ich bis heute nicht. Aber die Bilder aus der Zeit, die sprechen für mich Bände, sie sprechen zu mir und erzählen mir von Verzweiflung, Trauer und, ja. Und von gebrochenem Herzen. Bis heute habe ich eine Audioaufnahme vom "letzten" Abend mit meiner Mutter. Anhören kann ich sie mir vermutlich nie. Und ich erinner mich, wie befremdet mein Bruder war, als ich erzählte, dass ich es aufnahm. Aber es war, wie um mir selbst zu beweisen: das hat stattgefunden. Ich kann kaum glauben, dass es diesen Abend gab, und den Tag danach und die Wochen davor. Und die Wochen danach. All das, was letztes Jahr war, ich habe eben grob durchgeklickt von Dezember an rückwärts, es fühlt sich an als lägen Jahre dazwischen. Mit mir hat diese Zeit sehr viel gemacht. Ich weiß nicht, ob ich es Reife nennen würde, aber das ist der erste Begriff, der mir einfällt, und manchmal fühle ich mich zu alt. Als wäre es einfach zuviel in zu wenig Leben gewesen.


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