Freitag, 20. Dezember 2024
Seit gestern im Bett mit f**** C. Braucht auch kein Mensch vor Weihnachten. Nun bete ich, dass meinen Vater und G. nicht angesteckt habe, lebe im Gästezimmer und bin einfach nur desolat.

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Montag, 9. Dezember 2024
Rückmeldungen.
In der Gruppentherapie habe ich so schöne Rückmeldungen von den Mitpatient:innen bekommen. Sehr berührend. Und sie geben mir Kraft und Hoffnung. Eine Rückmeldung die mir besonders viel bedeutet, weil meine Zweifel diesbezüglich öfters Thema waren, kam von meiner Bezugstherapeutin im Abschlussgespräch, wir sind schon dabei uns zu verabschieden und auf dem Weg zur Tür: "Eines möchte ich Ihnen gerne noch sagen im Hinblick auf Ihren künftigen Beruf. Und das meine ich so, sonst würde ich gar nichts dazu sagen: Ich hätte Sie sehr gerne als eine Kollegin."

Wie psychosomatische Rehas andernorts sind, weiß ich nicht. Diese hier war toll, auch wenn die alten Probleme auf mich warten. Plus die Arbeitsagentur. Doch dass wir überhaupt so etwas in unserem Land haben und ich davon profitieren durfte. Eine kleine Pause vom Alltag, für Bewegung, Kraft, Ruhe, Kontakt und Austausch. Das ist doch einfach nur fabelhaft.

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Samstag, 7. Dezember 2024
Moment, wieder.
Es macht mich sehr froh uns so völlig verschiedene Menschen ganz ohne Promille tanzen zu sehen. Keiner versucht besonders schön zu tanzen, alle tanzen eben einfach so, wie sie es gerade fühlen, und das sieht manchmal bezaubernd skurril aus. Ich liebe die Patientendisko.

Es wird in den nächsten Monaten vermutlich seltsam sein, auf die andere Seite zu wechseln. Und ich finde es so schön, dass ich diese Seite der Patienten kenne.

Morgen hat meine Mutter Geburtstag. Seit dem 20.11.23 frage ich mich, ob ich da nun gratuliere oder kondoliere. Rufe ich an, schreibe ich nur eine SMS? Mit meiner Bezugstherapeutin hier hatte ich gute Gespräche zum Mutterthema. Auch mal sehr interessant mit einer Frau dazu zu sprechen, zumal einer die, wie sie mir anfangs signalisiert hatte, persönliche Erfahrung mit Suizid im Umfeld hat.

Ich nehme hier viel mit, und doch wartet da draußen eben die ein oder andere Realität, vor der mir graut. Das hat mich heute tagsüber ziemlich runtergezogen, nachdem die letzten Tage mitunter sehr fröhlich waren. Irgendwann am Nachmittag raffte ich mich auf und lief im Nieselregen durch den Wald. Sonst keine Menschenseele unterwegs. Im Wald fühle ich mich immer aufgehoben, geborgen. Eigentlich geht mir das in Natur immer so, aber vor allem im Wald. Ich fühle mich wie ein Teil von etwas Ganzem.

Da fällt mir das Gespräch mit N. ein, über mein Patenkind J. Er hat ja die ADS Diagnose. Es ist sehr schwierig mit ihm. Klauen, Lügen, Störung in der Schule. Seine Kinderpsychotherapeutin empfiehlt nun doch Medikamente. N. habe ich in den ganzen 44 Jahren, die wir uns nun kennen, sehr selten weinen gesehen oder gehört. Es hat mich sehr berührt ihren Schmerz zu hören. Ich frage sie, ob sie Angst hat, und weiß eigentlich schon, dass sie die natürlich hat. Mit ihrer eigenen gravierenden und langjährigen Substanzhistorie fällt es ihr unglaublich schwer den Gedanken an Medikamente zuzulassen. Doch signalisierte die Therapeutin auch, dass J. vermutlich, wenn er nicht lernt sich zu regulieren, irgendwann zu Selbstmedikation greifen würde. Ich stelle es mir unerträglich vor für N. Wenn jemand weiß, was das bedeuten könnte, dann sie. Ich wäre so gerne näher bei ihnen. Ich ermutige sie zu den Medikamenten. Es kann eine Chance für J. sein. J. selbst (mit ihm wurde das Medikamentethema noch nicht besprochen) fühlt sich anscheinend familiär sehr außen vor, während er natürlich durch die ganze Thematik viel Raum in der Familie einnnimmt. N. erwähnte, dass J. neulich meinte er würde einfach gerne ein Teil von ihnen [eben der Familie] sein. Das zerbricht ihr das Herz, und mir auch wenn ich das höre. Gleichzeitig finde ich es so stark, dass er Zugang zu seinen Emotionen hat und das so auch ausdrücken kann. Sie erwähnte noch etwas, auch dabei erstaunte mich, wie sehr J. doch aber selbst auf eine Art erkennt, was ist, und wie gut er ausdrücken kann was in ihm ist. Ich hoffe, er kann das beibehalten und ausbauen.

Vor einigen Wochen fragte er N., ob ich denn über Sylvester wieder komme. N. und ich hatten zu dem Zeitpunkt bereits darüber gesprochen und ich plane da zu sein. J. freut sich wohl riesig auf meinen Besuch. Auch das berührt mich so doll in meinem kleinen Herz. Er scheint die gemeinsame Zeit letztes Jahr in genauso positiver Erinnerung zu haben wie ich. Ich will ihm weiterhin eine wohlgesonnene Person ohne Erwartungen an ihn sein. Ihn einfach annehmen wie er ist. Ich denke er spürt sehr deutlich dass das so ist und auch das macht mich froh. Er soll wissen, dass irgendwo jemand ist der ihm einfach nur eine gelassene Hand auf der Schulter sein will, eine Hand die sagt: "Ich bin da, J."

Ja also ein kleiner Exkurs, naja passiert.

Ich träume hier sehr oft von Intimität und Sex. Fast jede Nacht Das macht mich nachdenklich. Ich glaube das ist etwas, nach dem ich mich langsam wieder sehne. Etwas, das in meinem hardcore Alltag der letzten Jahre zwischen Arbeit, Studium, Haushalt und bissl Freizeit sehr untergegangen ist. Dafür war kein Raum. Auch kein emotionaler. Ich habe auch Angst davor, wieder Nähe zuzulassen. Aber ich glaube, es ist an der Zeit dafür offen zu sein. Wenn ich nur nicht so unsicher wäre: kann mir wirklich jemand nahe sein wollen??? MIR??????

Finde gerade keinen Schluss, aber mag nicht mehr schreiben.


[NTM: "Stark und sanft"]

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Samstag, 30. November 2024
Moment.
Intensive Zeit hier. Das ist unerwartet. Es ist nicht so wie in der Akutklinik vor 2,5 Jahren, aber doch viel therapieintensiver als gedacht. Vor allem die KBT bzw. psychodynamische Haltungsintegration lösen viel in mir (aus). Ich will mir für die nächsten Jahre eine Selbsterfahrung suchen, die Körperarbeit integriert. An manche Dinge, vor allem die vorsprachlichen, komme ich kognitiv-sprachlich einfach nicht ran.

Heute dann Exkursion mit der Stammgruppe auf den örtlichen Weihnachtsmarkt, anschließend Pizzaessen. Zum Abschluss wieder Patientendisko. Ein schönes Gespräch mit einem Mitpatienten gehabt. Wie gerne würde ich einfach allen Menschen mit Depressionen mein verinnerlichtes weil selbsterlebtes Wissen vermitteln, dass es gut werden kann. Bleib dran, sage ich. Es dauert einfach. Gib dir Zeit. Gib nicht auf, es lohnt sich, ich verspreche es dir. Dabei kann ich es nicht versprechen. Doch ich wünsche es ihm so sehr. Wieder schließen wir den Abend mit "Moment" von Nicolas Binder. Es ist einfach mein Reha Track.

Ich lerne hier so viel. Über meine Schubladen, über Menschen aller Art. Über mich als Patientin, und für mich als angehende Psychotherapeutin. Sehr dankbar.

~ Nicolas Binder - Moment

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Montag, 25. November 2024
Trauer ist ein komisches Ding. Manchmal weit und breit nicht zu sehen und zu fühlen. Und dann schaut man nichtsahnend ins Land, der Wind weht um die Nase, hach ein tiefer Atemzug frischer Kurortluft - und zack grüßt die Trauer eifrig winkend von ganz tief unten.
***

Im Buchladen des Dorfs ein kleines Präsent für den Geburtstag einer Mitpatientin besorgt, ein Magnet. Mit dem Verkäufer noch kurz über ein altes Kinderbuch gesprochen (leider sagte ihm meine Beschreibung nichts und den Titel habe ich vergessen) und die nächstgelegene Bushaltestelle erfragt. Dorthin gestiefelt und auf den Bus gewartet. Nach einigen Minuten fährt ein Wagen heran. Er hält vor mir. Das Fenster auf der Beifahrerseite wird heruntergelassen. Der Verkäufer aus dem Buchladen hält mir eine kleine Papiertüte entgegen. "Sie haben Ihren Einkauf vergessen!" Als er es bemerkte, hat er sich erinnert wohin ich wollte, kurz den Laden abgeschlossen und mir das hinterhergefahren. Wie toll ist das bitte? So etwas bringt soviel Wärme in die Welt.
***

Das Leben berührt mich, und das ist durch und durch positiv gemeint.

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