Samstag, 10. September 2022
Mein Bruder und ich telefonieren, unterhalten uns über unsere Mutter. Er hat gerade die zwei Kids ins Bett gebracht. Momentan ist er allein mit ihnen, die Mama ist ausgeflogen. Während wir sprechen, fängt die Kleine an zu weinen. Er geht hoch ins Kinderzimmer. Ich frage, ob ich später noch mal anrufen soll. Nein, sagt er, bleib doch kurz dran. In Ordnung. Ich sitze bei meinem Vater auf dem Sofa, eingemummelt in eine rote Wolldecke. Die Heizung rauscht leise, die Küchenuhr tickt, ansonsten ist es still. Durchs Telefon höre ich die intime Ruhe, die ich schon öfters bei Freund:innen erlebt habe, wenn sie ihre Kinder beruhigen und in den Schlaf begleiten. Ich höre, wie mein kleiner Bruder Papa ist. Völlig unerwartet bin ich unglaublich berührt. Sitze da, lausche mit gespitzten Ohren, fühle eine Ganzheit und für den Moment ergibt alles Sinn, alles. Vielleicht ist es manchmal so, wenn man selbst Kinder hat. Die Minuten vergehen. So sitze ich da, Tränen laufen mir übers Gesicht, und ich fühle mich meinem Bruder und seinen Kindern ganz nah. Irgendwann flüstert er fragend meinen Namen. Ich flüster "ja", er entschuldigt sich, und ich teile mit ihm, wie ich diesen Moment erlebt habe.


To prevent spam abuse referrers and backlinks are displayed using client-side JavaScript code. Thus, you should enable the option to execute JavaScript code in your browser. Otherwise you will only see this information.