Donnerstag, 4. August 2022
Sommer.
Was ich im Sommer sehr gerne mache: wie heute an einem See auf der Wiese liegen, auf dem Rücken, und in den Himmel schauen. Da wiegen sich Zweige und Blätter einer Birke im Wind. Eine Krähe flattert vorbei. An dem Zugseil, dass sich vom Kletterpark hinter mir über den See auf die gegenüberliegende Seite spannt, sitzt eine blauschillernde Libelle. Ganz hoch oben düst ein Flugzeug ins Blickfeld. Ein kleiner Vogel tanzt durch das Himmelblau. Ein Spatz? Ich höre. Fröhlich kreischende Kinder. Schräg hinter mir unterhalten sich zwei Frauen. Wasser spritzt. Es riecht nach Sommer, nach warmer Erde, trockenem Wald, fast wie im Süden, in Pinienhainen, und auch nach frischem Seewasser. Links und rechts von meinem Handtuch streichel ich über vertrockneten Rasen. Ich spüre nur stachelige Halme und staubige Erde

Ich versuche mir alles ganz genau einzuprägen, denn in letzter Zeit denke ich öfters, vielleicht ist die Welt bald nicht mehr so wie ich sie kenne. Dann schiebe ich ich den Gedanken schnell zur Seite, und sauge den Moment doch tief in mich ein.

***

Am Montag war ich bei dem Ehepaar, auf dessen Hof ich letztes Jahr lebte. Sie freuten sich so, mich zu sehen, wollten mich gar nicht mehr gehen lassen. Ich erinnere mich an die saftigen Grüntöne, die klaren Farben, in denen das Umland letztes Jahr erstrahlte. Nun gleichen die Wiesen, Felder und Wälder einer Steppe. Franken hat Dürre, in diesem Jahr besonders schlimm. Es tut mir in der Seele weh, höre Mutter Erde beinahe stöhnen. Mit Mann und Hofhund gehe ich eine Runde übers Land. Am Horizont quellen fette, dunkle Wolken, dazwischen hellere, die helleren sind die, die den Regen bringen, erklärt er mir. Zweifelnd wiegt er den Kopf. "Des kommt net rüber, wahrscheinlich. Des wird sich, wie so oft, da vorne teilen, und links und rechts vorüberziehen." Ganz so wird es nicht sein. Aber viel bleibt nicht hängen. Viel zu wenig.

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Gestern mit einigen Familienmitgliedern, meine Patin aus den USA weilt derzeit auch mit einer Tochter und deren Tochter in der Heimat, auf dem Volksfest gewesen.



Nach über zwei Jahren Pandemie für mich völliger Overkill an Menschen, Eindrücken, Geräuschen, Gerüchen, Farben - und ganz wunderbar, faszinierend, fröhlich, lebendig. Wie schön, dass wir das erleben dürfen. Ich freue mich so über sich freuende Menschen.

Denke, als ich den Freefall Tower ansehe: es ist vielleicht ein bisschen, als befänden wir alle uns im freien Fall, ahnten es, wollten es aber noch nicht so ganz wahrhaben. Bleibt vielleicht nur Fallenlassen. Ins Jetzt.



~ Hans Zimmer - Interstellar (Gabriel Ananda Bootleg)


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