Donnerstag, 20. November 2025
Tag X + 2 Jahre.
Es jährt sich zum zweiten mal. Vor einem Jahr stand ich an diesem Punkt.

Heute war ich bei einem Jugendlichen. Ich habe ihn schon öfters gesehen, aber nicht so oft wie ich ihn hätte sehen können. Weil ich krank war. Weil er vormittags immer tief und fest schläft, dafür nicht in der Nacht. Und so weiter. Vielleicht wird er Ende nächster Woche entlassen. Das wäre schade. Das heutige Gespräch hat mir gezeigt, wie gut sich unsere Beziehung entwickelt hat. Das hätte ich am Anfang nicht für möglich gehalten. Ich sehe, dass er weiter dringenden Bedarf hat. Und sehe aber auch, dass es dafür jemanden braucht, der ihm auf Augenhöhe begegnet, mit echtem (professionellem) Näheangebot, das ihn gleichzeitig nicht überfordert. Das authentisch ist. Denn der spürt sofort wenns nicht so ist. Ich wünsche ihm, dass er so jemandem in in der Reha begegnet. Die wird er weit weg von hier machen. Das ist scheisse, aus vielen Gründen. Aber nicht anders möglich, aus anderen Gründen. Er hat so einen langen Weg hinter sich und ist komplett isoliert. Mehr kann ich dazu hier nicht schreiben, aber er sieht seit Monaten niemanden außer seine Eltern und das Personal. Und er hat noch einen so langen Weg vor sich. Ich selbst bin kommende Woche leider am Institut.

Ich hoffe, dass wir uns noch mal sprechen, sage ich als ich gehe. Das hoffe ich auch, sagt er, das fände ich sehr schön.

Danach habe ich mit der Ärztin gesprochen, wie realistisch es ist, dass er noch da ist wenn ich am 1.12. zurück bin, oder ob ich mich vorsichtshalber morgen von ihm verabschieden soll. Die Ärztin rät mir zu letzterem.

Diese Jugendlichen. Ach ach. Mein Herz. Auch mit diesem da würde ich so gerne weiterarbeiten.

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Diese Begegnung mit ihm heute fällt auf das, was in mir ist, an diesem heute. Ich habe jetzt an dieser Stelle zig verschiedene Sätze angefangen, aber mit keinem kann ich ausdrücken, was ich meine. Als Wort bleibt dann nur LEBEN.

Ach nein, da ist noch ein anderes. LOSLASSEN.

[Edit] Momentan betreue ich einen Patienten in einem Klinikbereich, in dem ich selbst normalerweise nicht als Psychologin unterwegs bin, sondern manche Kolleg:innen. Auf den Fluren dort begegnet mir heute zufällig eine junge Patientin, die ich in "meinem" Bereich länger begleitet habe. Sie wurde volljährig in der Zeit unserer Gespräche. Sie strahlt, wie sie mir da entgegenkommt, muss aber zu einem Termin, und ich zu meinem Patienten.

Immer wieder habe ich auch Worte von Frau Croco im Ohr, bzw. vor Augen.

Lange Rede. Ich habe nun das Institut angeschrieben, ob es die Zusatzquali für KJP noch anbietet, denn auf der aktualisierten Homepage finde ich es nicht mehr. Da ich kommende Woche eh vor Ort bin, will ich mal die Ansprechperson aufsuchen und mich schlau machen, welchen Zusatzaufwand das denn konkret bedeuten würde und ob ich mir ggf. manche Tätigkeiten aus der aktuellen Klinik bestätigen und anrechnen lassen kann. Mal sehen. Man sagt mir in der Klinik immer wieder, dass das unüblich ist, sonst hätten sie nie so viele Konsile für Jugendliche. Vielleicht winkt das Universum echt mit dem Zaunpfahl.