Freitag, 12. August 2016
"Mich hat jemand durchs Watt getragen."

Aus dem Nichts hängt dieser Satz seit einigen Tagen in meinen Gedanken.
Heute beim Staubsaugen habe ich dann überlegt, woher dieser Satz überhaupt kommt, oder jedenfalls: warum der mich gerade eigentlich so beschäftigt.

Ich weiß noch, dass es für mich mit 12 eine riesen Katastrophe war als meine Mutter freudestrahlend verkündete, dass wir wieder zur Mutter-Kind-Kur nach Sylt fahren. Ich hab geheult und getobt, wollte lieber zu Hause bleiben, damit ich die Ferien mit Freundinnen verbringen kann. Als ich heute so darüber nachdachte, lag völlig auf der Hand, wieso ich einen solchen Widerwillen hatte. Ich hab hier schon mal ein bisschen was darüber geschrieben. Und auch über andere "Angewohnheiten" meiner Mutter.

Eigentlich habe ich jetzt gerade auch keine Lust mehr es zu erklären. Es sollte hier ein Text folgen darüber, welche Erinnerungen ich an diese Kur habe, die wir hatten vor der mit 12. Eine davon ist die Nasenbluten-Ohrfeige, und dass sie eben eines morgens bei Sonnenaufgang angetrunken zurückkam und meinte, als wir fragten, woher sie jetzt kommt, es hat sie jemand durchs Watt getragen. Sie war viele Nächte weg in dieser Kur (und nicht nur dort). Mein Bruder war 5, ich war 6.

Ich hab keine Ahnung, wie ich es geschafft habe so viel aus meiner Kindheit zu vergessen. Eine wahnsinns Leistung. Es gab viele dieser Situationen. Die hier alle auszubreiten. Und sonstiges. Mühselig, gerade.

Wir wurden vernachlässigt. Und ich glaube, ich bin bis heute unfassbar sauer und enttäuscht, dass mein Vater uns da nicht rausgeholt hat. Ende der Geschichte.

 
(<3)

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Danke <3

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Ich hab keine Ahnung, wie ich es geschafft habe so viel aus meiner Kindheit zu vergessen.

Übers Vergessen denke ich auch dieser Tage viel nach.
Das ist manchmal ein hervorragender Schutzmechanismus (für die eine oder/und andere Seite).

Manche Sachen, die mir dazwischen wieder eingefallen waren, waren wohl auch gut, wieder ins Giftkästchen gesteckt zu werden. Man darf sich von alten Geschichten nicht zu sehr die Zukunft vergiften lassen.

Ende der Geschichte. finde ich eine tolle Aussage.
Ich wünschte, ich könnte sie öfters leben.

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@sid: ja, wirklich ein guter Mechanismus. Braucht man wohl einfach manchmal um einfach weiter zu machen. Stimmt, man darf das echt nicht zu groß und giftig werden lassen. Manche muss ich mir jetzt aber echt anschauen, weil sie mich aus dem Unbewussten heraus vergiftet haben.

Das mit dem Ende. Nicht immer so leicht, versteh ich total. Bin mir sicher, dass das auch nicht der letzte Gedanke daran war.

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Was man nicht erträgt, vergisst man. Vielleicht liegt die eigentliche Verwunderung in der Erkenntnis, dass das, was man erlebt hat, nicht normal war.

Fühl Dich umarmt.

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@Frau Sturmfrau
Irgendwo wollte ich Ihnen antworten und kam nie dazu : ((
Also ich hab Sie nicht vergessen. Wollte ich nur schnell gesagt haben.

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@sturmfrau: bin immer wieder fasziniert, wie nahe wir uns gedanklich sind. war gestern radeln und hab genau das in meinem kopf gehabt: "das erstaunlichste von allem ist, dass mir nie klar war, dass das nicht normal ist." denn die gedanken sind ja zum teil nicht neu. neu ist das licht, in dem ich sie sehen kann.

"Vielleicht liegt die eigentliche Verwunderung in der Erkenntnis, dass das, was man erlebt hat, nicht normal war."

Bäm, echt. Der Satz klingt so banal, ist aber eine Revolution des Selbstbilds. Es bin nicht ich die, die nicht normal ist ("du warst ein anstrengendes Kind" - ich mein: das glaubt man ja, wenn man das imemr wieder hört!). Ich war nur der Spiegel der Umstände (s.o.: Mutter selbst depressiv, überfordert und selbstsüchtig). Das nicht nur auf einer rationalen Ebene zu erfassen (man nimmt das alles aus der Kindheit mit, etc.), sondern auch ganz emotional zu begreifen... also das in mir selbst zu haben, dieses Wissen. Ja. Kleine Revolution.

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