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Mittwoch, 12. Februar 2014
Lieber Herr M.,
okavanga, 22:24h
Ich weiß, ich habe Ihnen versprochen Ihre e-Mail-Adresse nur im absoluten Notfall zu verwenden und daran möchte ich mich auch halten.
Gerade eben, bevor ich anfing dies zu schreiben, wollte ich suchen, wann das eigentlich anfing, vor ein paar Monaten, als ich mir die Unterarme aufkratzte. Als ich so Glück hatte und sie zufällig nochmal den AB vom Institut abgerufen haben, und mich da ganz hemmungslos rumrotzen gehört und zurückgerufen haben. Als Sie dann so toll am Telefon waren und mir Ihre Mailadresse gegeben haben, damit ich Sie überhaupt noch erreichen kann, weil Sie ja nicht mehr in dem Institut arbeiten und noch nicht wissen, wie Sie dann weiter machen. Und ich dachte, allein die Adresse wird mich so beruhigen, dass ich sie nicht brauche. Ich wollte sie nie gebrauchen. Ich habe es echt versucht...
So ja, also... und ich nutzte jedenfalls gerade die Blogsuche. Was ich fand war ein Beitrag aus dem April 2011, in dem ich schrieb, dass ich in mein Essen heule, und dass ich mir am liebsten die Arme aufkratzen würde. Das hat mich entsetzt. Ich glaube, Sie verstehen das.
Eigentlich wollte ich darüber gar nicht schreiben, denn ich denke ja immer zwischendrin, es hat aufgehört, wird besser, ändert sich. Ich änder mich. Aber nun schreit es mich so an. Wann hört es auf? HÖRT es denn irgendwann auf?
Ich bin verzweifelt, ganz ehrlich. Seit Wochen, eigentlich Monaten (ha, anscheinend seit Jahren), bin ich in mir außer mir. Und ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll zu erzählen, weil ich nicht weiß, wo es anfängt. Ich weiß nur, dass es nicht aufhört. Dass ich aber so weiterlebe, dass keiner etwas merkt, außer die, denen ich eben etwas erzähle. Und der einzige der das alles eigentlich kennt ist mein Vater, und vielleicht nocht die D. weil sie zwischen Zeilen liest.
Es ist ganz komisch. Ich lebe einfach so weiter und empfinde das eigene Elend auf der einen Seite so unspektakulär, und wenn ich mir denke: 'och, eigentlich könnteste jetzt auch einfach ins Meer gehen und nicht mehr zurückkommen, das wär auch OK', dann ist das nicht entsetzlich oder schockierend, oder traurig, sondern... eben auch OK.
Das schlimme ist, dass eine andere Seite in mir das nicht unspektakulär findet, sondern sehr sehr spektakulär und beeindruckend. Oder eher niederdrückend. Also nicht das mit dem Meer, sondern das Elend. Diese Seite findet das unerträglich, und will dann ins Meer gehen. Ich hab ihr auch gesagt, dass das keine gute Idee ist. Das ist nass und kalt, und wenns blöd läuft haben wir dann ne Blasenentzündung. Die andere (Egal-)Seite fand meine Einwände auch OK. Diese gleichgültige Seite findet eigentlich alles OK. Sie ist so gleichgültig, dass sie halt auch einfach weiterlebt, egal wie und wo.
Da die beeindruckte Seite nicht wirklich lebensfähig ist - nachdem ich vor zwei Wochen 30 Minuten heulend auf dem Büroklo saß, weil es echt nicht anders ging, wurde mir klar, dass das eben nicht wirklich lebensfähig ist - gewinnt eben oft die Egal-Seite. Bzw. bringt die mich halt durch den Tag. Sie hält mich am Leben, wohl, denke ich. Bis irgend etwas mich so berührt, dass ich weine, und das ist dann ein sehr beeindruckendes Weinen.
Überhaupt habe ich noch nie so viel ohne Alkohol geweint. Ich erinner mich an eine Zeit, in der ich betete, dass ich doch bitte irgendwann ohne Alkhohol in der Lage sein würde zu weinen. In der sogar mein Vater mir und sich wünschte, es würde ohne Alk gehen. Siehe da, ich wurde erhört. Es ist ein ganz anderes Weinen. Und unkontrollierbar. Das mutmaßt nun sicher auch das Büro. Aber was wissen die schon.
Ich sehe Sie schon ganz ungeduldig auf dem Stuhl rumrutschen. Sie sind da ja eher der pragmatische Typ und wollen gleich wissen, was denn eigentlich passiert ist. Ich hoffe Sie haben viel viel Zeit. Ja, das da oben war nur die ungeplante Einleitung. Also das kam so:
Am 9. Oktober war dieser Scheiß mit dem Unterarm. Das war so die Initialzündung [AdR: gerade gesehen. Die Beiträge von September sehen auch schon scheisse aus. Was man nicht alles so vergisst.]. Seitdem ist es, als wäre ich unter Bettdecken. Mal ist es nur eine ganz dünne, mal krieg ich den Kopf vor. Mal sind es ganz viele dicke Winterbettdecken aus Daunen, die mir auf die Brust drücken und mich kaum atmen lassen. Die Frauenärztin, z.B... die hat da eine ganz dicke Daunendecke draufgepackt. Vielleicht mach ichs mir damit jetzt auch zu leicht. Sie hat vielleicht nur Dinge ausgesprochen. Aber warum berühren die mich so sehr.
Dann kam eine kurze gute Zeit. Ich war bin über das letzte Oktoberwochenende nach Hause zu den Filmtagen. Und das war, als hätte jemand alle Bettdecken weggenommen und die Fenster weit aufgerissen. Es ging mir gut. Ich fühlte mich wohl. Ich hatte sogar ein Aktshooting bei dem Intimfriseur ohne jegliches Schamgefühl oder Retuschierbedürfnis. Es hat Spaß gemacht! Es war fantastisch. Ich habe tolle Filme gesehen, wenn auch sehr berührende, und ich konnte weinen und nachdenklich sein, ohne dass es mich in meinen Grundfesten erschüttert hätte. Ich konnte Leute treffen und mich unterhalten. Bis ein Gespräch mich sehr beeindruckte. Mit R., einem Freund meiner Eltern. Ich habe hier in der zweiten Hälfte des Beitrag davon erzählt. Aber das blieb erstmal noch eher im Unterbewusstsein hängen.
Wieder in Mannheim, kam meine Katze zu mir. Das war ein unglaubliches Gefühl. Dann wurde ich krank in der ersten Novemberwoche (während ich zeitgleich "1 Jahr Nichtraucher" hätte feiern können :-)) Das war einigermaßen erträglich bis zu dieser schrecklichen und markerschütternden Familienfeier. Danach wurde ich richtig krank. In der zweiten Woche brachen allerhand Gedanken auf mich ein. Es war wie ein Strudel, der mich immer tiefer hinab zog. Lande auch wieder bei Gedanken über LeSche. Das zieht sich auch in die dritte Woche Krankschreibung. Da ging es aber leise bergauf. Ich zweifelte doch ein bisschen, doch ich ging in der 4. Woche Krankschreibung in den Chor und zog mich irgendwie an den Haaren hoch. Die erste Dezemberwoche lies weitere Hoffnung aufkeimen und ich kam - wenn auch streckenweise holprig - einigermaßen bis Weihnachten.
Was ich (glaub ich nicht geschrieben habe): in den ganzen 4 Wochen meiner Krankschreibung war LeSchwe ein einziges mal zu Besuch - und sie wusste, wie dreckig es mir geht. Sie musste "viel arbeiten" und "war unter der Woche nicht hier sondern in Fr*iedberg" (aber für den Typen, der bumsen will, kam sie natürlich auch Dienstag oder Mittwoch Abend her), oder sie hatte Angst sich anzustecken (wenn Bums-Typen sich erkälten, bekommen sie an Tag 1 Hühnersuppe). Als ich sie am dringendsten gebraucht hätte, war sie einfach nicht da. Gar nicht. Einfach gar nicht. Auch nicht gefühlt. Ich habe mich noch nie so im Stich gelassen gefühlt.
Dieses Gefühl zog ich auch mit in den Dezember.
Was ich glaub ich auch nicht geschrieben hatte: ich kündigte den Kontakt zu F. auf, weil wir einfach auf keinen Nenner kamen.
Nach meiner Zeit im November als Eremit sehnte ich mich nach Kontakt mit Menschen - ich merkte aber auch, dass es mir nicht egal ist, mit wem ich in Kontakt stehe. Ich wollte nur noch enge Freunde, und lud an den Adventssonntagen ein: zum Plätzchenbacken, oder Kochen, oder für Heimwerkerarbeiten. Es war wirklich immer sehr schön. LeSchwe war zweimal da. Immer mit dem Zusatz: Ich kann aber nicht lang bleiben, ich muss noch was arbeiten (und ich könnte wetten, dass die Arbeit "Bumstyp" hieß). Fast noch schlimmer als dieses Gefühl ihr nicht wichtig zu sein (es kam mir vor wie: na ich geh hin, dann mach ich nen Haken dran und beruhige mein Gewissen, und gehe wieder) war das Gefühl angelogen zu werden.
Es gärte in mir.
Gleichzeitig wurde mir klar, dass F. zwar ein Drogenwrack ist, ich ihn aber liebe. Und das auch schon länger. Es war ein unglaublich schwerer Schritt mir selbst das einzugestehen. Denn mir war klar: das bedeutet, du musst es so weit wie möglich versuchen, und wahrscheinlich wird es für beide sehr schmerzhaft. Ich ging auf ihn zu vor Weihnachten, bevor ich in die Heimat gefahren bin. Brachte ihm selbstgebackene Lebkuchen und eine Karte, und war so unendlich froh als er mich in den Arm nahm. Wir schliefen eng umschlungen ein, ich kann mich nicht erinnern wann ich das letzte mal so ruhig war und mich so am richtigen Platz fühlte. Es war wie: "Oh Gott. Endlich zu Hause. Endlich. Lass mich nicht mehr los. Bitte. Bitte lass dieses Bett zu unserer Zeit-Raum-Universum-Liebes-Kapsel werden und uns für immer hier einschließen." Ich war absolut nüchtern. In der Tat. Es war ein so schönes Gefühl jemandem so nahe zu sein, der einen so gut kennt und trotzdem liebt, und den man so gut kennt und trotzdem liebt.
Über Weihnachten war ich beseelt. Beseelt von F. Voller Hoffnung. Und voller Illusion. Wir telefonierten oft. Es war so schön ihn zu hören. Ich wollte es so sehr glauben. Dass es doch geht. Dass er dann im Januar nach 4 Wochen nach Thailand fliegt und dort merkt, wie toll ein Leben ohne Dröhnung ist. Ich muss selbst lachen wenn ich es lese. Wie naiv. Wer wenn nicht ich hätte es besser wissen müssen. Wenn ich etwas kenne, nach all den Jahren, dann sind es Drogen, und Menschen mit Drogen.
Im Lauf des Januars wankte ich zwischen inneren Wärmeanfällen und totaler Verklärung für F. und absolutem Entsetzen für LeSchwe. Meine anhaltenden Zweifel fanden dann eines Freitag Abend ihr Ventil. Wir hatten etwas für das Wochenende ausgemacht und auch den Freitag Abend nicht ausgeschlossen für gemeinsamen Sport. Auf meine Nachrichten hin meldete sie sich nicht, ich rief mehrfach an, sie ging nicht ran.
Gegen 19 Uhr meldete sie sich, dass sie erst jetzt mit ihrem Chef fertig sei. Ich fragte, was sie nun machen würde. Es kam keine Antwort. Um kurz vor 23 Uhr schrieb sie, dass sie bei Johnny war und dann Schlittschuhlaufen mit ihm, und dass wir uns am nächsten Tag treffen und sie mir dann erklärt wer Johnny ist.
Mir war das dann zu doof. Letztendlich steht man als Freundin immer hintenan. Muss hören, dass Freitag blöd ist um sich zu treffen, weil sie da ja immer erst spät kommt, aber für Typen ist da immer Zeit. Gleiches unter der Woche. Wenn man selbst dann keine Zeit hat, ist das auch nicht schlimm. Also es ist immer ein bisschen opportunistisch. Wenn sie Zeit hat, weil die Typen keine Zeit haben, dann kann man da in den Zeitplan gequetscht werden. Wenn das nicht passt, passt jemand anderes. Hauptsache man ist nicht alleine. Ich kann es sehr schwer in Worte packen, welches Gefühl mir LeSchwe seit Jahren immer wieder aufs neue vermittelt. Aber da gab es Sylvester, die plötzlich gekippt wurden, Urlaube, die gekippt wurden, und Absprachen, die gekippt wurden, und sie selbst sieht sich immer nur als missverstandenes Opfer. Damit kann ich nicht umgehen. Auch nicht mit der Oberflächlichkeit ihrer anderen Freundschaften, bzw. das, was sie über andere Freunde redet. Ich möchte nicht, dass man so über mich bei anderen redet. Ich habe das mal in einem extra Beitrag versucht zu erörtern, das sprengt ja hier sonst alles bald den Rahmen.
Pause. Ich kann nicht mehr für heute.
TBC, Herr M.
Aber ich muss jetzt echt trotzdem mal sagen. Das mit F... Das macht mich richtig fertig.
Und: ich dachte, die Katze beruhigt mich. Aber sie ist wie ein Tränen-Turbo. Sie zu sehen, in ihr wunderschönes Gesicht mit den großen klaren Augen zu schauen, und mein Gesicht in ihrem Fell zu vergraben, es berührt mich ganz ganz tief, ganz tief bei mir, in meinem inneren Kind und in meinem inneren Greisen, es rührt mich zu ganz schmerzhaften Tränen.
Gerade eben, bevor ich anfing dies zu schreiben, wollte ich suchen, wann das eigentlich anfing, vor ein paar Monaten, als ich mir die Unterarme aufkratzte. Als ich so Glück hatte und sie zufällig nochmal den AB vom Institut abgerufen haben, und mich da ganz hemmungslos rumrotzen gehört und zurückgerufen haben. Als Sie dann so toll am Telefon waren und mir Ihre Mailadresse gegeben haben, damit ich Sie überhaupt noch erreichen kann, weil Sie ja nicht mehr in dem Institut arbeiten und noch nicht wissen, wie Sie dann weiter machen. Und ich dachte, allein die Adresse wird mich so beruhigen, dass ich sie nicht brauche. Ich wollte sie nie gebrauchen. Ich habe es echt versucht...
So ja, also... und ich nutzte jedenfalls gerade die Blogsuche. Was ich fand war ein Beitrag aus dem April 2011, in dem ich schrieb, dass ich in mein Essen heule, und dass ich mir am liebsten die Arme aufkratzen würde. Das hat mich entsetzt. Ich glaube, Sie verstehen das.
Eigentlich wollte ich darüber gar nicht schreiben, denn ich denke ja immer zwischendrin, es hat aufgehört, wird besser, ändert sich. Ich änder mich. Aber nun schreit es mich so an. Wann hört es auf? HÖRT es denn irgendwann auf?
Ich bin verzweifelt, ganz ehrlich. Seit Wochen, eigentlich Monaten (ha, anscheinend seit Jahren), bin ich in mir außer mir. Und ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll zu erzählen, weil ich nicht weiß, wo es anfängt. Ich weiß nur, dass es nicht aufhört. Dass ich aber so weiterlebe, dass keiner etwas merkt, außer die, denen ich eben etwas erzähle. Und der einzige der das alles eigentlich kennt ist mein Vater, und vielleicht nocht die D. weil sie zwischen Zeilen liest.
Es ist ganz komisch. Ich lebe einfach so weiter und empfinde das eigene Elend auf der einen Seite so unspektakulär, und wenn ich mir denke: 'och, eigentlich könnteste jetzt auch einfach ins Meer gehen und nicht mehr zurückkommen, das wär auch OK', dann ist das nicht entsetzlich oder schockierend, oder traurig, sondern... eben auch OK.
Das schlimme ist, dass eine andere Seite in mir das nicht unspektakulär findet, sondern sehr sehr spektakulär und beeindruckend. Oder eher niederdrückend. Also nicht das mit dem Meer, sondern das Elend. Diese Seite findet das unerträglich, und will dann ins Meer gehen. Ich hab ihr auch gesagt, dass das keine gute Idee ist. Das ist nass und kalt, und wenns blöd läuft haben wir dann ne Blasenentzündung. Die andere (Egal-)Seite fand meine Einwände auch OK. Diese gleichgültige Seite findet eigentlich alles OK. Sie ist so gleichgültig, dass sie halt auch einfach weiterlebt, egal wie und wo.
Da die beeindruckte Seite nicht wirklich lebensfähig ist - nachdem ich vor zwei Wochen 30 Minuten heulend auf dem Büroklo saß, weil es echt nicht anders ging, wurde mir klar, dass das eben nicht wirklich lebensfähig ist - gewinnt eben oft die Egal-Seite. Bzw. bringt die mich halt durch den Tag. Sie hält mich am Leben, wohl, denke ich. Bis irgend etwas mich so berührt, dass ich weine, und das ist dann ein sehr beeindruckendes Weinen.
Überhaupt habe ich noch nie so viel ohne Alkohol geweint. Ich erinner mich an eine Zeit, in der ich betete, dass ich doch bitte irgendwann ohne Alkhohol in der Lage sein würde zu weinen. In der sogar mein Vater mir und sich wünschte, es würde ohne Alk gehen. Siehe da, ich wurde erhört. Es ist ein ganz anderes Weinen. Und unkontrollierbar. Das mutmaßt nun sicher auch das Büro. Aber was wissen die schon.
Ich sehe Sie schon ganz ungeduldig auf dem Stuhl rumrutschen. Sie sind da ja eher der pragmatische Typ und wollen gleich wissen, was denn eigentlich passiert ist. Ich hoffe Sie haben viel viel Zeit. Ja, das da oben war nur die ungeplante Einleitung. Also das kam so:
Am 9. Oktober war dieser Scheiß mit dem Unterarm. Das war so die Initialzündung [AdR: gerade gesehen. Die Beiträge von September sehen auch schon scheisse aus. Was man nicht alles so vergisst.]. Seitdem ist es, als wäre ich unter Bettdecken. Mal ist es nur eine ganz dünne, mal krieg ich den Kopf vor. Mal sind es ganz viele dicke Winterbettdecken aus Daunen, die mir auf die Brust drücken und mich kaum atmen lassen. Die Frauenärztin, z.B... die hat da eine ganz dicke Daunendecke draufgepackt. Vielleicht mach ichs mir damit jetzt auch zu leicht. Sie hat vielleicht nur Dinge ausgesprochen. Aber warum berühren die mich so sehr.
Dann kam eine kurze gute Zeit. Ich war bin über das letzte Oktoberwochenende nach Hause zu den Filmtagen. Und das war, als hätte jemand alle Bettdecken weggenommen und die Fenster weit aufgerissen. Es ging mir gut. Ich fühlte mich wohl. Ich hatte sogar ein Aktshooting bei dem Intimfriseur ohne jegliches Schamgefühl oder Retuschierbedürfnis. Es hat Spaß gemacht! Es war fantastisch. Ich habe tolle Filme gesehen, wenn auch sehr berührende, und ich konnte weinen und nachdenklich sein, ohne dass es mich in meinen Grundfesten erschüttert hätte. Ich konnte Leute treffen und mich unterhalten. Bis ein Gespräch mich sehr beeindruckte. Mit R., einem Freund meiner Eltern. Ich habe hier in der zweiten Hälfte des Beitrag davon erzählt. Aber das blieb erstmal noch eher im Unterbewusstsein hängen.
Wieder in Mannheim, kam meine Katze zu mir. Das war ein unglaubliches Gefühl. Dann wurde ich krank in der ersten Novemberwoche (während ich zeitgleich "1 Jahr Nichtraucher" hätte feiern können :-)) Das war einigermaßen erträglich bis zu dieser schrecklichen und markerschütternden Familienfeier. Danach wurde ich richtig krank. In der zweiten Woche brachen allerhand Gedanken auf mich ein. Es war wie ein Strudel, der mich immer tiefer hinab zog. Lande auch wieder bei Gedanken über LeSche. Das zieht sich auch in die dritte Woche Krankschreibung. Da ging es aber leise bergauf. Ich zweifelte doch ein bisschen, doch ich ging in der 4. Woche Krankschreibung in den Chor und zog mich irgendwie an den Haaren hoch. Die erste Dezemberwoche lies weitere Hoffnung aufkeimen und ich kam - wenn auch streckenweise holprig - einigermaßen bis Weihnachten.
Was ich (glaub ich nicht geschrieben habe): in den ganzen 4 Wochen meiner Krankschreibung war LeSchwe ein einziges mal zu Besuch - und sie wusste, wie dreckig es mir geht. Sie musste "viel arbeiten" und "war unter der Woche nicht hier sondern in Fr*iedberg" (aber für den Typen, der bumsen will, kam sie natürlich auch Dienstag oder Mittwoch Abend her), oder sie hatte Angst sich anzustecken (wenn Bums-Typen sich erkälten, bekommen sie an Tag 1 Hühnersuppe). Als ich sie am dringendsten gebraucht hätte, war sie einfach nicht da. Gar nicht. Einfach gar nicht. Auch nicht gefühlt. Ich habe mich noch nie so im Stich gelassen gefühlt.
Dieses Gefühl zog ich auch mit in den Dezember.
Was ich glaub ich auch nicht geschrieben hatte: ich kündigte den Kontakt zu F. auf, weil wir einfach auf keinen Nenner kamen.
Nach meiner Zeit im November als Eremit sehnte ich mich nach Kontakt mit Menschen - ich merkte aber auch, dass es mir nicht egal ist, mit wem ich in Kontakt stehe. Ich wollte nur noch enge Freunde, und lud an den Adventssonntagen ein: zum Plätzchenbacken, oder Kochen, oder für Heimwerkerarbeiten. Es war wirklich immer sehr schön. LeSchwe war zweimal da. Immer mit dem Zusatz: Ich kann aber nicht lang bleiben, ich muss noch was arbeiten (und ich könnte wetten, dass die Arbeit "Bumstyp" hieß). Fast noch schlimmer als dieses Gefühl ihr nicht wichtig zu sein (es kam mir vor wie: na ich geh hin, dann mach ich nen Haken dran und beruhige mein Gewissen, und gehe wieder) war das Gefühl angelogen zu werden.
Es gärte in mir.
Gleichzeitig wurde mir klar, dass F. zwar ein Drogenwrack ist, ich ihn aber liebe. Und das auch schon länger. Es war ein unglaublich schwerer Schritt mir selbst das einzugestehen. Denn mir war klar: das bedeutet, du musst es so weit wie möglich versuchen, und wahrscheinlich wird es für beide sehr schmerzhaft. Ich ging auf ihn zu vor Weihnachten, bevor ich in die Heimat gefahren bin. Brachte ihm selbstgebackene Lebkuchen und eine Karte, und war so unendlich froh als er mich in den Arm nahm. Wir schliefen eng umschlungen ein, ich kann mich nicht erinnern wann ich das letzte mal so ruhig war und mich so am richtigen Platz fühlte. Es war wie: "Oh Gott. Endlich zu Hause. Endlich. Lass mich nicht mehr los. Bitte. Bitte lass dieses Bett zu unserer Zeit-Raum-Universum-Liebes-Kapsel werden und uns für immer hier einschließen." Ich war absolut nüchtern. In der Tat. Es war ein so schönes Gefühl jemandem so nahe zu sein, der einen so gut kennt und trotzdem liebt, und den man so gut kennt und trotzdem liebt.
Über Weihnachten war ich beseelt. Beseelt von F. Voller Hoffnung. Und voller Illusion. Wir telefonierten oft. Es war so schön ihn zu hören. Ich wollte es so sehr glauben. Dass es doch geht. Dass er dann im Januar nach 4 Wochen nach Thailand fliegt und dort merkt, wie toll ein Leben ohne Dröhnung ist. Ich muss selbst lachen wenn ich es lese. Wie naiv. Wer wenn nicht ich hätte es besser wissen müssen. Wenn ich etwas kenne, nach all den Jahren, dann sind es Drogen, und Menschen mit Drogen.
Im Lauf des Januars wankte ich zwischen inneren Wärmeanfällen und totaler Verklärung für F. und absolutem Entsetzen für LeSchwe. Meine anhaltenden Zweifel fanden dann eines Freitag Abend ihr Ventil. Wir hatten etwas für das Wochenende ausgemacht und auch den Freitag Abend nicht ausgeschlossen für gemeinsamen Sport. Auf meine Nachrichten hin meldete sie sich nicht, ich rief mehrfach an, sie ging nicht ran.
Gegen 19 Uhr meldete sie sich, dass sie erst jetzt mit ihrem Chef fertig sei. Ich fragte, was sie nun machen würde. Es kam keine Antwort. Um kurz vor 23 Uhr schrieb sie, dass sie bei Johnny war und dann Schlittschuhlaufen mit ihm, und dass wir uns am nächsten Tag treffen und sie mir dann erklärt wer Johnny ist.
Mir war das dann zu doof. Letztendlich steht man als Freundin immer hintenan. Muss hören, dass Freitag blöd ist um sich zu treffen, weil sie da ja immer erst spät kommt, aber für Typen ist da immer Zeit. Gleiches unter der Woche. Wenn man selbst dann keine Zeit hat, ist das auch nicht schlimm. Also es ist immer ein bisschen opportunistisch. Wenn sie Zeit hat, weil die Typen keine Zeit haben, dann kann man da in den Zeitplan gequetscht werden. Wenn das nicht passt, passt jemand anderes. Hauptsache man ist nicht alleine. Ich kann es sehr schwer in Worte packen, welches Gefühl mir LeSchwe seit Jahren immer wieder aufs neue vermittelt. Aber da gab es Sylvester, die plötzlich gekippt wurden, Urlaube, die gekippt wurden, und Absprachen, die gekippt wurden, und sie selbst sieht sich immer nur als missverstandenes Opfer. Damit kann ich nicht umgehen. Auch nicht mit der Oberflächlichkeit ihrer anderen Freundschaften, bzw. das, was sie über andere Freunde redet. Ich möchte nicht, dass man so über mich bei anderen redet. Ich habe das mal in einem extra Beitrag versucht zu erörtern, das sprengt ja hier sonst alles bald den Rahmen.
Pause. Ich kann nicht mehr für heute.
TBC, Herr M.
Aber ich muss jetzt echt trotzdem mal sagen. Das mit F... Das macht mich richtig fertig.
Und: ich dachte, die Katze beruhigt mich. Aber sie ist wie ein Tränen-Turbo. Sie zu sehen, in ihr wunderschönes Gesicht mit den großen klaren Augen zu schauen, und mein Gesicht in ihrem Fell zu vergraben, es berührt mich ganz ganz tief, ganz tief bei mir, in meinem inneren Kind und in meinem inneren Greisen, es rührt mich zu ganz schmerzhaften Tränen.
LeSchwe
okavanga, 22:23h
Meine Mutter warf mir immer vor, ich hätte überzogene Erwartungen an meine Mitmenschen. Vielleicht ist das der Grund, warum ich viele Dinge in zwischenmenschlichen Beziehungen aushalte. Weil ich mir denke: „Das liegt sicher nur an deiner Erwartungshaltung. Du willst zuviel, setzt falsche Maßstäbe an, bist ungerecht.“ Keine Erwartung, keine Enttäuschung. Etwas in mir hat allerdings beschlossen, dass es nun an der Zeit ist selbst festzulegen, was denn „überzogen“ bedeutet. Welches Risiko diese Entscheidung birgt, liegt auf der Hand: Enttäuschung, und wenns sehr blöd läuft auch Einsamkeit.
Ich bin aber der festen Überzeugung, dass die Enttäuschung bereits vorher da war, nur, dass ich sie ignoriert oder kleingeredet habe. Was zu weiteren Enttäuschungen geführt hat, vielleicht auch mir selbst gegenüber.
Aus meiner Sicht, als die, die ich bin, habe ich nicht viele Erwartungen an eine (tiefergehende) Freundschaft. Ich spreche hier nun nicht von der Bekannten, mit der man ab und zu ein Bier trinken oder tanzen geht. Sondern von den Freunden, mit denen du Geheimnisse teilst und schwere Stunden, die deine Schwachpunkte kennen, dein Seelenleid, und umgekehrt. Die, denen du dich öffnest, und die sich dir öffnen. Die, von denen du denkst, dass sie immer für dich da sind. Die, die dir auch sagen, dass sie immer für dich da sind, egal was ist. Und genau das erwarte ich dann auch. Denn ich will Verbindlichkeit und Ehrlichkeit, Offenheit, auch in Kritik. Loyalität. Freunde als Familie. Männer gehen, Freunde bleiben. Ich will vertrauen und mich verlassen können.
LeSchwe und ich hatten von Beginn an eine komplizierte Verbindung zueinander. Woran das schon am Anfang lag, vermag ich nicht zu konkretisieren. Erst die Zeit selbst zeigte, warum es zu Komplikationen kommen konnte. Die erste Enttäuschung, die so groß war, dass ich mich noch daran erinnere, war ein Sylvester. Vermutlich 2008/2009. Wir hatten angedacht, es gemeinsam zu verbringen. Als ich sie einige Wochen vor dem Jahreswechsel darauf ansprach, was wir denn nun machen wollten, meinte sie, dass sie jetzt was ganz anderes vor hat, nämlich mit einem Freund in Nürnberg zu feiern (eine Randnotiz, die vielleicht nicht unwichtig ist: dieser Freund meldet sich seit über einem Jahr nicht mehr bei ihr – und ich kenne nur ihre Seite der Geschichte, und da ist sie natürlich ganz ahnungslos). Das war für mich damals ein brutaler Schlag ins Gesicht. Ich war zu diesem Zeitpunkt ein knappes Jahr in Therapie und voller Angst vor diesem scheiß Sylvester. Ich hatte mich irgendwie aus dem kleiner-Professor-Schlamassel gezogen (aber lange nicht befreit), auch mit ihr an meiner Seite, und empfand es als heftige persönliche Zurückweisung. Auch, weil sie das überhaupt nicht dramatisch fand. Ich kam mir noch blöd vor, weil ich mich so aufregte.
In den folgenden Jahren sprach ich sie Jahr für Jahr immer wieder an, wie sie Sylvester verbringen würde (und zwar meistens echt nicht „erst“ vier Wochen vorher) – sie hatte immer schon Pläne. Das wurmte mich. Denn diese ganzen Menschen, mit denen sie Sylvester immer verbrachte, schienen mir immer nur Randfiguren zu sein, über die sie sich oft auch aufregte. Was spricht sie über mich, dachte ich manchmal. Dieses Jahr fragte ich dann ganz ohne Hintergedanken. Ich erwartete, dass sie bereits Pläne hat, und so war es auch. Erst danach plante sie anscheinend um – aber auch erst einmal mit (anderen) Freunden aus Nürnberg. Ich wurde dann dazu eingeladen , und sagte nach einer anfänglichen Zusagen aus dem puren Erstaunen heraus ab.
Mit Urlauben war es ähnlich. Wir hatten Ideen andiskutiert, und plötzlich steht sie da uns sagt: ne dieses Jahr fahre ich mit der S., die hat da irgendwie gefragt, und dann haben wir das spontan gemacht. Ja.
Dann war da das Thema mit J. Ich kannte ihn aus dem Studium, er zog ca. 1 Jahr bevor ich wegzog ebenfalls nach Mannheim und wir verbrachten viele lustige Abende in meiner Küche. Wenn J. und LeSchwe aufeinander trafen, verhielten sich beide recht merkwürdig. LeSchwe provozierte J., und er gab den coolen Typen. Ich frotzelte immer, sie sollten vielleicht mal vögeln. Das sagte ich natürlich nur so – und LeSchwe wusste das, denn ihr vertraute ich oft genug an, dass ich mich vielleicht in J. verliebe, obwohl ich das gar nicht möchte. Als ich wegzog, trafen sie sich zu zweit. Von wem die Initiative ausging, weiß ich nicht, das ist mir auch erst einmal egal. Dass sie sich trafen, auch. LeSchwes Erzählung: „… und dann starrte der mir immer auf die Titten, ich fragte mich, ob er mit meinem Ausschnitt spricht.“ Ich habe das nie bezweifelt und auch nie hinterfragt, und dachte mir: naja ok, der stand halt irgendwie auf sie.
J.‘s Erzählung, zwei Jahre später, ich weiß nicht, wie wir darauf kamen: „total schräg war das damals, hat sie dir das erzählt? Wir trafen uns zum essen und dann zeigte sie mir ihre Einkaufstüten, und sie hatte Dessous gekauft. Die packte sie dann aus und zeigte sie mir, und fragte, wie ich das finde. Da war auch so ein komischer neckischer Haarreif dabei. Ich fand das sehr merkwürdig.“
Dass sie das tat, bezweifel ich nicht. Und das ist der erste Punkt, der mich in diesem Kontext ins Grübel gebracht hat – dass ich ihm glaube, und nicht ihr. Der nächste Punkt war: warum hat sie das getan? Und dann: warum hat sie mir das nicht erzählt? Vielleicht war es ihr nicht wichtig, oder sie fand es irrelevant. Das glaube ich aber nicht. Denn mir fiel ein weiterer Vorfall ein. Immer wenn ich mit einem meiner Dates bei ihr war, auch mit dem kP, fing sie an, exzessiv von Sex und ihren Vorlieben zu reden, getreu dem Motto: ich bin so offen und experimentierfreudig. Ich fand das stets unangebracht und fühlte mich unwohl. Es war, als würde sie die Typen anheizen wollen. Das kann sie ja gern machen – aber mit meinen Dates? Und: warum?
Aber ich vergaß das alles wieder, ich wollte es vergesse, denn was soll das denn, und das hat sie sicher alles ganz unbewusst gemacht, und sie würde doch nie nen Typen anflirten von dem sie weiß dass ich auf ihn stehe – und doch erst recht nicht hinter meinem Rücken … oder?
Leise Zweifel pflanzten sich über die Jahre von Situation zu Situation immer weiter fort. Ich lernte viel. Darüber, dass LeSchwe Freunde hat, mit denen ich nicht würde befreundet sein wollen, weil sie Meinungen vertreten, bei denen ich intolerant werde („Ich gehe nicht in diese Moschee“ [am Tag der offnen Tür]. „Warum denn nicht?“ „Das kann ich schlecht erklären.“ „Aha. Ja. Versuchs doch mal?“ „Ich gehe aus Prinzip nicht in eine Moschee.“ Aha. Oder der Polizist: „die Ausländer sind alle so kriminell und aggressiv.“ „Ja genügend Arschlöcher gibt’s bei den Deutschen auch.“ „Ja ne aber ich seh das ja im Dienst, die Ausländer sind viel schlimmer.“ Das sind nur kleine Beispiele. Es gab mehrere davon, und mir fallen nicht alle ein, nur, dass ich sehr ungern die Zeit mit diesen Menschen teilte, und oft den Kopf geschüttelt und Diskussionen versucht (und aufgegeben) habe. Und ich fragte mich: was erzählt es mir über LeSchwe?
Ich lernte, dass LeSchwe sich viel mit ihren engen Freunden streitet. Der eine hat inzwischen wie erwähnt den Kontakt abgebrochen, wieso, das weiß ich nicht, und sie angeblich bis heute auch nicht. Der andere ist auch so eine on/off Sache. Er hat ähnliche Vorwürfe an sie wie ich, allerdings bin ich mir bei ihm nicht sicher, ob er sich nicht mehr erhofft.
Und ich lernte, dass Typen immer Prio 1 haben. Für die ist sie immer da, egal was ist. Egal, in welchem Verhältnis sie zu ihnen steht. Und egal in welchem Verhältnis sie zu ihr stehen. Da kommen Aussagen wie „Von dem Typen kommt zwar nicht viel, also auch charakterlich, aber er sieht so gut aus“, und dann dated sie ihn halt weiter. Beschwert sich dann aber darüber wie anstrengend der sei und tut erleichtert, wenn der Typ im Urlaub ist. Ja wenn das doch alles so ein Elend ist – warum betreibt sie es dann? Ratlosigkeit trieft aus meinen Poren.
All das hab ich vor meinem imaginären Brief an Herrn M. geschrieben, den ich dann noch online stelle. Irgendwann mal, zwischendrin, ich habe es nie zu Ende gebracht, diesen Text hier. Für mehr Details fehlen mir auch bald schon die Nerven. Es gab nur oft auch mir gegenüber oberflächliche Aussagen. „Hast du denn keinen anderen Pulli? Immer wenn wir uns in letzter Zeit gesehen haben, hast du diesen Pulli an“ (ja sorry, dann trag ich den halt dreimal in zwei Monaten). Mir würde so etwas nicht einmal auffallen – es ist mir nämlich egal.
In Schweden meinte sie mal, bevor wir ausgegangen sind: „mit dem Oberteil willst du los?“ (Es war ein honigfarbenes weites Oberteil, in dem ich mich sehr wie ich fühlte und auch sehr wohl) „Oka ist ja kein Wunder dass du keinen Typen hast.“ Damals hat mich das beeindruckt, und ich habe ein von ihr empfohlenes Oberteil angezogen. Heute würde ich sagen: ich will eh keinen, der mich darin nicht mag.
Über die Advents-Session erzählte ich im Brief von Herrn M. Und überhaupt fühlte sich alles einfach unrund an. Und es hat mir immer wieder weh getan.
Sommer 2012, z.B., ich weinte sehr wegen einem Mann und rief bei ihr an. Sie kochte gerade mit einem Kumpel und sagte das auch, und meinte fröhlich, sie meldet sich später. Ich bin leider von dem Schlag, dass ich alles stehen und liegen lasse, wenn mich eine so gute Freundin anruft und weint. Oder ich sage: komm bitte sofort vorbei und iss mit. Aber ich vertröste sie nicht auf später. Außer ich kann selbst gerade nicht, weil ich kurz vor der Einweisung stehe. Was ja aber nicht der Fall war bei ihr. Sie hatte einen tollen Sommerabend.
Es war fortwährende Enttäuschung. Und es kann sein, dass das an meinen Erwartungen liegt.
Aber ich sage jetzt mal was. Mir und Ihnen und jedem der es wissen will oder auch nicht: ich will meine Erwartungen nicht anpassen. Und das bedeutet leider, dass man Menschen gehen lassen muss, auch wenn es weh tut. Und es tut mir weh. Sehr. Weil LeSchwe mir wichtig war, und ich immer hoffte, ich bin ihr auch wichtig. Sie hat das zwar immer gesagt. Aber gespürt habe ich das vor allem in den letzten 3 Jahren nicht.
Es ist wie mit Partnerschaften. Wie viele Entschuldigungen und Enttäuschungen hält man aus? Wie viel kann man verzeihen? Und wann merkt man, dass gefühlt nichts vom anderen zurückkommt, und dass man sich an das bisschen dann dermaßen klammert, dass es schon beängstigend ist. Es tut mir mehr weh ständig auf diese echten Zeichen der Zuneigung und auf gemeinsame Zeit zu warten als das jetzt einfach zu beenden.
Heute kann ich sagen, dass sie sich seit dem Streit Mitte Januar, von dem ich in dem Brief an Herrn M. dann gleich berichte, nicht mehr gemeldet hat. Wenn sie merkt, dass männliche Freunde sich zurückziehen, flippt sie geradezu aus und setzt alle Hebel in Bewegung um Dinge zu klären.
In dem Kontext fällt mir z.B. an, wie der eine Kumpel so dermaßen angefleht wurde, und das, obwohl er sagte, er braucht eine Kontaktpause, weil er ihr nicht mehr nahe sein kann (ich vermute, weil er irgendwie auch verliebt war, bzw. hat er das so auch angedeutet). Und alles was für sie zählte war: Warum lässt der mich jetzt im Stich? Dieser Idiot, was ist mit mir? Wie kann er mir das antun? Wars das jetzt?
Und ich dachte mir damals (das ist nicht lang her - 2 Monate?) nur: Alter, die spinnt. Ich versuchte ihr klar zu machen, dass das für den sicher total schlimm ist sie nicht ganz haben zu können und doch befreundet mit ihr sein zu müssen. Da muss sie sich doch zumindest ein BISSCHEN in seine Lage versetzen können. Fehlanzeige. Auch bei Diskussionen mit ihrer Mutter. Fehlanzeige. Sie ist immer das arme Opfer von diesen verständnislosen anderen Menschen.
Das zieht sich immer so ein bisschen durch mein Leben. Ich glaub ich zieh sowas an. F. ist auch so gestrickt, und meine Mutter auch. Und ICH war es früher auch - aber ich glaube da habe ich mich ausnahmsweise wirklich weiterbewegt - ich suche Fehler jetzt (leider) viel zu oft bei mir.
Bezeichnend ist auch ihre Aussage von vor einiger Zeit: "Seit ich dich kennengelernt habe, habe ich angefangen zu reflektieren". Naja klar, ja, ich hinterfrage halt Dinge, und frage Menschen Dinge, und dann denken die halt nach, wenn sie weiter mit mir reden wollen. Aber es erschreckt mich, dass sie so spät damit angefangen hat - und erzählt mir eben auch über die anderen Freundschaften.
To cut a long story short: Es ist vorbei, und wird auch vorbei bleiben. Sie hat sich nicht mehr gemeldet, was mich leider sehr bestätigt in meiner Sicht der Dinge. Ich lasse los, auch wenn es weh tut. Aber .. es fühlt sich richtig an.
Ich bin aber der festen Überzeugung, dass die Enttäuschung bereits vorher da war, nur, dass ich sie ignoriert oder kleingeredet habe. Was zu weiteren Enttäuschungen geführt hat, vielleicht auch mir selbst gegenüber.
Aus meiner Sicht, als die, die ich bin, habe ich nicht viele Erwartungen an eine (tiefergehende) Freundschaft. Ich spreche hier nun nicht von der Bekannten, mit der man ab und zu ein Bier trinken oder tanzen geht. Sondern von den Freunden, mit denen du Geheimnisse teilst und schwere Stunden, die deine Schwachpunkte kennen, dein Seelenleid, und umgekehrt. Die, denen du dich öffnest, und die sich dir öffnen. Die, von denen du denkst, dass sie immer für dich da sind. Die, die dir auch sagen, dass sie immer für dich da sind, egal was ist. Und genau das erwarte ich dann auch. Denn ich will Verbindlichkeit und Ehrlichkeit, Offenheit, auch in Kritik. Loyalität. Freunde als Familie. Männer gehen, Freunde bleiben. Ich will vertrauen und mich verlassen können.
LeSchwe und ich hatten von Beginn an eine komplizierte Verbindung zueinander. Woran das schon am Anfang lag, vermag ich nicht zu konkretisieren. Erst die Zeit selbst zeigte, warum es zu Komplikationen kommen konnte. Die erste Enttäuschung, die so groß war, dass ich mich noch daran erinnere, war ein Sylvester. Vermutlich 2008/2009. Wir hatten angedacht, es gemeinsam zu verbringen. Als ich sie einige Wochen vor dem Jahreswechsel darauf ansprach, was wir denn nun machen wollten, meinte sie, dass sie jetzt was ganz anderes vor hat, nämlich mit einem Freund in Nürnberg zu feiern (eine Randnotiz, die vielleicht nicht unwichtig ist: dieser Freund meldet sich seit über einem Jahr nicht mehr bei ihr – und ich kenne nur ihre Seite der Geschichte, und da ist sie natürlich ganz ahnungslos). Das war für mich damals ein brutaler Schlag ins Gesicht. Ich war zu diesem Zeitpunkt ein knappes Jahr in Therapie und voller Angst vor diesem scheiß Sylvester. Ich hatte mich irgendwie aus dem kleiner-Professor-Schlamassel gezogen (aber lange nicht befreit), auch mit ihr an meiner Seite, und empfand es als heftige persönliche Zurückweisung. Auch, weil sie das überhaupt nicht dramatisch fand. Ich kam mir noch blöd vor, weil ich mich so aufregte.
In den folgenden Jahren sprach ich sie Jahr für Jahr immer wieder an, wie sie Sylvester verbringen würde (und zwar meistens echt nicht „erst“ vier Wochen vorher) – sie hatte immer schon Pläne. Das wurmte mich. Denn diese ganzen Menschen, mit denen sie Sylvester immer verbrachte, schienen mir immer nur Randfiguren zu sein, über die sie sich oft auch aufregte. Was spricht sie über mich, dachte ich manchmal. Dieses Jahr fragte ich dann ganz ohne Hintergedanken. Ich erwartete, dass sie bereits Pläne hat, und so war es auch. Erst danach plante sie anscheinend um – aber auch erst einmal mit (anderen) Freunden aus Nürnberg. Ich wurde dann dazu eingeladen , und sagte nach einer anfänglichen Zusagen aus dem puren Erstaunen heraus ab.
Mit Urlauben war es ähnlich. Wir hatten Ideen andiskutiert, und plötzlich steht sie da uns sagt: ne dieses Jahr fahre ich mit der S., die hat da irgendwie gefragt, und dann haben wir das spontan gemacht. Ja.
Dann war da das Thema mit J. Ich kannte ihn aus dem Studium, er zog ca. 1 Jahr bevor ich wegzog ebenfalls nach Mannheim und wir verbrachten viele lustige Abende in meiner Küche. Wenn J. und LeSchwe aufeinander trafen, verhielten sich beide recht merkwürdig. LeSchwe provozierte J., und er gab den coolen Typen. Ich frotzelte immer, sie sollten vielleicht mal vögeln. Das sagte ich natürlich nur so – und LeSchwe wusste das, denn ihr vertraute ich oft genug an, dass ich mich vielleicht in J. verliebe, obwohl ich das gar nicht möchte. Als ich wegzog, trafen sie sich zu zweit. Von wem die Initiative ausging, weiß ich nicht, das ist mir auch erst einmal egal. Dass sie sich trafen, auch. LeSchwes Erzählung: „… und dann starrte der mir immer auf die Titten, ich fragte mich, ob er mit meinem Ausschnitt spricht.“ Ich habe das nie bezweifelt und auch nie hinterfragt, und dachte mir: naja ok, der stand halt irgendwie auf sie.
J.‘s Erzählung, zwei Jahre später, ich weiß nicht, wie wir darauf kamen: „total schräg war das damals, hat sie dir das erzählt? Wir trafen uns zum essen und dann zeigte sie mir ihre Einkaufstüten, und sie hatte Dessous gekauft. Die packte sie dann aus und zeigte sie mir, und fragte, wie ich das finde. Da war auch so ein komischer neckischer Haarreif dabei. Ich fand das sehr merkwürdig.“
Dass sie das tat, bezweifel ich nicht. Und das ist der erste Punkt, der mich in diesem Kontext ins Grübel gebracht hat – dass ich ihm glaube, und nicht ihr. Der nächste Punkt war: warum hat sie das getan? Und dann: warum hat sie mir das nicht erzählt? Vielleicht war es ihr nicht wichtig, oder sie fand es irrelevant. Das glaube ich aber nicht. Denn mir fiel ein weiterer Vorfall ein. Immer wenn ich mit einem meiner Dates bei ihr war, auch mit dem kP, fing sie an, exzessiv von Sex und ihren Vorlieben zu reden, getreu dem Motto: ich bin so offen und experimentierfreudig. Ich fand das stets unangebracht und fühlte mich unwohl. Es war, als würde sie die Typen anheizen wollen. Das kann sie ja gern machen – aber mit meinen Dates? Und: warum?
Aber ich vergaß das alles wieder, ich wollte es vergesse, denn was soll das denn, und das hat sie sicher alles ganz unbewusst gemacht, und sie würde doch nie nen Typen anflirten von dem sie weiß dass ich auf ihn stehe – und doch erst recht nicht hinter meinem Rücken … oder?
Leise Zweifel pflanzten sich über die Jahre von Situation zu Situation immer weiter fort. Ich lernte viel. Darüber, dass LeSchwe Freunde hat, mit denen ich nicht würde befreundet sein wollen, weil sie Meinungen vertreten, bei denen ich intolerant werde („Ich gehe nicht in diese Moschee“ [am Tag der offnen Tür]. „Warum denn nicht?“ „Das kann ich schlecht erklären.“ „Aha. Ja. Versuchs doch mal?“ „Ich gehe aus Prinzip nicht in eine Moschee.“ Aha. Oder der Polizist: „die Ausländer sind alle so kriminell und aggressiv.“ „Ja genügend Arschlöcher gibt’s bei den Deutschen auch.“ „Ja ne aber ich seh das ja im Dienst, die Ausländer sind viel schlimmer.“ Das sind nur kleine Beispiele. Es gab mehrere davon, und mir fallen nicht alle ein, nur, dass ich sehr ungern die Zeit mit diesen Menschen teilte, und oft den Kopf geschüttelt und Diskussionen versucht (und aufgegeben) habe. Und ich fragte mich: was erzählt es mir über LeSchwe?
Ich lernte, dass LeSchwe sich viel mit ihren engen Freunden streitet. Der eine hat inzwischen wie erwähnt den Kontakt abgebrochen, wieso, das weiß ich nicht, und sie angeblich bis heute auch nicht. Der andere ist auch so eine on/off Sache. Er hat ähnliche Vorwürfe an sie wie ich, allerdings bin ich mir bei ihm nicht sicher, ob er sich nicht mehr erhofft.
Und ich lernte, dass Typen immer Prio 1 haben. Für die ist sie immer da, egal was ist. Egal, in welchem Verhältnis sie zu ihnen steht. Und egal in welchem Verhältnis sie zu ihr stehen. Da kommen Aussagen wie „Von dem Typen kommt zwar nicht viel, also auch charakterlich, aber er sieht so gut aus“, und dann dated sie ihn halt weiter. Beschwert sich dann aber darüber wie anstrengend der sei und tut erleichtert, wenn der Typ im Urlaub ist. Ja wenn das doch alles so ein Elend ist – warum betreibt sie es dann? Ratlosigkeit trieft aus meinen Poren.
All das hab ich vor meinem imaginären Brief an Herrn M. geschrieben, den ich dann noch online stelle. Irgendwann mal, zwischendrin, ich habe es nie zu Ende gebracht, diesen Text hier. Für mehr Details fehlen mir auch bald schon die Nerven. Es gab nur oft auch mir gegenüber oberflächliche Aussagen. „Hast du denn keinen anderen Pulli? Immer wenn wir uns in letzter Zeit gesehen haben, hast du diesen Pulli an“ (ja sorry, dann trag ich den halt dreimal in zwei Monaten). Mir würde so etwas nicht einmal auffallen – es ist mir nämlich egal.
In Schweden meinte sie mal, bevor wir ausgegangen sind: „mit dem Oberteil willst du los?“ (Es war ein honigfarbenes weites Oberteil, in dem ich mich sehr wie ich fühlte und auch sehr wohl) „Oka ist ja kein Wunder dass du keinen Typen hast.“ Damals hat mich das beeindruckt, und ich habe ein von ihr empfohlenes Oberteil angezogen. Heute würde ich sagen: ich will eh keinen, der mich darin nicht mag.
Über die Advents-Session erzählte ich im Brief von Herrn M. Und überhaupt fühlte sich alles einfach unrund an. Und es hat mir immer wieder weh getan.
Sommer 2012, z.B., ich weinte sehr wegen einem Mann und rief bei ihr an. Sie kochte gerade mit einem Kumpel und sagte das auch, und meinte fröhlich, sie meldet sich später. Ich bin leider von dem Schlag, dass ich alles stehen und liegen lasse, wenn mich eine so gute Freundin anruft und weint. Oder ich sage: komm bitte sofort vorbei und iss mit. Aber ich vertröste sie nicht auf später. Außer ich kann selbst gerade nicht, weil ich kurz vor der Einweisung stehe. Was ja aber nicht der Fall war bei ihr. Sie hatte einen tollen Sommerabend.
Es war fortwährende Enttäuschung. Und es kann sein, dass das an meinen Erwartungen liegt.
Aber ich sage jetzt mal was. Mir und Ihnen und jedem der es wissen will oder auch nicht: ich will meine Erwartungen nicht anpassen. Und das bedeutet leider, dass man Menschen gehen lassen muss, auch wenn es weh tut. Und es tut mir weh. Sehr. Weil LeSchwe mir wichtig war, und ich immer hoffte, ich bin ihr auch wichtig. Sie hat das zwar immer gesagt. Aber gespürt habe ich das vor allem in den letzten 3 Jahren nicht.
Es ist wie mit Partnerschaften. Wie viele Entschuldigungen und Enttäuschungen hält man aus? Wie viel kann man verzeihen? Und wann merkt man, dass gefühlt nichts vom anderen zurückkommt, und dass man sich an das bisschen dann dermaßen klammert, dass es schon beängstigend ist. Es tut mir mehr weh ständig auf diese echten Zeichen der Zuneigung und auf gemeinsame Zeit zu warten als das jetzt einfach zu beenden.
Heute kann ich sagen, dass sie sich seit dem Streit Mitte Januar, von dem ich in dem Brief an Herrn M. dann gleich berichte, nicht mehr gemeldet hat. Wenn sie merkt, dass männliche Freunde sich zurückziehen, flippt sie geradezu aus und setzt alle Hebel in Bewegung um Dinge zu klären.
In dem Kontext fällt mir z.B. an, wie der eine Kumpel so dermaßen angefleht wurde, und das, obwohl er sagte, er braucht eine Kontaktpause, weil er ihr nicht mehr nahe sein kann (ich vermute, weil er irgendwie auch verliebt war, bzw. hat er das so auch angedeutet). Und alles was für sie zählte war: Warum lässt der mich jetzt im Stich? Dieser Idiot, was ist mit mir? Wie kann er mir das antun? Wars das jetzt?
Und ich dachte mir damals (das ist nicht lang her - 2 Monate?) nur: Alter, die spinnt. Ich versuchte ihr klar zu machen, dass das für den sicher total schlimm ist sie nicht ganz haben zu können und doch befreundet mit ihr sein zu müssen. Da muss sie sich doch zumindest ein BISSCHEN in seine Lage versetzen können. Fehlanzeige. Auch bei Diskussionen mit ihrer Mutter. Fehlanzeige. Sie ist immer das arme Opfer von diesen verständnislosen anderen Menschen.
Das zieht sich immer so ein bisschen durch mein Leben. Ich glaub ich zieh sowas an. F. ist auch so gestrickt, und meine Mutter auch. Und ICH war es früher auch - aber ich glaube da habe ich mich ausnahmsweise wirklich weiterbewegt - ich suche Fehler jetzt (leider) viel zu oft bei mir.
Bezeichnend ist auch ihre Aussage von vor einiger Zeit: "Seit ich dich kennengelernt habe, habe ich angefangen zu reflektieren". Naja klar, ja, ich hinterfrage halt Dinge, und frage Menschen Dinge, und dann denken die halt nach, wenn sie weiter mit mir reden wollen. Aber es erschreckt mich, dass sie so spät damit angefangen hat - und erzählt mir eben auch über die anderen Freundschaften.
To cut a long story short: Es ist vorbei, und wird auch vorbei bleiben. Sie hat sich nicht mehr gemeldet, was mich leider sehr bestätigt in meiner Sicht der Dinge. Ich lasse los, auch wenn es weh tut. Aber .. es fühlt sich richtig an.
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