Dienstag, 13. April 2010
Nach einigen Tagen Dahinplätschern dacht ich mir vorhin, ich ruf mal den Brudi an. Der macht gerade Urlaub an der Ostsee und verdrängt das Ganze auch mal ganz gerne. Bis zu meinem Anruf jedenfalls. Kann man ihm ja auch nicht verübeln.

Wir brauchen ein Gespräch mit den Ärzten, meinte ich, und fragte, wie es ihr geht. Sie wurde auf eine offene Station verlegt, sagt er. Es geht ihr ganz gut soweit. Und Gespräch, jaja, wenn er halt wieder da ist. Medikamente.. naja Zyp*rexa halt noch, aber das Flu*anxol lässt sie sich nicht mehr geben weil sie es nicht verträgt. Bekommt sie einen Ersatz dafür, frage ich? Weiß er nicht.

Manchmal ist er mir im Umgang mit den Ärzten dort nicht energisch genug. Im Fragen stellen. Im Hartnäckig sein, Hinterfragen, Antworten fordern.

Dann erzählte er mir etwas sehr merkwürdiges. Ob sie mir das auch erzählt hätte, bei dem Telefonat vor der Einweisung. Wie sie sich umbringen wollte. Nein, sage ich, nur, dass sie schon wisse, wie, damit es möglichst schnell geht. Und dass sie vorher unbedingt die Katzen einschläfern will.

Ja also.., meint er, sie hatte sich schon zwei mögliche Züge rausgesucht. Da hats mir erstmal die Fragezeichen rausgehauen. Meine Mutter und Züge? Ein gewaltsamer Tod? Wie geht das denn? Abgesehen davon, dass schon der Suizidgedanke ansich für sie unter normalen Umständen absolut kurios wäre. Ja, meinte er, Züge, und dass sie sich dann aber auch gedacht hätte, dass sie das wohl nicht schaffen wird. Also hat sie sich in den Tagen davor wohl schon auf die Suche nach Betäubungsmitteln gemacht. Die sie dann vielleicht dort vor Ort genommen hätte. Bevor sie sich auf die Gleise legt.

Es klingt, als würde ich über eine Fremde schreiben, denk ich mir gerade. Das ist alles so absurd.

Wie hat sie dir das erzählt, frage ich. Aufgelöst, von sich selbst schockiert, nach dem Motto: wie konnte ich bloss auf diese bescheuerte Idee kommen?
Ne, meinte er. Eher nicht so. Eigentlich ganz ruhig und nüchtern. Sie hatte schon Tränen in den Augen. Aber jetzt nicht so... 'Um Gottes Willen, wie konnte ich nur so weit kommen?'

Ich finde ja mal, das ist kein gutes Zeichen.

Mir geht langsam der Arsch auf Grundeis wenn ich über die Zeit nach der Entlassung nachdenke. 2 Wochen sind es noch.

Tipp vom Herrn Vater: U.F.O. von Burkhard Feige. Muss ich mir mal irgendwo besorgen.

Wenn hier jemand noch Literatur- und Filmtipps hat, bitte gerne hier oder per Mail abgeben. Brauch das zum Verarbeiten. Oder ich dreh selbst noch einen ;-)

Muss jetzt auch mal ne neue Ablagekategorie für das Thema finden. Aber irgendwie fällt mir kein passender Titel ein.

 
"Twisted" klänge gut. Das ist so nicht-wertend.

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Ehrlich gesagt: das klingt nach einer ganz anderen Baustelle. Und ist überhaupt nicht meine Sorte Film.

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War nich bös gemeint. Is halt aber so :-)

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Äh... andere Baustelle? Film? Das war wohl ein Missverständnis. Das war das erste Wort, das mit zu der Situation einfiel und ich mochte es, weil es die Krankheit nicht wertet.
Aber jeder hat da ja andere Assoziationen, insofern schon mal ganz klar: habs auch nicht als böse gemeint aufgefasst :-)

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@ref: ach herrje. Das war ja dann ... ein Missverständnis :-))) Du meintest die Namenskategorie!!! Meine Güte. Der Groschen ist tatsächlich erst jetzt gefallen. Gar keine so üble Idee. Da geh ich mal in mich. Danke!

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Das muss Dich entsetzlich hart getroffen haben, so etwas zu hören zu bekommen. Ich finde es wirklich bemerkenswert offen und mutig, wie Du mit der ganzen Lage umgehst.

Ich halte die Daumen dafür, dass in zwei Wochen Deine Mutter noch einmal ein ganzes Stück stabiler ist.

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@sturmfrau: 1000 Dank! Es tut sehr gut, die aufbauenden Worte, auch wenn ich mir denken kann, dass es vielleicht gar nicht so einfach ist, Worte zu finden für einen Kommentar. Danke auch fürs Daumendrücken :-)

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Ich weiß nicht, ob Sie so etwas lesen mögen.
Vielleicht ja doch:
http://www.amazon.de/Ich-hab-einen-Rosengarten-versprochen/dp/3499227762

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@croco: doch. Genau so etwas möchte ich gerne lesen. Danke!

Darf ich fragen, woher Sie das kennen?

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Och, durch Zufall.
Und ich war erschüttert und fasziniert.

Besonders an diesem Buch ist, dass es in sehr eindrücklichen Bildern bescheibt, wie es in einem Menschen so vorgeht, der Stimmen hört. Die Autorin ist selbst schizophren.
Es kommt vor, dass Schüler Geschwister haben, oder Eltern, die diese Krankheit haben. Und so empfehle ich es dann weiter, wenn sie denn verstehen wollen, was so in den Menschen vorgeht.
Wir haben an der Schule guten Kontakt zu einer Einrichtung der Pychiatrie, da wir zwei Schüler haben, die unter Medikamenten ein ganz normales Leben führen.

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@croco: ich bin sehr gespannt auf das Buch!

Mich erstaunt es ja schon etwas - vielleicht war ich da bisher auch einfach nur naiv, oder hab nicht das Ohr dafür gehabt - wie verbreitet Schizophrenie ist. Ich bin sehr froh, dass mein Bruder und ich wenigstens "erwachsen" sind. Für Kinder, die ihre Eltern wirklich noch brauchen, stelle ich mir das katastrophal vor. Zum einen wegen dem "Verstehen können", und zum anderen wegen der "Verfügbarkeit" ihrer Eltern. Ich glaub, ich wäre gerne eine Ihrer Schülerinnen gewesen.

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Mehr Kinder als man denkt, haben es schwer.
Manchmal seh ich das und versuche mein Bestes.
Es gelingt nicht immer.

Meine Schülerin?
Vielelicht lese ich deshalb hier, weil das so sein könnte:-)

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