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Donnerstag, 29. September 2022
okavanga, 15:39h
Nachdem die Ansprechpartnerin des Tierheims und ich in den letzten Monaten ständig aneinander vorbeitelefoniert oder beidseitig immer wieder Termine verschieben mussten, war es heute soweit. Sie holte ab, was noch abzuholen war.
Ich lebe inzwischen okay ohne die Katze. Wenn ich dran denke, tut es so weh wie am ersten Tag. Es ist traurig, dass sie weg ist, doch was mir nach wie vor richtig nachgeht, sind die Bilder und Erlebnisse aus den Wochen und Monaten vor ihrem Tod. Ich bin froh, dass Trauer in der Klinik viel Raum bekommen hat.
Du fehlst mir, Mau Mutzel.
Ich lebe inzwischen okay ohne die Katze. Wenn ich dran denke, tut es so weh wie am ersten Tag. Es ist traurig, dass sie weg ist, doch was mir nach wie vor richtig nachgeht, sind die Bilder und Erlebnisse aus den Wochen und Monaten vor ihrem Tod. Ich bin froh, dass Trauer in der Klinik viel Raum bekommen hat.
Du fehlst mir, Mau Mutzel.
Montag, 26. September 2022
okavanga, 01:18h
Um 24 Uhr endet die Seminarwahl für das kommende Semester. Die Qual der Wahl. Ein Luxusproblem, aber ein Problem, auch hinsichtlich der zeitlichen Gestaltung (im Hinterkopf, dass irgendwie auch Broterwerbszeit eingeplant werden muss), Prüfen möglicher Überschneidungen, etc. Ewig nochmal rumgefummeln und hin- und hergeschoben. Soweit sollte es jetzt passen. Hoffe, vor allem meine Prios 1, 2 und 3 zu erhalten. Freude Freude Freude, dass es bald losgeht.
Sonntag, 25. September 2022
okavanga, 00:58h
Gestern begegne ich auf dem Klimastreik zufällig zwei Damen (Ü60 bzw. Ü70) aus der Meditationsgruppen. Schließe mich ihnen spontan an, was für eine schöne Gelegenheit, sie besser kennenzulernen. Meine Generation erscheint mir als sehr streikfaul, vielleicht aber auch einfach sehr beschäftigt. Allgemein hat sich das Publikum verändert. Gestern sind weniger Schüler:innen da als vor Corona, dafür ein paar mehr Studierende, ein paar Mütter und Väter mit Kindern, dann eine ziemliche Alterslücke, und schließlich Ü60. Die Veranstalter:innen freuen sich über ca. 3.000 Teilnehmende. Auch wenn das zu erwarten war, bin ich enttäuscht. Wir waren mal über 8.000.
Nach der Demo gehe ich kurz einkaufen, dann zurück zum Schloss (Demo-Startpnkt), um mein Fahrrad zu holen. Während ich das Fahrradschloss aufschließe, nähert sich mir ein Mann mit einer Größe von ca. 1,50 - 1,60 Meter.
Er spricht mich an: "Eine so schöne Frau. Schöne Frau sind Sie." Ich bedanke mich höflich, fummel mit Schloss und Fahrradkorb rum und will weg. Es ist inzwischen fast 20 Uhr und schon fast dunkel. Auf dem Schlossplatz sind sonst keine Menschen. "So schön, wirklich, gefällt mir sehr gut." Mir wird mulmig und ganz heiß. "Sie könnt ich gut vernaschen. Das wäre was, das würde mir richtig gut gefallen." Er nickt, wie zur Anerkennung, bleibt dabei körperlich distanziert.
Mir ist krass unwohl. Vor allem, weil mir einfach überhaupt nichts einfällt. Ich stotter wahllos Silben vor mich hin, die keinen Sinn ergeben, und bin einfach nur perplex. Er redet weiter. "Mit Ihnen würde das auch gut im Stehen gehen." Anstatt dass mein Gehirn endlich eine hilfreiche Abwehr ersinnt, denkt es nun krampfhaft darüber nach, wie zum Geier das kopulieren mit meinen 1,80 und seiner Größe funktionieren soll. "Ich lecke nämlich sehr gern."
Alles, was da endlich aus mir rauskommt ist: "Mach das niemals mit einer anderen Frau." Dann steig ich aufs Rad und fahre weg. Er ruft mir noch "Einen wunderschönen Abend Ihnen!" hinterher. Ich bin ratlos, was ist los mit mir, warum traue ich mich nicht laut zu sagen: halts Maul und verpiss dich! Oder sowas wie: "Ja, lecken - am Arsch lecken kannste mich!!!!" Hab ich Angst, er wird gewalttätig?
Ich schäme mich ob meiner Ohnmacht und fühle mich besudelt.
Nach der Demo gehe ich kurz einkaufen, dann zurück zum Schloss (Demo-Startpnkt), um mein Fahrrad zu holen. Während ich das Fahrradschloss aufschließe, nähert sich mir ein Mann mit einer Größe von ca. 1,50 - 1,60 Meter.
Er spricht mich an: "Eine so schöne Frau. Schöne Frau sind Sie." Ich bedanke mich höflich, fummel mit Schloss und Fahrradkorb rum und will weg. Es ist inzwischen fast 20 Uhr und schon fast dunkel. Auf dem Schlossplatz sind sonst keine Menschen. "So schön, wirklich, gefällt mir sehr gut." Mir wird mulmig und ganz heiß. "Sie könnt ich gut vernaschen. Das wäre was, das würde mir richtig gut gefallen." Er nickt, wie zur Anerkennung, bleibt dabei körperlich distanziert.
Mir ist krass unwohl. Vor allem, weil mir einfach überhaupt nichts einfällt. Ich stotter wahllos Silben vor mich hin, die keinen Sinn ergeben, und bin einfach nur perplex. Er redet weiter. "Mit Ihnen würde das auch gut im Stehen gehen." Anstatt dass mein Gehirn endlich eine hilfreiche Abwehr ersinnt, denkt es nun krampfhaft darüber nach, wie zum Geier das kopulieren mit meinen 1,80 und seiner Größe funktionieren soll. "Ich lecke nämlich sehr gern."
Alles, was da endlich aus mir rauskommt ist: "Mach das niemals mit einer anderen Frau." Dann steig ich aufs Rad und fahre weg. Er ruft mir noch "Einen wunderschönen Abend Ihnen!" hinterher. Ich bin ratlos, was ist los mit mir, warum traue ich mich nicht laut zu sagen: halts Maul und verpiss dich! Oder sowas wie: "Ja, lecken - am Arsch lecken kannste mich!!!!" Hab ich Angst, er wird gewalttätig?
Ich schäme mich ob meiner Ohnmacht und fühle mich besudelt.
Donnerstag, 22. September 2022
Leben.
okavanga, 19:57h
"Haben Sie was mit Ihren Haaren gemacht?
[...]
Mhmmm... früher, als Sie Kind waren, sollten Sie ihr helfen zu leben. Heute sollen Sie ihr helfen zu sterben.
[...]
Wenn Ihre Mutter zu dem Entschluss kommt, dass sie die Kontrolle über ihr Leben zurückhaben möchte, und das bedeutet, dass sie sich für den Tod entscheidet, dann müssen Ihr Bruder und Sie sich vielleicht dahin arbeiten, das zu respektieren.
[...]
Das ist nichts, wofür es eine psychologische Lösung gibt. Da wird Schmerz sein. Durch den müssen Sie durch.
[...]"
--
Heimweg am Neckar. Die Sonne strahlt vom knallblauen Herbsthimmel. Der Wind fährt durch die Pappeln. Klare Luft auf dem Gesicht. Ich radel langsam.
--
Ein Mann schiebt einen Kinderwagen, sucht Lieder auf Youtube und singt laut (und schräg) dazu, sichtlich erfreut.
--
In den Quadraten. Ein Wohnungsloser kackt vor den Rewe.
--
Neulich bei der Akupunktur versuchte ich mich zu entspannen, wie bei der Meditation. Einatmen, ausatmen. Loslassen. Einatmen, ausatmen, loslassen. Und wie ich da so atmete, war ich irgendwann auf der Grenze zwischen Wachsein und Schlaf. Da war ich plötzlich erfüllt von der tiefen Gewissheit, dass alles Sinn ergibt. Dass alles so ist wie es sein soll. Also nicht im Kleinen, in meinem Leben, sondern (auch) im Großen, alles. Sobald mir das bewusst wurde, wollte ich mir das näher ankucken, aber dieses Wissen und die damit einhergehende Ruhe, Gelassenheit und Freude zogen sich sofort zurück. Okay, dachte ich mir. Zuckte mental mit den Schultern, lächelte und schlief ein.
~ Ströme X Nick McCarthy - Stadlberg
[...]
Mhmmm... früher, als Sie Kind waren, sollten Sie ihr helfen zu leben. Heute sollen Sie ihr helfen zu sterben.
[...]
Wenn Ihre Mutter zu dem Entschluss kommt, dass sie die Kontrolle über ihr Leben zurückhaben möchte, und das bedeutet, dass sie sich für den Tod entscheidet, dann müssen Ihr Bruder und Sie sich vielleicht dahin arbeiten, das zu respektieren.
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Das ist nichts, wofür es eine psychologische Lösung gibt. Da wird Schmerz sein. Durch den müssen Sie durch.
[...]"
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Heimweg am Neckar. Die Sonne strahlt vom knallblauen Herbsthimmel. Der Wind fährt durch die Pappeln. Klare Luft auf dem Gesicht. Ich radel langsam.
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Ein Mann schiebt einen Kinderwagen, sucht Lieder auf Youtube und singt laut (und schräg) dazu, sichtlich erfreut.
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In den Quadraten. Ein Wohnungsloser kackt vor den Rewe.
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Neulich bei der Akupunktur versuchte ich mich zu entspannen, wie bei der Meditation. Einatmen, ausatmen. Loslassen. Einatmen, ausatmen, loslassen. Und wie ich da so atmete, war ich irgendwann auf der Grenze zwischen Wachsein und Schlaf. Da war ich plötzlich erfüllt von der tiefen Gewissheit, dass alles Sinn ergibt. Dass alles so ist wie es sein soll. Also nicht im Kleinen, in meinem Leben, sondern (auch) im Großen, alles. Sobald mir das bewusst wurde, wollte ich mir das näher ankucken, aber dieses Wissen und die damit einhergehende Ruhe, Gelassenheit und Freude zogen sich sofort zurück. Okay, dachte ich mir. Zuckte mental mit den Schultern, lächelte und schlief ein.
~ Ströme X Nick McCarthy - Stadlberg
Mittwoch, 14. September 2022
okavanga, 00:27h
Leider kein Traum: Mama möchte sterben. Naja eigentlich nicht wirklich, aber sie möchte frei von Leid sein. Niemandem fällt noch eine Behandlungsoption ein, die sie nicht verweigert. Ihr fällt nur noch Suizid ein.
Das Thema trifft mich nicht so hart wie damals, als es zum ersten mal aufkam. Nun klingt sehr viel ernster, konkreter. Wenn sie darüber spricht, blüht sie auf. Ich habe (noch?) keine Worte. Aber Angst. Wir probieren es über Dignitas. Das ist mir immer noch lieber als, ich zähle ihre bisherigen Abwägungen auf: Tabletten, Zug, Mähdrescher (wtf?), Aufhängen. Wie ich das so hier her schreiben kann. Neulich habe ich diesen Artikel über Neuropolitik gelesen. Sehr spannendes Thema. Da ging es unter anderem um Dehumanisierung. Etwas, das wir alle immer wieder tun. Ich momentan vermutlich sehr. Und immer dann, wenn ich dahinter meine Mutter, meine Mama erkenne, bleibt einfach nur nacktes Entsetzen.
K. ist im Hospizverein und kennt jemanden, der seine Mutter ebenfalls auf einem solchen Weg begleitet hat. Sie versucht den Kontakt klar zu machen. Ich brauche... Hilfe.
***
So gut wie pleite, und trotzdem Sylt gebucht. Oder gerade deswegen? Meine Stammunterkunft hat sehr vernünftige Preise. Geradezu unglaublich gut, für diese Insel. Und bevor der Wahnsinn mit Doppelbelastung Mitte Oktober nach einem guten Jahr Pause weitergeht, und nach diesen ganzen wahnsinnigen und zum großen Teil auch wahnsinnig anstrengenden Erlebnissen der letzten 1,5 Jahre, mag die Seele rauhe Seeluft tanken. Direkt von der Insel dann nach Berlin, N. verteidigt ihre Dissertation. Freu mich wie Bolle auf diese Ausflüge - und den Start des Masters.
Das Thema trifft mich nicht so hart wie damals, als es zum ersten mal aufkam. Nun klingt sehr viel ernster, konkreter. Wenn sie darüber spricht, blüht sie auf. Ich habe (noch?) keine Worte. Aber Angst. Wir probieren es über Dignitas. Das ist mir immer noch lieber als, ich zähle ihre bisherigen Abwägungen auf: Tabletten, Zug, Mähdrescher (wtf?), Aufhängen. Wie ich das so hier her schreiben kann. Neulich habe ich diesen Artikel über Neuropolitik gelesen. Sehr spannendes Thema. Da ging es unter anderem um Dehumanisierung. Etwas, das wir alle immer wieder tun. Ich momentan vermutlich sehr. Und immer dann, wenn ich dahinter meine Mutter, meine Mama erkenne, bleibt einfach nur nacktes Entsetzen.
K. ist im Hospizverein und kennt jemanden, der seine Mutter ebenfalls auf einem solchen Weg begleitet hat. Sie versucht den Kontakt klar zu machen. Ich brauche... Hilfe.
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So gut wie pleite, und trotzdem Sylt gebucht. Oder gerade deswegen? Meine Stammunterkunft hat sehr vernünftige Preise. Geradezu unglaublich gut, für diese Insel. Und bevor der Wahnsinn mit Doppelbelastung Mitte Oktober nach einem guten Jahr Pause weitergeht, und nach diesen ganzen wahnsinnigen und zum großen Teil auch wahnsinnig anstrengenden Erlebnissen der letzten 1,5 Jahre, mag die Seele rauhe Seeluft tanken. Direkt von der Insel dann nach Berlin, N. verteidigt ihre Dissertation. Freu mich wie Bolle auf diese Ausflüge - und den Start des Masters.
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