Freitag, 23. Januar 2015
Baden-Württembergische Abendgestaltung
Mein heutiger Abend, in einem Brief an N., die ich mit einem Kosenamen anspreche, der mit B. beginnt. Neee, nich Baby! ;-)

Hallo B,

da mir gerade langweilig ist und ich OOOORDentlich einen im Tee habe, erzähle ich dir von meinem Abend. Einfach nur so, weil mir danach ist. Du musst nix antworten, und es erstrecht nicht ernst nehmen. :-)

Also das war so. Zuerst habe ich <meinen Vater> vollgeheult wegen meinen "der Mann"-Dämonen, die mir weißmachen dass es eine Totalkatastrophe ist, dass er nach München geht [AdR: von einer anderen bayerischen Stadt]. Und dass Veränderung im Allgemeinen scheiße ist. Außer ich verändere. Also wenn ich das kontrollieren kann. Und dass das aber ziemlich kacke von mir als Freundin ist, weil ich ihn da nicht einfach unterstützen oder mich für ihn freuen kann. Also noch ein Grund mehr mich schlecht und hässlich und dumm und minderwertig zu fühlen. Bin ich ja eh neben ihm, der 3 Jahre jünger ist und nur halb soviel Berufserfahrung hat, aber sicher 1000 Euro netto mehr verdient. Außerdem bin ich jetzt bald quasi unfruchtbar. Und furchtbar. Aber das ist eigentlich alles nebensächlich. Denn.

Denn dann machte ich mich bereit für eine Rotweinwanderung in der Pfalz mit LeSchwe und zwei ihrer Kackbratzenfreunde, die da heißen Scheich (der, der aus Prinzip nie eine Moschee betreten würde (witzig, dass der Scheich heisst) und heimlich – sicher heimlich, denn für öffentlich fehlen ihm die Eier – Pegida zujubelt, während er die Bildzeitung liest) und Steffi (sehr schlecht blondiert – ne nich ich – und brunsdumm, und dermaßen komplexbeladen, dass sie andere Leute herabsetzen muss um sich selbst in ihrer mickrigen Existenz besser zu fühlen. Ne echt nich ich. ;-))

Du ahnst das Problem. Eigentlich hatte ich keine Lust auf schlechte Gesellschaft. Dazu kommt, dass ich kurz davor ein Telefonat mit G. hatte, von der ich manchmal glaube, sie ist ein jüngeres Klon von mir was Problematik und Psyche angeht. Für sie wollte ich viel lieber da sein, wir telefonieren nicht so oft, und die hat schlimm geweint. Da stand ich aber schon vor LeSchwes Haus. Ich klingelte mehrfach, und weder antwortete jemand über die Sprechanlage, noch erklang der Buzzer für den Türöffner. Ich wurde sauer. Weil ich ja eh irgendwie auch schon grundsauer war, also eigentlich noch saurer. Irgendwann kamen die Leute nach unten: LeSchwe, Steffi, Scheich, und der Freund von Steffi, den ich noch nie gesehen habe. Ich sagte: Na hätte ja auch mal einer was sagen oder gar aufmachen können. Sagte die Steffi nach einigen Sekunden: „ich hoffe, es ist keiner schlecht gelaunt, wegen der Arbeit, weil heute ist Freitag, und so.“ Ich dachte mir: „Hä? Dummer Satz. Äh, ja, doch, ich bin schlecht gelaunt.“ LeSchwe sprach: „Naja, war schon besser.“ Ich sprach: „Ja, war schon besser“.

Wir fuhren los. Wohin, das wusste ich nicht, ich fragte. Es saßen da vier Leute hinter bzw. neben mir, die alle was zu sagen hatten. Einer meinte dann „links“, das kam mir spanisch vor, denn dahin fährt man nicht, wenn man von LeSchwe aus in die Pfalz will. Aber ich fragte: wirklich? Und keiner antwortete, aber gefühlt redeten alle irgendwas durcheinander, und dann kam es mir so vor als würden sie sich lustig machen, weil alle links sagten, ich aber rechts abgebogen bin. „ne ne, das andere links“. Haha. Ich fuhr also weiter, und die redeten durcheinander.

Nach 300 Metern bremste ich sehr sehr scharf und sagte: „Also so nicht. Es redet nur einer. Ich kann sonst nicht hören wo ich hinfahren will. Sonst geht das nicht.“ Irritiertes Schweigen. Scheich: „Ich schnall mich jetzt glaub ich erst mal an..“
Dann Steffi: „Also hast du was gesagt?“ Anscheinend zu ihrem rechten Sitznachbar, LeSchwe. LeSchwe: „Ne.“ Zu Scheich: „Hast du gerade was gesagt?“ Scheich: „Ne, ich auch nich.“ Nach dem Motto: die Alte hat doch Hallus, es hat doch keiner was gesagt. Dann belustigtes Lachen von Steffi-Blondi.

Ich: Vollbremsung. „So, es reicht. Alle aussteigen.“ Bin ausgestiegen, den Sitz nach vorne geklappt. Hinter mir hupt ein Auto, weil ich mitten auf der Straße stehe. Ich: „ja dann überhol doch“, mit großer Geste. Auto überholt. Im Auto nur entsetztes Schweigen, sie scheinen aber zu begreifen, dass ich es ernst meine. Ich: „Los, raus. Darauf hab ich heut echt keinen Bock. Verarschen kann ich mich selber.“
Alle steigen aus. Es ist still. Ich steige ein. Und fahre davon. Und freue mich.

Ja, ich freue mich, bis jetzt. Das Ganze ist über drei Stunden her, und ich empfinde keine Reue, sondern nur reine Freude. Weil: ich hatte wirklich keine Lust solche Kackbratzen übers Land zu kutschieren, die sich über mich lustig machen. Ja, die Art und Weise hätte diplomatischer und höflicher sein können, war sie aber nicht. Immerhin war ich sehr ruhig. Ruhig, aber SEHR SEHR bestimmt. Freude, weil: sowas kann die doofe Kuh mit ihren Kollegen machen, die ist gewohnt dass Leute sich untergeben und sie sich lustig machen kann. Heute bei mir leider ganz falscher Fuß.

Freude, weil: ich jetzt zwei Stunden mit G. telefoniert habe, und wir zwar viel geweint, aber auch sehr viel gelacht haben, und es ein tolles Gefühl war Zeit mit jemandem zu verbringen, der mir wirklich wichtig ist, und wenn es nur am Telefon war, weil der Mensch inzwischen in N. in Bayern wohnt.

Für mich selbst nehme ich mit: das nächste mal gleich meine Gefühle und Bedürfnisse ernst nehmen, und nicht mit Kackbratzen Zeit verbringen. Ich wollte es vor allem wegen LeSchwe, wir sehen uns sehr selten zur Zeit, da sie unter der Woche in Friedberg (noch hinter FFM) ist, und ich jedes zweite WE den Mann sehe. Aber es hat nicht gereicht. Ihr habe ich vorhin eine ganz nette SMS geschrieben, ich weiß nicht ob sie es versteht, aber ich fühle mich tatsächlich nicht schlecht. Sollte ich das nächste mal wieder mich selbst überlisten wollen, um entweder nicht asozial zu werden (ich dachte, es tut mir gut wenn ich mal mit anderen Leuten raus komme) oder dem Mann etwas zu erzählen zu haben („Oka, du MUSST ein spannendes Leben haben. Du MUSST dem Mann etwas erzählen können nach dem WE, du kannst nicht nur sagen: „du, die depressive G. und mein depressives Ich haben uns am Telefon betrunken und unser Leid geklagt, uns dabei aber auch echt bepisst vor Lachen! Es war großartig!“), dann appelliere ich an dieser Stelle an mein Erwachsenen-Ich, das nächste mal ein bisschen souveräner und schneller durchzugreifen und sich mit einem: “Sorry Leute, ich merk gerade, mir geht’s nicht gut, ich glaub, ihr fahrt lieber mit LeSchwe“ zu verabschieden.

[... Text der jetzt echt nicht hier her gehört, weil er sie, ihr Kind und ihren Mann betrifft ...]

Viele Küsse, ich freue mich wenn wir uns hören.
Deine Oka