Dienstag, 6. Dezember 2011
Ich selbst.
Ich selbst begreife mit dem Kopf, die ganze Zeit.
Aber mit dem Herzen kommt das Begreifen immer nur mit dem Alkoholkonsum, als könnte ich es nüchtern nicht aushalten.

Wir haben da nun diesen Plan, für Freitag, und Papa ist im Boot. Also habe ich ihm 4 Mails weitergeleitet, mit einem "Anschreiben" von mir, die er morgen ausdrucken und dem Hausarzt geben wird.

Und ich schreibe also dieses Anschreiben über die erste Mail, klicke auf senden, trinke einen Schluck, suche die nächsten Mails aus einer Masse an Mails, klicke auf senden, trinke noch einen Schluck, und schreibe über die letzte der Mails, ob ihm bekannt sei, dass sie bereits Kontakt zu Di*gni*tas aufgenommen hat. Dann sind alle Mails weg.

Und ich bin so blöd, und lese die nochmal, nicht nur mein Anschreiben, sondern auch die Mails von ihr. Und dann stürzt eine Tsunami-Welle über mein Gehirn. So ist es jedes mal. Dieses urplötzliche Begreifen im Tiefen. Das ist jedes mal eine Tsunami-Welle. Etwas, von dem man weiß, dass es da ist, und dass es auf einen zurollt. Es lauert vor der Küste und darf nur an Land, wenn der Pegel entsprechend ist. Und dann rollt es.

Oft geht dem ein lautes Selbstgespräch mit mir voran, das habe ich schon öfters beobachtet: "das macht doch alles keinen Sinn". Und damit meine ich nicht das Leben. Sondern alles. Und habe das Gefühl kurz davor zu sein den Verstand zu verlieren. Ich weiß nicht wie ich es erklären soll.

Ich lese mir diese Mails durch und habe plötzlich das Gefühl in einem schlechten Horrorfilm zu sein. Denke mir, wenn ich das von jemand anderem lesen würde, vielleicht von King, oder Elizabeth Ge*orge, oder von dem Freund eines Freundes, würde ich ihn abschreiben für den Rest seines Lebens. Fände es bestürzend, bemitleidenswert, und überhaupt völlig nicht erstrebenswert. Und dann denke ich mir, scheiße, dass ist meine Mutter. Meine Mutter, die sich als Versuch*sra*tte bezeichnet und, im o-ton, verrecken will. Meine Mutter, die all das schreibt, die all das erlebt, und all das mit uns teilt.

"Das macht doch alles keinen Sinn?!"

Es sind glasklare, eisige Momente, und mein Herz fühlt sich an, als hätte der Tsunami es in ein Fangeisen gequetscht. Je höher der Pegel, desto tiefer die Zähne.

Ich selbst. Manchmal weiß ich gar nicht, wie es mir selbst damit geht. Manchmal habe ich die Ahnung, ich kann das überhaupt nicht erfassen. Nicht einmal ansatzweise.