Dienstag, 10. Dezember 2019
Nicht so gute Neuigkeiten, was Mama betrifft. Irgendwie kam sie nun auf den Trichter, dass Kiffen sicher hilft bei ihrer Symptomatik und fragt mich nach Stoff. Erst gedacht: oh gute Idee, das entspannt sie sicher etwas. Aber dann ist mir das eigentliche, so gut verdrängte Problem wieder eingefallen. Das Kiffen ist ja nun sehr ungünstig für jemanden mit Schizophrenie bzw. Psychosen. Sie telefoniert inzwischen laut meinem Bruder in der Heimatstadt bei den Söhnen ihrer Verflossenen rum. Zum Glück lehnen die ab. Phu.. Was das wieder wird.. wir sind in Alarmbereitschaft.

Der Kollega fragte neulich genauer nach ihrer Symptomatik und meinte, vielleicht ist sie falsch diagnostiziert. Ausschließen möchte ich das nicht, es ist alles so atypisch bei ihr.

Lieber noch ein bisschen schönes zur Nacht:

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Frost, der auf Herbstlaub glitzert.

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Gestern bestaunt uns in Yoga beim Feueratem vor dem Fenster ein Eichhörnchen. Feueratem fiel dem Lachen zum Opfer.

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Überlege, um meinen 40. rum an die Nordsee zu fahren. Seelenfutter dringend benötigt.

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Die Hochzeit des Figaro geht eigentlich auch immer.


 
ZITAT: "Was das wieder wird.. wir sind in Alarmbereitschaft."
Solche Alarmbereitschaften im Familienkreis kenne ich sehr gut.

Ich stelle mir bei "solchen Kisten" immer häufiger die Frage, wie weit mein Einfluss reicht. Nur, wer Einfluss auf eine Situation hat, kann auch eine Verantwortung für sie haben.

Im Falle Deiner Mutter fürchte ich, dass Euer Job nur der der Kehrer möglicher Scherben (die hoffentlich nicht entstehen werden) sein kann.

Die Rolle des hilflosen Zuschauers finde ich die schwerste. Schafft man es sich, in der Situation entsprechend relativen Form, der Verantwor-tung zu entbinden, nimmt das etwas Druck, so meine Erfahrung.(Wobei meiner Erkenntnis zu Grunde liegt, dass ich zu Hause viel zu viel Verantwortungsübernahme gelernt habe.)

Yeees, das Meer ist großartig.
Vielleicht sollte ich mir das Anfang des neuen Jahres auch mal gönnen, wenn das Geld wieder mehr wird.

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@wartet.nicht.mehr: "Ich stelle mir bei "solchen Kisten" immer häufiger die Frage, wie weit mein Einfluss reicht. Nur, wer Einfluss auf eine Situation hat, kann auch eine Verantwortung für sie haben."

Absolut richtig. Und genau, in der Situation meiner Mutter geht es oft nur um Schadensbegrenzung. Scherben wären doof, denn dann wärs schon kaputt gegangen, und das könnte bei ihr im schlimmsten Fall Suizid bedeuten.

"Die Rolle des hilflosen Zuschauers finde ich die schwerste."
Damit sprichst du mir sehr aus dem Herzen. Genau das ist es, was solche Situationen manchmal fast unerträglich machen. Zum Glück habe ich über die Jahre auch eine gewissen Distanz finden können, und das Gefühl, nicht für die Krankheit und deren Folgen verantwortlich zu sein. Und doch sorgt man sich, zumindest wenn sich wieder psychotische Phasen andeuten. Sie scheint sich zum Glück wieder gefangen zu haben, aber wir sind dann einfach für eine Weile aufmerksamer.

Ja, gönn dir das. :-) Das Meer ist immer eine Reise wert! Bei mir werde ich auch die letzten Pfennige zusammenkratzen. Aber was solls. Man lebt nur einmal.

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Moin okavango,
ZITAT: "Und doch sorgt man sich, zumindest wenn sich wieder psychotische Phasen andeuten."
Ich glaube über das Ausmaß an, wohl teils unbewusster, Belastung durch Sorge um Familienangehörige werden wir uns erst in aller Deutlichkeit bewusst werden, wenn diese mal nicht mehr sind.

ZITAT: "Sie scheint sich zum Glück wieder gefangen zu haben"
al-Hamdu lillah! - Was soviel bedeutet wie "Gott sei Dank".

ZITAT: "aber wir sind dann einfach für eine Weile aufmerksamer."
it's normal, isn't it?

Herzlichen Gruß

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@wartet.nicht.mehr:
Das stimmt wohl. Und wie das ist wenn sie nicht mehr da ist, das mag ich mir gar nicht vorstellen, so oft ich sie auch gegen die Wand schmeißen könnte.

Vielen Dank für deine herzlichen Grüße. :-) Und ganz herzliche Grüße an dich zurück!

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Letztens wieder mal gehört, daß Kiffen und Schizo GANZ arg nach hinten losgehen kann.
Generell kann Kiffen ziemlich viel auslösen und ist net ganz so harmlos, wie oft gern dargestellt.

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Moin sid,
in den Psychiatrien findet man viele Menschen, die der Drogenkonsum dorthin gebracht hat - und ich habe (zum Glück bislang nur als Besucher) schon ein paar dieser Krankenhäuser von innen gesehen.

Herzlichen Gruß

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Ich weiß das, Sie wissen das.
Und trotzdem rennen die Leute rum und verteidigen die "Harmlosigkeit".

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... aber das ist ein Henne-Ei-Prinzip. Die Gene disponieren zu beidem: der Schizophrenie und den Greifen zu Drogen (Google: robert powers welt cannabis). Das eine verursacht das andere.

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Hallo lagerfeuerromantik,

Menschen mit psychischen Erkrankungen neigen zum Drogenkonsum
und der Drogenkonsum fördert die psychischen Erkrankungen. Ist es das. was sie sagen wollen?

Viele Grüße

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Drogen würde ich nun auch nicht verharmlosen wollen. Und doch finde ich einen aufgeklärten maßvollen Konsum sinnvoller als ein Verbot mit erhobenem Zeigefinger. Die Menschheit hat sich schon immer berauscht (und ich kann auch verstehen warum). Ich denke, was Verharmlosung angeht haben wir mit Alkohol ein viel größeres Problem.

In jedem Fall werde ich meine Mutter nicht davon abhalten können, wenn sie nicht abgehalten werden möchte. Meine Mutter ist ja nicht krankheitseinsichtig, deswegen kann man ihr auch nicht erklären, wieso sie das nun ausgerechnet nicht tun sollte. Da macht sie sofort die Schotten dicht. Also habe ich versucht ihr zu erklären, dass allgemein das Risiko für Psychosen besteht, und ihr das ein oder andere Beispiel erzählt, das ich selbst gesehen oder von einem befreundeten Psychiater gehört habe.

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@wartet.nicht.mehr So in etwa. "Gene, die einer Schizophrenie zugrunde liegen, könnten möglicherweise auch dafür sorgen, dass Betroffene eher zu Cannabis greifen, so das Resümee der Forscher." Ich wollte nur den Artikel der "Welt" nicht verlinken.

Der zweite Punkt ist: "Der THC-Gehalt von Haschisch hat sich über einen Zeitraum von zehn Jahren verdoppelt. " (Spektrum der Wissenschaft)

Das halte ich eher für problematisch.

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@lagerfeuerromantik: du kannst den Artikel gerne verlinken, wenn du magst. Bin immer interessiert an solchen Berichten. Auch kannte ich den Zusammenhang in dieser Form bisher noch nicht.

Meine Mutter hatte (soweit mir bekannt ist) noch nie eine Affinität zu illegalen Drogen. Während ich klein war hatte sie ein problematisches Trinkverhalten. Nicht massiv, aber eben problematisch. Also ich denke zumindest eine gewisse Prädisposition zur Sucht. Das war auch unser Eindruck in den letzten Jahren, was den Alkohol angeht. Wir hatten auch scho überlegt, ob diese plötzliche Hartnäckigkeit im Kontext Cannabis nicht eine Suchtverschiebung ist. Vom Alkohol hat sie nämlich vor einigen Wochen abgelassen aufgrund Fettleber- und Diabetes-2-Diagnosen.

Oh ja, der F. hat mir das mal bestätigt, was den THC-Gehalt angeht. Das ist nicht zu unterschätzen.

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@lagerfeuer
Mag schon sein.
Aber Drogenkonsum kann ich mir aussuchen (oder auch abdrehen). Schizophrenie - ich tippe mal eher auf nein?

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Guten Abend zusammen,

@okavango ein ehemaliger Freund von mir hat eine Nervener- krankung. Um den Krankheitsverlauf zu verlangsamen muss er u.a. sehr darauf achten, was er sich zuführt.
Von ihm stammt die Aussage, dass Alkohol eine solche Gesund- heitsschädigung nach sich ziehen kann, dass es, bei Entdeckung in heutiger Zeit, verboten worden wäre. In unseren Gesprächen hat dieses Rauschmittel "Nervengift" geheißen.

Auch in finde unseren kulturellen Umgang mit "dem Nervengift" sehr bedenklich. Auf der einen Seite wird der Konsum idealisiert und per Gruppendruck eingefordert (in ländlichen Gegenden nach meiner Erfahrung massiver als im urbanen Raum), auf der anderen Seite werden Menschen, die die Balance nicht halten können, geächtet.

ZITAT: "In jedem Fall werde ich meine Mutter nicht davon abhalten können, wenn sie nicht abgehalten werden möchte."
>> Egal, wohin man eine Person bringen will, es geht immer nur mit ihrem Willen und in ihrem Tempo. Dies gilt für alle Menschen, egal ob krank oder nicht. Das ist ein wichtig Grundsatz in der sozialen Arbeit schlechthin.

Das Thema "Cannabis als Medikament" finde ich sehr ernst zu nehmend.
Lässt sich der Cannabiskonsum unter die allgemeine und viel- zitierte Regel stellen, dass es von der Menge abhängt, ob diese Substanz gesundheitsfördernd oder -gefährdend ist?

Euch einen schönen Abend!

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P.S. Ich möchte mich korrigieren: Die Erkenntnis, dass Einsichten beim Gegenüber nur "nach dessen Spielregeln" zu erreichen sind, ist nicht nur in der Sozialen Arbeit, sondern "im richtigen Leben" schlechthin sehr wertvoll.
Manchmal denke ich, sie ist Teil einer Abgeklärtheit bei Menschen mit Erfahrung.

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@wartet.nicht.mehr: "Lässt sich der Cannabiskonsum unter die allgemeine und viel- zitierte Regel stellen, dass es von der Menge abhängt, ob diese Substanz gesundheitsfördernd oder -gefährdend ist?"

Schon unser Chemielehrer in der Schule pflegte zu sagen: "Die Menge macht das Gift". Ich denke, so dürfte das mit allem sein. Auch mit Wasser kann man sich tot trinken. Grundsätzlich finde ich es total gut, dass Substanzen, die heute als illegale Drogen gelten, ausprobiert werden als therapeutische Substanzen. Was sollte denn an Tavor & Co besser sein?

Zu der Erkenntnis bzgl. Veränderungen bei anderen: ja, wobei ich das nicht Abgeklärtheit nennen würde. Bei mir fühlt es sich einfach an wie ein tiefes Begreifen, als hätte man etwas Grundlegendes verstanden. Und doch kämpfe ich da oft mit meiner inneren Ungeduld: "Warum checkt sie es denn nicht endlich? Was stellt sie sich denn so an?" Liegt aber auch daran, dass sie nicht meine Patientin sondern Mutter ist. :-) Da fehlt mir dann manchmal einfach die Distanz. Und diese Ungeduld hat weniger mit Genervtheit als mit Angst und Liebe zu tun.

[Edit] hab nochmal über deine Aussage bzgl. Alkohol und dessen gesellschaftlicher Akzeptanz bzw. fast schon Notwendigkeit auf der einen Seite, und der Ächtung auf der anderen Seite diejenigen, die die Balance nicht halten können, nachgedacht. Toll zusammengefasst! Echt auf den Punkt. Völlig schizo, könnte man sagen. ;-)

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Diese schizophrene Situation ist mir in jungen Jahren aufgefallen.

Ich bin im ländlichen Raum groß geworden, wo das "Rudelsau-fen" nach meiner Wahrnehmung ein noch stärkeres soziales Muss ist.

Und dann sind "die Buarn" in konservativen Moralvorstellungen tendenziell stärker verhaftet und, im Sinne dieser Maßstäbe, rigider in der Beurteilung ihrer Mitmenschen.
Die mangelnde Disziplin und teilweise Ungepflegtheit eines Alko-holikers war in ihren Augen ein No-Go.

Oooh, wie mir diese Engstirnigkeit und scharfe Be- und Verurteilung zuwider ist. Beim Schreiben dieses Kommentars habe ich ein leichtes Würgegefühl im Halsbereich.

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@wartet.nicht.mehr: oohhh ja, dieses Rudelsaufen im ländlichen Raum kommt mir sehr bekannt vor. Leider war ich mitten drin. War halt ein super Mittel, um endlich meine sozialen Ängste und Schüchternheit zu überkommen, für den Moment. Leider teilweise mit verheerenden Folgen, aber andere Geschichte.

"Oooh, wie mir diese Engstirnigkeit und scharfe Be- und Verurteilung zuwider ist." Das geht mir wie dir. Aber diese Reaktion auf Alkoholismus ist ja auch viel leichter als zu hinterfragen, wieviel da das System (Handhabung von Alkohol in unserer Gesellschaft und in diesen sozialen Räumen insbesondere) dazu beiträgt. Sonst könnte man sich evtl. sogar fragen, wie weit man selbst davon weg ist.

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Das Rudelsaufen ist leider nicht nur auf den ländlichen Raum beschränkt : (

Generell ein Phänomen, daß zu Weihnachten noch massiv verstärkt (öffentliches Angebot ist groß) auftritt.

Land der Säufer... hier wie dort. Wirklich peinlich, das ab und zu Menschen aus andren Ländern erklären zu müssen.

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Moin!

Hatten wir uns eigentlich schon ein frohes neues Jahr ge-wünscht? Wenn nicht sei es hiermit machgeholt. 😄

Ich befasse mich gerade mit dem Arbeitsfeld des gesetzlichen Betreuers, weil ich überlege, in diesem als Nächstes tätig zu werden.

Im Blog eines Betreuers habe ich diese Geschichte gefunden, die ebenfalls von dem schizophrenen Umgang mit Alkohol in unse-rem Land erzählt.
Der Betreuer bekommt die dunkle Seite der "Herrschaft des Königs Alkohol", wie er es nennt, wirklich sehr deutlich zu sehen.
Herzliche Grüße
wartet.nicht.mehr

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