Sonntag, 5. Mai 2024
So und so dahingetippt.
Heute Vormittag klingelte das Telefon. Anonymer Anrufer. Inzwischen deutet das meistens auf meine Mutter hin. Sie weiß, dass kaum einer mehr rangeht, wenn sie anruft. Ich ging ran, "Ja?" Aus dem Hörer erklang Musik, "Maria" von Blondie. Das Lied erinnert mich sehr an Zeiten mit N., Ende der 90er, Anfang der 2000er. Ich wartete ein paar Sekunden, dann legte ich auf.

Am Freitag hatten wir Blockseminar zum Thema "Selbstreflexion". In Dreiergruppen sollten wir unsere Lebenslinie aufmalen. Erst war ich irritiert, dass es bei den beiden anderen mit 24 aufhört. Und dann? Denke ich. Aber ja. Sie sind halt auch erst 24. Das Thema Mutter ist echt ein Ding, überall. Mehr oder weniger bewusst. Die Geschichte einer Kommilitonin berührt mich sehr.

Manchmal weiß ich nicht, ob ich bereit für all das bin. Für die Ausbildung, für diese weitergehende Konfrontation mit mir selbst, mit anderen. Momentan bin ich einfach erschöpft, fühle mich wund, immer noch fällt mir kein besserer Begriff für diesen Zustand ein.

Was mach ich nur mit ihr, denke ich, und meine sie, meine Mutter. Fühle mich sehr traurig, rat- und hilflos. Ich kann und will nichts tun. Kann nur für mich sorgen, und schon das scheint mir bisweilen kaum machbar. Diese Beziehung, wie soll sie aussehen, mit jemandem, der gar nichts versteht von dem, was er anderen antut. Ich kann nicht mehr mit ihr in aktive Beziehung treten, egal wie oft ich seit Januar darüber nachdenke, sie wieder anzurufen, ich krieg einfach nur das Grauen. Gleichzeitig zerrt das Thema, wabert mehr oder weniger bewusst durch mein Leben, liegt unter allem und saugt Akku ohne Ende.

Der Grieche meinte heute, dass er bei der Begegnung mit meinem Bruder vor ein paar Jahren (für eine Studienerhebung, also relativ kurz) den Eindruck hatte, mein Bruder sei oberflächlich einfach und leicht zugänglich und easy connecting. Aber er hatte den Eindruck, dass tiefere Verbindung mit ihm nicht gut möglich ist, dass er Tiefe von sich fernhalten will. Vor dem Hintergrund meiner Gedanken in den letzten Tagen fand ich das einen sehr spannenden Eindruck.

Was mich auch umtreibt ist die Anmerkung einer Kommilitonin gegen Ende meiner Lebenslinie, als ich meinte, dass ich einfach nicht mehr kann, dass ich so erschöpft bin, dass ich keine Verantwortung mehr übernehmen will, und mein Bruder es einfach nicht versteht und wütend auf mich ist. Die Kommilitonin meinte, und bezog sich damit auf die Situation, als ich meine Mutter das erste mal einwies: "Er hat es lange auch immer abgegeben an dich." Und ich denke, das stimmt. Früher habe ich selbst die Verantwortung übernommen, als Kind, für meine Mutter. Weil das der einzige Weg war, meiner Mutter "nahe" zu sein. Weil sie mich missbraucht hat mit dieser Verantwortung. Viele Jahre danach war auch immer ich primäre Ansprechperson für meine Mutter, ganz selbstverständlich, und unabhängig von unserer furchtbaren on-off-Beziehung. Das kippte vor allem mit meiner tiefenpsychologischen Therapie, seit ich Mitte 30 bin und verstanden habe, was da wirklich ablief. Und nun noch einmal mehr, da ich mich ganz rausziehe. Dass ich meinem Bruder immer nur wichtig bin, wenn es darum geht ihn zu unterstützen. Das tut mir auch weh.

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Montag, 29. April 2024
Muss es direkt gleich notieren, damit ich mich daran erinnern kann: es kommt wieder. Es kommt immer immer irgendwann wieder, egal wie lange das letzte mal her ist. Gefühle von Glück, Lebensfreude. Und wenn es nur Sekunden sind. Eben hat es sich angeschlichen, einfach so, unverhofft, und mich umhüllt, begleitet von einer kleinen Gänsehaut und einem breiten Lächeln im Gesicht.

[Danke Gröni? Danke]

[Direkt klopft das Schuldgefühl an. Wie kann es dir so (gut) gehen, wo dein armer Bruder sich so alleingelassen fühlt mit deiner furchtbaren, und doch auch armen Mutter und der mometan wirklich unsäglichen Situation]

Geh weg!

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Mauersegler
In der Nacht von Samstag auf Sonntag "Die Mauersegler" von Jasmin Schreiber ausgelesen. Ich mag es, wie sie über Tod, Trauer und Schuld(gefühle) schreibt. Ihr "Marianengraben" hat mich aber irgendwie mehr reingezogen und berührt.

Gestern feierte Mimi ihren Geburtstag auf den Neckarwiesen in Heidelberg mit einem Picknick. Der Blick von dort auf die grünen Hügel und das Schloss, die Dächer der Altstadt, im Vordergrund der Fluss, ist einfach schön. Es war eine nette Runde, auch wenn ich mir immer wieder seltsam vorkomme mit meinen 44 unter so jungen Frauen, vergesse es aber immer schneller. Bisschen ulkig dann doch so Fragen wie "Kennst du Louis Vuitton" oder "Kennst du Sven Väth" (bitte, den Babba!?!?).

Auf dem Weg in Richtung Bismarckplatz, wir überquerten gerade die Theodor-Heuss-Brücke, hörten wir über uns das schrille Sriiii Sriii der ersten Mauersegler. So sehr ich mich freute, so überrascht war ich. In Mannheim konnte ich später noch keine sichten.

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Donnerstag, 25. April 2024
Wie aufregend, eben die erste Bewerbung für ein Institut abgegeben. Uiiiiiiiiiiiiiii :) Das schien bei der Immatrikulation in den Bachelor 2015 so weit weg. Und jetzt ist es bald soweit! Unglaublich.

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Sonntag, 14. April 2024
Während ich hoffe, dass es irgendwie wieder ein bisschen besser wird, wird es irgendwie einfach immer schlechter. Mein Bruder möchte mich in die Situation mit meiner Mutter, ihrem anstehenden Umzug ins Seniorenheim (während sie Überweisungen an Dignitas tätigt - und das ist nicht die Organisation, die sie für den letzten Versuch kontaktiert hatte), der Wohnungsauflösung, Abstimmungen mit Diensten etc. involvieren. Ob ich nicht mal für ein Wochenende kommen könnte. Nein, sage ich. Nein, ich möchte nichts davon.

Er versteht es nicht. Fühlt sich allein gelassen. Ich verstehe nicht, warum er sich verantwortlich fühlt. Er sagt, ja wir sind die Kinder. Ich sage, das ist eine soziale Erwartung, ich selbst habe keine Kinder, ich werde auch ohne klarkommen müssen. Sie hatte in den letzten Monaten genug Geld sich ein neues Auto zu kaufen, Dignitas zu bezahlen, soll sie sich Umzugshelfer kaufen. Alles ist lösbar, ohne Kinder. Versuche ihm zu erklären, dass ich keine Kapazitäten mehr habe. Dass ich im November mein komplettes Leben inkl. Uni und Arbeit auf Eis gelegt habe, und das vermutlich mit dazu beigetragen hat, was währenddessen und danach in der Arbeit passiert ist.

Er findet das Gespräch anstrengend. Ja, vermutlich weil ich nicht einfach JA sage. Für mich ist die Abgrenzung auch viel anstrengender als ja zu sagen, in dem Moment. Er möchte dann nicht weiter telefonieren.

Ich schreibe ihm danach, dass es für mich mit Deutschlandticket 1 Tag Anreise in die Heimat bedeutet, und 1 Tag Abreise. Dass es ohne Deutschlandticket ein Scheiss Geld kostet. Dass ich ab Juni im ALG bin, von einem 2000 Euro netto Lohn. Dass ich selbst genug mit mir zu tun habe, dass ich kucken muss wo ich bleibe, weil es mir selbst einfach schlecht geht. Dass mir bewusst ist, dass er das alles nicht sieht, dass das auch okay ist, dass er mir aber bitte einfach glauben soll, dass ich nicht kann weil ich nicht KANN.

Ich glaube nicht, dass er es versteht. Mich belastet das, ich mag keinen Streit, aber ich KANN einfach nicht. Ich hab zig Sachen zu entscheiden und zu regeln, Motivationsschreiben und Bewerbungen zu schreiben, diese Scheiss Masterarbeit, das neue Semester startet, und ich selbst bin einfach nur froh dass ich aufstehe und irgendwie funktioniere. Weil ich mental einfach am Arsch bin, und ja, leider sieht man das von außen nicht. Vielleicht wäre es doch gut, aus den Ohren zu bluten.

Oft fühle ich mich unglaublich allein mit dem Thema. Mein Bruder will jemanden, der mitorganisiert. Ich würde mir jemanden wünschen, der zuhört. Der danach fragt, nicht nur nach der Masterarbeit. Ich quäle mich an dem Thema. Meine Mutter wollte sich umbringen, und scheinbar plant sie den nächsten Versuch. Ich finde das schrecklich, ich komme damit nicht klar. Ich weiß nicht, wie er damit klarkommen kann. Ich denke, auch weil er einfach einen viel schlechteren Zugang zu seinen Emotionen hat. Manchmal beneide ich ihn darum. Vielleicht ist das der Grund, warum er so viel rumorganisiert. Aber auch da: das muss er selbst wissen. Es ist nicht an mir, ihm aufzudrängen was ich für richtig halte. Er muss wissen, was für ihn selbst gut passt. Umgekehrt erwarte ich mir die gleiche Haltung und Akzeptanz.

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Donnerstag, 11. April 2024
Neulich las ich einen Artikel einer Frau, leider erinnere ich nicht wer und wo, die sich wünscht man würde mit psychischen Beschwerden beispielsweise aus den Ohren bluten. Damit man außen sieht, dass was nicht passt. Beim Lesen gedacht, wie sehr ich das fühle. Und heute dann so gedacht, dass es vor allem darum geht, wie ernst ICH es nehme. Auch ich kann momentan nicht verstehen und akzeptieren, warum es mir schlecht geht und tendiere dazu darüber hinwegzuwischen. Oder es zu übertünchen. Es würde mir leichter fallen, wenn ich aus den Ohren blute. Als ich vorgestern heftiges Nasenbluten hatte, z.B., da wusste ich sofort was zu tun ist und nahm mir alle Zeit dafür. Mit meinem Seelenheil bin ich trotz allen kognitiven Wissens manchmal wieder so überfordert, als sei es das erste mal. Ok, das was ich letztes Jahr erlebt habe, war in dieser Form das erste mal. Den Weg hin zur Depression erlebe ich aber nicht zum ersten mal. Diesmal ist es mir total bewusst, aber ich fühle mich völlig handlungsunfähig. Tue weiterhin, was ich tun muss. Das ist ja erstmal gut, und vielleicht auch wichtig. Aber das war schon oft mein Problem. Ich bleibe hochfunktional, in mir ist aber Dunkelheit. Ich mache weiter als wäre nichts, und mir fällt nicht ein, was zu tun ist, damit ich gesund bleibe.

Momentan hangel ich mich an Stichworten aus der Klinik entlang. Kein Rückzug! In sozialer Interaktion bleiben. Und zwar mit dem, was ich bin. Nicht mit dem was ich glaube sein zu müssen (Frühling = Sonne = gute Laune & happiness all over the place). Aber wer will sich das schon antun, denk ich mir. Einen traurigen Menschen im Frühling. Also Sport. Sport in der Gruppe. Hab ich regelmäßig. Muss man nicht viel von sich zeigen. Beim Tanzen vielleicht morgen ein kleiner Cry, das ist ok, unsere Tanzlehrerin weiß inzwischen ja bescheid wie tanzen mich bewegt. Im Grünen sein. Da ist definitiv Luft nach oben. Dabei hab ich doch jetzt den Roller. Eine Katze wäre gut. Sehr sehr gut. Muss warten. Vielleicht was im Tierheim machen? Meditieren. Und ja das wichtigeste wäre, das alles rauszulassen. Das fällt mir schon schwer, wenn ich alleine bin. Besser wäre es, das nicht allein rauszulassen. Das erscheint mir momentan unmöglich.

Was schreib ich hier überhaupt. Viel zu intim, denk ich mir. Manchmal fühle ich mich sehr vulnerabel mit dem Umstand diesen Berufswunsch zu haben und gleichzeitig ein solches Innenleben zu offenbaren.

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