Freitag, 15. November 2013
Keine Pointe.
Die zweite Woche Krankschreibung ist nicht so wie die erste. Sie ist stiller. Seit dem Familienfest. Was ich an Tränen zuviel hab, fehlt mir an Worten, auch im Gespräch mit mir selbst. Ich gehe spazieren, jeden Tag, durch den Waldpark, aber immer einen anderen Weg. Das ist das Highlight des Tages, sowohl was Bewegung als auch was mein Selbstgefühl angeht. Diese Traurigkeit bleibt zwar, aber anders, nicht so drückend wie in der Wohnung. Und der Herbst sieht so wunderschön aus, egal ob sonnig, neblig oder wolkig.

Ich hatte mir viel vorgenommen. Weil ich ja nicht ganz krank bin, abgesehen von einem widerlichen Husten und. Traurigkeit. Also hatte ich an Dinge gedacht wie: Balkon abräumen, Zeugnisentwurf vom letzten Arbeitgeber gegenlesen, Stellenanzeigen screenen, Bewerbungsunterlagen erstellen, Schrank und Kommode ausmisten, Staubwischen und so grundlegende Hausfrauendinge wie Staubsaugen, Wischen, Bad putzen. Beim Grundlegenden ist es dann auch geblieben, auch wenn immerhin der Balkon fast leer geräumt ist. Und ich mir gerne leckere Dinge koche. Und mein Bruder war mal auf Durchreise hier. Danach dachte ich aber, ich sterbe an Einsamkeit. Die Wohnung war so still.

Wirklich wichtig wären die Job-Dinge. Denn sie sind zu einem großen Teil mit dafür verantwortlich, dass es in mir aussieht wie es aussieht. Langsam frage ich mich, ob es nicht doch an mir liegt. Oder ob das mit der Firma eben so ist wie mit Exfreunden: man erinnert sich vor allem an die tollen Dinge, plant diesmal alles anders zu machen, und beide haben sich ja vermeintlich auch weiterentwickelt, und man kennt jetzt die Fallstricke. Aber wenn alle guten Vorsätze verraucht sind und der Alltag eingekehrt ist, zeigen sich letztendlich wieder die Gründe, warum es eben schon beim ersten mal nicht geklappt hat. Ich bereue den Schritt nicht, muss aber weitergehen, denn der Stillstand im jetzt bringt mich um

Ich möchte da jetzt gar nicht ins Detail gehen, mich selbst nerven diese Jobthemen schon genug. Was ich aber nicht ignorieren darf ist, dass der Job mir nicht gut tut. Das, was ich seit neuesten oder wie auch immer man das sagen will, tun soll. Das Bild, das man mir (wenn auch sicher nicht mit Absicht) mal wieder von mir selbst vermittelt - und das obwohl es mir lang genug zumindest so gut ging, dass ich das irgendwie kompensieren konnte. Mit den allerjüngsten Entwicklungen allerdings, was meinen direkten Job und seine Bedingungen angeht, UND was die Entwicklung und Entscheidungen der Firma angeht, komme ich nicht mehr klar, und möchte ich auch gar nicht klar kommen. Ich frage mich wie damals auch, ob denen eigentlich klar ist, dass ich ein teures Studium habe und nun über 7 Jahre Berufserfahrung.

Es fühlt sich wieder an wie das Kleingehalten-werden. Ich hinterfrage häufig, wieviel ich selbst mit meinem Selbstbild dazu vielleicht beitrage. Aber ich weiß dass es diesmal wirklich völlig falsch wäre, das bei mir zu suchen. Und ich bin nicht die einzige, der so einiges sauer aufstößt. Auch meine direkte Führungskraft (ich halte sehr viel von ihm und seinen Fähigkeiten) hat bereits erste Konsequenzen für sich gezogen, was mich nur weitere Fragen stellen lässt.

Schockiert hat mich, dass mir selbst das Ausmaß, wie sehr mich das alles mitnimmt, gar nicht klar war, bis ich Anfang letzter Woche beim Arzt war und er einen Zun*genp*ilz diagnostizierte. Den kann ich mir zwar irgendwo auch geholt haben (aber wo?!). Der Jungbuschdoktor meinte aber nur: "Hm. Den bekommt man eigentlich nur, wenn man physisch oder psychisch völlig am Ende ist." Ich hätte sofort Heulen können, wusste aber nicht warum. Ja, klar, ich war mit mir selbst irgendwie unzufrieden, und fühlte mich zunehmend einsamer, und dann war da noch die scheiß Sache mit F., und ich fing auch an Freundschaften zu hinterfragen (vor allem immer wieder die mit LeSchwe - immer und immer wieder. Warum ist das so? Und warum verletzt es mich jedes Jahr aufs neue so sehr, dass sie mich nie fragt was ich Sylvester tue, und ob wir es zusammen verbringen möchten, sondern sie plant immer ohne jegliche Berücksichtigung meinereiner). Aber.... also am Ende. Pf. Bitte.

Danach bin ich zum Hautarzt. Der fragte, was ich arbeite. Und ob ich denn einen direkten Zusammenhang zwischen meiner Haut und Stress sehe. Ich sagte, das wisse ich nicht, und er empfahl mir das zu beobachten.

Dann habe ich geheult und hatte auch einen vorläufigen Grund: anscheinend bin ich ein psychisches Wrack und merke es nicht. Seitdem denke ich darüber nach. Das war möglicherweise ziemlich blöd, denn vielleicht bin ich ja kein Wrack und habe mich nun nur zu einem gedacht. Aber die Tränen scheinen mir dann doch etwas verräterisch. Tja. Und dann kam eben der Samstag.

Am Montag schrieb mich der Jungbuschdoktor für eine weitere Woche krank. Der Pilz sei zwar abgeheilt, aber er würde es gern sehen, wenn ich noch eine Woche zu Hause bliebe. Und spazieren gehe. Und so. Also tat ich das.

Ich wabere unter der Glocke. Möchte mit niemandem reden, merke ich. War mit Freunden gestern (trotz Krankschreibung, jawohl) auch auf einem Poe*try Sl*am. Das war zwar nett, aber irgendwie halt auch nur durch die Glasglocke. Ich fand alle und alles komisch.Und eigentlich wollte ich nur schnell wieder nach Hause und Breaking Bad kucken. 4 Staffeln in 9 Tagen. Damit ich nicht darüber nachdenken muss, was eigentlich wann schiefgelaufen ist.

Denn so ganz leise kommt immer wieder ein kleiner Teufel, der wispert in mein Ohr: "Sooo, ist es wieder soweit, jaaaa? Da nervt also der Job. Und deine Freunde sind vielleicht auch gar nicht so toll. Willste wieder umziehen? Kannst du vielleicht gar nicht 'länger'? Haste wieder das Gefühl, ganz grundlegend irgendwo falsch abgebogen zu sein, hm? Du blöde Zicke. Nie passt dir irgendwas auf lange Sicht. Immer fängst du irgendwann das quängeln an. Vielleicht ist ja alles super und du raffst es einfach nur nicht! Was willste denn sonst auch machen, du Klugscheißer? Sieshte! Da fällt dir nichts ein! Nix weißte. Kannst auch nich soviel, ne. Sehen die in der Arbeit ja anscheinend auch so. Pf. Krieg dich einfach mal wieder ein und halt die Füße still!"

Und dann ist da der Engel, der sagt: "Bewerb dich doch einfach! Tu doch einfach was! Du musst was tun! Beweg sich, nicht nur beim Spaziergang!"

Aber da kommt nichts. Ich kann nicht. Ich krieg das alleine einfach nicht auf die Reihe. Bräuchte jemanden der mich am Händchen hält und sich mit mir hinsetzt, um Stellenangebote durchzusehen und Bewerbungen zu schreiben. Müsste sagen: bitte helft mir! Kann aber gar nichts reden. Will auch gar nicht reden. Ich bin ja die, die eh nen Schuss hat. Da kann ich doch nicht mit sowas auch noch kommen. Wie peinlich. Gehe in Gedanken alle vor, mit denen ich sonst über ganz intime Dinge und Seelenheil spreche, und stelle mir vor wie ich denen erkläre was gerade mit mir ist. Und dann schüttel ich den Kopf und denk mir: ne. Was soll ich denn sagen? Selbst der Papa merkt am Telefon nicht, dass irgendwas komisch ist. Aber das kann nur daran liegen, dass er es nicht merken will und dass er nicht weiter fragen möchte, denn er merkt zumindest: "naja reden willst du anscheinend nicht." Und ich denke an den Therapeuten, aber auch daran, dass ich ihm bei einem Telefonat nach der Selbstverstümmelungsaktion versprechen musste, es erst einmal alleine zu versuchen. Überlege auch, ob Therapieende und die Ereignisse bzw. mein Zustand irgendwie korrelieren. Komme aber immer zu dem Schluss, dass es einfach scheiß Timing ist.

Seit zweieinhalb Wochen habe ich eine Katze (aus dem Tierheim). Sie ist sehr verschmust und gurrt manchmal so schön, und ich bin sehr verliebt in sie. Und oft streichel ich ihr Fell und fange dann an zu flennen. Als würde die Katze mein Heulzentrum antriggern.

Ich weiß, dass ich mich bewegen muss, denn anders komme ich nicht da raus. Aber ich kann einfach nicht. Und ich schaffe es auch nicht nach Hilfe zu fragen. Und das nervt mich dann alles, und ich werde noch regloser.. etc pepe. Keine Pointe.

 
Durchatmen - kleine (durchführbare) Schritte planen. Jeden Tag ein Stück, und wenn nicht, dann nicht.
Du machst das schon. Du hast so viel geschafft - Studium hat Dir auch keineR geschenkt, oder? : ) Also Du kannst das.

Und das Wichtigste hast Du schon gesagt Was ich aber nicht ignorieren darf ist, dass der Job mir nicht gut tut. Daran halten steht nu an.

OT
Du hast die 3000 geknackt ; ) Glückwunsch - und bleib uns.

... link  

 
@sid: danke :-)

Gehen strengt sehr an, derzeit. Ich weiß auch nicht wohin. Vielleicht ist das das größere Problem.

... link  


... comment
 
mit meiner letzten katze hab ich auch viel geheult. und sie vollgelabert. sie kennt sogar objektgeschichten. die jetzige ist ja nicht so. die will aufmerksamkeit, aber nur, wenn sie will. und sie will fressi. möglichst immerzu. ;)

tiere geben dir das, was du an menschen vermisst: zuneigung ohne hinterhalt. die möglichkeit, dein herz zu verschenken, ohne es zu verlieren.

jobsuche ist ein schreckliches thema. ich hab ja nun 10 monate gebraucht, eine neue stelle zu finden. ich hab in dieser zeit an mir gezweifelt und an der welt. wie kann man menschen nur so schrecklich ausbeuten? oder bin ich einfach nur wirklich schwerst unterqualifiziert?
bla.

wie sieht das bei dir mit medikamenten aus? ich hab ja sehr gute erfahrungen damit gemacht und würde ohne heute nicht da stehen, wo ich stehe (immer noch arm, aber nicht ganz hoffnungslos ;)).

glück empfinden muss ich dennoch lange lernen. das kann ich nicht. spontane momente, ja. die sonne, die farben, die enten im moor. aber halt nicht so, dass ich mich an mir selbst freuen könnte.

heute habe ich mal wieder mit meinen eltern telefoniert, mit meinem vater. und ich verstehe, warum ich so bin. negativ. alles, was durch den hörer kommt, ist negativ: pass auf, pass auf, die ziehen dich bloß wieder über den tisch, du bist viel zu gutmütig und naiv, das wird nichts, du kannst denen doch gar nichts bieten. 29 minuten negativ.

mein onkel liegt gerade im sterben und jammert, weil mein cousin, also sein sohn, ihn nie besucht, wenn ihn meine tante nicht mitschleppt. mein cousin hat mir immer wieder erzählt, wie wenig zutrauen mein onkel in ihn gesetzt hat, wie er ihn verspottet hat auf seinem weg ins lehramt und ihm immer sagte, er würde niemals, niemals, niemals oberstudienrat werden. jetzt ist er es, und mein onkel hat nur einen dummen spruch gebracht.

(wundere dich nicht, wenn dir deine kinder eines tages in die fresse treten wollen. wer seinen kindern so wenig zutrauen mitgibt, da muss es niemanden wundern, wenn das selbstvertrauen völlig verkümmert bleibt.)

nach dem telefonat mit meinem vater hab ich mich unendlich leer gefühlt und der erste gedanke war, mir irgendwas scharfkantiges in die haut zur rammen. nunja. jetzt hab ich wodka getrunken. wenigstens kein blut verloren, nur wieder ein paar gehirnzellen. ;)

ich weiß gar nicht, was ich dir eigentlich sagen wollte, aber ich denke, es gibt sowieso keinen klugen spruch, der dich jetzt da rausreißt. aber wenn du´s nicht mehr aushälst, geh in eine klinik. ich kenne den punkt gut, an dem alles zu viel wird, sogar die verantwortung für sich selbst: essen, zähne putzen, den müll rausbringen.

ich trau dir den überlebensinstinkt zu. halt dich gut an ihm fest. und ruf an, bevor du von der brücke springst. bitte. :)

... link  

 
@c17: ist schon komisch, das mit den Katzen. Sogar da frag ich mich manchmal, ob die mich eigentlich wirklich mag. Echt verschoben..

Mir graut vor der Jobsuche, ich kann mich gar nicht hochraffen. Das größte Problem: ich weiß nicht was ich suche. Ob ich umziehen will/soll. Ob ich hier im Umkreis suchen soll. In welchem Job ich sein will. Irgendwas in mir ruft immer nach so etwas wie dem kompletten Umbruch.

Das was du von deinem Vater kennst, kenne ich von meiner Mutter, zumindest das Misstrauen in andere. Dass man nicht naiv sein soll, aufpassen muss. Und sich vor allem bloß nicht abhängig machen.
Komischerweise hat sie mich allerdings in meinen Fähigkeiten immer sehr bestärkt, aber ich konnte das nie annehmen, weil irgendwas nicht gepasst hat (also gefühlt habe ich, das irgendwas nicht passt, und konnte das nicht zuordnen). Es war eben jene Unbeständigkeit im Geben von bedingungsloser Liebe, und mein Verhalten dahingehend, gefallen zu wollen.
Weiß auch nicht mehr was ich jetzt sagen wollte. Jedenfalls. Ja.

Kein Wunder dass du dich nach dem Telefonat leer gefühlt hast. Braucht keine Sau. Ist ja nett wenn Eltern besorgt sind, aber aufbauen, nicht abbauen wäre mal was..

Das Grobe funktioniert. Also Zähne putzen, Wohnung putzen, Spazieren gehen, sogar stundenweise arbeiten (bin diese Woche immer noch krank geschrieben). Und ich weiß auch nicht was ich in der Klinik soll. Ich suche irgendwas und weiß langsam nicht mehr wo ich es finden soll. Egal wie lange ich mich ausklinke, nachdenke, grübel, in Therapie bin.

Der Überlebensinstinkt. Ja, schon. Weißt ja wie das ist. Und: danke!

... link  


... comment
 
Oh, immer diese inneren Stimmen. Die einen nicht ernst nehmen, Häme über einem auskippen, die meinen, für einen analysieren zu müssen, wie gut oder schlecht es einem wirklich gehen darf, die behaupten, man müsse nur einfach.... Sie haben Unrecht. Es stimmt ganz einfach nicht, was sie Dir da in den Hinterkopf posaunen. Diese Stimmen sind Arschlöcher.

Die Katze ist eine gute Idee. Katzenfell ist bisweilen ungeheuer tröstlich. Trost kannst Du, wie es aussieht, brauchen. Was kannst Du noch brauchen?

... link  

 
@sturmfrau: ich habe keine Ahnung was ich brauche. Vielleicht einen guten Freund. Vielleicht meine Familie. Vielleicht Ruhe. Vielleicht aber auch sehr viel mehr Unruhe.

Diese Stimmen sind wirklich Arschlöcher. Vor allem sind sie so laut, dass ich das Wesentliche einfach nicht hören kann.

... link  


... comment


To prevent spam abuse referrers and backlinks are displayed using client-side JavaScript code. Thus, you should enable the option to execute JavaScript code in your browser. Otherwise you will only see this information.