Mittwoch, 1. November 2023
NTM.
Nicht mehr beim Jahreswechsel sagen: dieses Jahr geht es endlich bergauf.
Dieses Jahr ist echt die Kirsche auf dem Kackehaufen.

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Am heutigen Tag, wie passend, dass es Allerheiligen ist, eskaliert alles so schnell und krass, dass ich weiß, ich muss jetzt alles aufschreiben, was war, was ist, was kommt, aber nicht hier.

Und da war es wieder, das tiefgreifende Verständnis für mein jüngeres Ich, das einfach keine andere Bewältigungsmechanismen kannte als Drogen, um den Schmerz einfach auszuschalten. Heute kurz davor Alkohol zu kaufen. Fürs Eisbaden entschieden, da fahre ich jetzt hin.

~ Sepultura - Roots bloody roots

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Donnerstag, 26. Oktober 2023
Filmtage Tag 2 - 25.10.2023
Platzhalter Doku "Bis hierhin und wie weiter?"
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V., bei dessen Eltern ich vor zwei Jahren den Sommer auf ihrem Hof verbracht habe, udn die ich seitdem sehr regelmäßig besuche, erzählt, dass seine Mutter ein Magengeschwür hat. Mein Herz.

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Montag, 23. Oktober 2023
Meine Mutter hat inzwischen den Antrag auf Sterbehilfe eingereicht. Und kümmert sich gerade um den Verkauf ihres Autos. Dass ich sowas hier schreibe. Ich fasse es nicht.

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Mittwoch, 27. September 2023
Guten Tag, liebes Glück.
Nicht gestreut, alles sauber, momentan krebsfrei.



~ Max Raabe, Palast Orchester, ft. LEA - Guten Tag, liebes Glück (MTV Unplugged)

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Freitag, 22. September 2023
Visite.
Es ist ganz schwer ihn so zu sehen. Für mehr fehlen mir momentan die Worte.

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Dienstag, 5. September 2023
Die sachliche Kurzversion zur Situation meines Vaters: nach nur zwei (von geplanten vier) Chemos musste die Behandlung abgebrochen werden. Es entstand am Port (innen, also erst mal nicht sichtbar) eine Infektion, die sich in sehr hohem Fieber und Abgeschlagenheit äußerte. Da anfangs unklar war, ob die Symptome in der Chemo selbst, einem grippalen Infekt oder eben einer Infektion des Ports liegen, wurde erst ein Antiobiotikum verabreicht. Das brachte kaum Linderung. Irgendwann sammelte sich dann auch außerhalb des Ports Blut und mein Vater ging ins Krankenhaus. Dort entfernten sie den Port sofort. Der Onkologe informierte meine Vater, dass vor einem Fortsetzen der Behandlung erst die Infektionswerte runter müssen. Außerdem sei eine anderweitige Gabe der Chemo (Injektion oder Tabletten) nicht möglich. Die Chemo, die er bräuchte, liefe nur über einen Port. Der Onkologe beratschlagte sich dann mit Wiesbaden. Ergebnis war, dass die OP vorgezogen wird auf den 14. September, ohne weitere vorherige Chemo.

Da mein Vater ohne Port auch nicht ganz so leicht hochkalorische Kost zu sich nehmen kann, nimmt er weiter ab. Diesmal ist klar, dass es nicht an einer Chemo liegt, sondern am Krebs. Er frisst, dieser verdammte Arsch. Dafür geht es meinem Vater erstaunlich gut. Er unternimmt Dinge, auch mit seinen Enkeln, hantiert in Haus und Garten rum, backt Brot. Er ist müde, aber ansonsten... es ist trügerisch. Beängstigend trügerisch still.

Gefühlt zieht sich einfach alles viel zu lange.

Bis Sonntag war ich in der Heimat. Und um kurz emotional zu werden: der Abschied war schwer. Vor der OP werde ich ihn nicht mehr sehen. Ich habe Angst.

Mein Therapeut dazu: "Ihr Vater könnte nun sterben."
Ich: "Ja."
Thera: "Bereiten Sie sich denn darauf vor?"
Ich: "Nein"
Thera: "Wieso nicht?"
Ich: "Weil er jetzt einfach nicht sterben darf."
Thera: "Wenn es gut läuft, wird er aber auf jeden Fall vor Ihnen sterben."
Ich: "Ich weiß..."
Thera: "..."
Ich: "..."

Naja. Ich beschäftige mich jetzt mit dem Tod.

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Sonntag, 3. September 2023
Damals schaute der Vollmond zum offenen Fenster rein, wir konnten das Rauschen des Atlantiks hören. Und in mir rauschte die Verzweiflung darüber, dass wir uns irgendwie verloren. Dass ich mich fortbewegte, mich forttreiben ließ von meiner Angst. Heute Nacht träumte ich von diesen Tagen bei den Wildpferden bei Kleinmond. Ich legte dir den Arm um den Hals, wir gehen nebeneinander her, und ich flüster dir zu "Ich mag dich immer noch so."

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Sonntag, 16. Juli 2023
Übers Wochenende ist mein Bruder mit Freunden wandern. Es fällt ihm schwer abzuschalten, schreibt er mir eben. Meinem Vater scheint es zwar ein klein wenig besser zu gehen, doch hat er jetzt allein durch den Durchfall, den er seit ca. Mittwoch hat, soviel abgenommen, dass wohl zur Debatte steht ins Krankenhaus zu kommen. Morgen hat er Kontrolltermin beim Onkologen. Meine Mutter scheint heute Nacht (mal wieder) den Notarzt wegen Atemnot und extrem hohem Puls gerufen zu haben. Sie kam ins Krankenhaus. Ich traue mich gerade gar nicht, bei meinem Vater oder meiner Mutter anzurufen, mein Herz tut weh, mein Bauch noch mehr, mir ist übel. Weiß nicht, wie ich mehr Details heute verarbeiten könnte. Versuche auf die Prüfung zu lernen, doch die Gedanken schweifen ab. Ich bete, dass die Verlängerung der Krankmeldung kein Problem sein wird. Dieses toxische Arbeitsumfeld würde mir gerade einfach nur den Rest geben.

Bei meinem Bruder kommt dazu, dass sein Schwiegervater ebenfalls seit einigen Jahren an Krebs erkrankt ist und sich momentan in der zweiten Chemo befindet, seine Haare fallen aus.

Ich weiß nicht wie mein Bruder es erträgt, er ist so nah an allem dran. Manchmal bin ich traurig, dass ich so weit weg bin, aber es ist wohl auch ein Segen.

In der Klinik saß ich manchmal nachts im Meditationsraum und blickte auf die Bergkette gegenüber der Klinik. Eines nachts, während eines Gefühls tiefer Ohnmacht und Traurigkeit, fiel mir dabei mein Taufspruch ein: "Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen. Woher kommt mir Hilfe? Meine Hilfe kommt vom Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat." Damals dachte ich, dass kein Spruch hätte passender sein können, und dachte darüber nach, wie lange und oft ich schon in meinem Leben meine inneren Augen zu den sich vor mir auftürmenden Bergen gehoben hatte, auf der Suche nach Hilfe. Ich weinte in diesem stillen Raum, als mir klar wurde, dass ich Hilfe erhalte und annehmen kann, Hilfe von vielen Seiten, von dieser wundervollen Klinik in den Bergen, von mir selbst, und einer Höheren Macht. Seitdem denke ich immer wieder an den Spruch. Die Idee einer Höheren Macht kann man belächeln. Ich finde es ungemein tröstlich Dinge an sie abzugeben, die ich nicht ändern kann.

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Dienstag, 11. Juli 2023
Nach der ersten 24-Stunden-Chemo, von gestern bis heute Mittag, war mein Vater erst mal Schwimmen. Vorsichtig erleichtert. Vermutlich kann man einfach immer nur im Moment leben mit diesem Scheiss. Was noch kommt, wissen wir nicht, und uns vorher damit fertig zu machen, bringt nichts, deswegen, ja, nehmen wie es kommt, und freuen wenns gut ist.
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Heute hatte ich die fünfte und letzte Stunde mit meiner Klientin, nachdem unser Gespräch letzte Woche eine unvorhergesehene Herausforderung mit sich brachte. Aber ganz gut hinbekommen, und mit der Supervisorin gut auf heute vorbereitet gewesen. Ich finde wir haben einen runden Abschluss gefunden. Könnte wegen mir jetzt direkt mit der Ausbildung losgehen, freue mich einfach nur krass darauf.
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Bin sehr froh, dass mein Thera nun früher Zeit hat und wir am Donnerstag sprechen. Gerade das, was da gerade rund um meine Mutter stattfindet, beschäftigt mich sehr und braucht Raum. Ich weiß gar nicht ob ich davon erzählt hatte. Vermutlich nicht, oder nicht viel. Sie ist nun seit über 6 Monaten Mitglied in diesem Verein für Sterbehilfe und kann den Antrag stellen. Der besteht primär aus einem Schreiben, in dem sie ihre Beweggründe für diesen Wunsch schildert. Meine Mutter möchte, dass wir ihr dabei helfen diesen Antrag auf Sterbehilfe zu schreiben. Wichtig an dieser Stelle: es besteht kein physischer/ funktioneller Grund, warum das jemand für sie übernehmen sollte. Allein kriegt sie es aber nicht hin. Ja, warum wohl? Und: wie kann man denn sowas auf seine Kinder abwälzeb? Außerdem betonte sie zweimal, dass es ihr wichtig ist, dass uns dann in dem Moment, wenn es soweit ist, bewusst ist, dass sie stirbt. Ich sagte, dass ich das sehr interessant finde, und dass es doch letztlich entscheidender ist, das IHR in dem Moment bewusst ist, dass sie sterben wird.

Ich weiß nicht, auf wie vielen Ebenen ich all das sehr fragwürdig und mehr als problematisch finde. Gerade letzteres hat mich sehr hellhörig gemacht. Ich rieche geradezu die Verantwortung, die sie schon als ich Kind war auf mich abgeschoben hatte. Damals sollte ich ihr helfen zu leben. Jetzt zu sterben. Ich bin aber nicht mehr 10. Diesen Weg muss sie komplett selbst in die Hand nehmen. Aber da ist noch mein Bruder - und der hat nicht so tiefschürfende Erfahrungen mit ihr gemacht wie ich, und es klingt, als ließe er sich breitschlagen das niederzuschreiben, was sie diktiert. Ich habe ihn nach diesem Termin (ich war online zugeschaltet zu einem Gespräch zwischen meiner Mutter, ihm und einem Herren, auf den ich hier nun aus vielen rechtlichen und datenschutzbezogenen Gründen nicht weiter eingehen kann und will) nochmal meinen Bruder angerufen und versucht ihm darzulegen, wie wichtig es mir wäre, dass er sehr genau in sich reinhört, ob er das wirklich möchte. Was, wenn sie ihm irgend sowas sagt wie: "Danke, ohne dich hätte ich das nie geschafft!" Das klingt wie ein Kompliment, aber es ist so krass vergiftet. Danke, dass du mich hast sterben lassen. Ohne dich würde ich sonst noch leben. Ich weiß nicht. Kann man mit sowas leben? Vielleicht bin auch nur ich so krass sensibilisiert bei sowas, weil ich Jahrzehnte gebraucht habe, um die mir als Kind auferlegte Verantwortung und Bürde abzuschütteln und aufzuarbeiten.
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Hier schließt sich noch mal ein bisschen der Kreis mit dem Thema Ausbildung. Also... ich habe bei meiner Klientin gemerkt, wie es sein kann, wenn sehr plötzlich Themen auf den Tisch kommen, die ich selbst in meinem Leben erfahren habe, und wie wichtig es ist, das dann zu erkennen und nicht auszuagieren. Es ist bisher ziemlich viel in meinem Leben passiert, und manchmal weiß ich nicht, ob das Fluch oder Segen sein wird. Aber bisher war ich froh, dass ich so gut nachvollziehen konnte, was das fürs eigene (Er-)Leben und Verhalten bedeuten kann.
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Und übers Wetter red ich nicht.

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Montag, 3. Juli 2023
Leider heute das Antrinken nachgeholt. Für 18 Uhr mit einer Kollegin (naja, eigentlich eher guten Bekannten inzwischen) in einem Online-Gespräch verabredet gewesen, wir wollten gemeinsam meine Stellenbeschreibung pimpen für mein Arbeitszeugnis. Wir sprachen dann in 3,5 Stunden über alles andere, was uns bewegt, was wunderschon war. Über die Stelle nur kurz, sind aber über weitere Schritte verblieben. Während des Gesprächs getrunken. Wenigstens nicht allein, und nicht in schlechter Laune. Trotzdem. Ja, kein Grund mich fertig zu machen. Aber auch kein Grund zum Feiern. Vorsichtig bleiben.

Mittags hatte ich mich mit einer Kommilitonin getroffen, wir hatten uns auch letztes Semester in einem Seminar getroffen, in dem wir untereinander psychologische Gespräche übten. Seither wusste ich, dass ihr Stiefvater derzeit zum zweiten Mal Magenkrebs hat. Sie fragte, wie es mir geht, und wie die Lage ist. Auch von meiner Mum erzählt. Im Falafel Laden angefangen zu weinen. Ich bin sehr traurig.

Morgen Nachmittag gehe ich zur Ärztin, die Krankmeldung holen, so lange wie möglich. Den Termin habe ich schon letzte Woche vereinbart. Ich kann viel wuppen. Aber für das, was da gerade in der Arbeit abgeht, hab ich keine Energie. Wie man in den Wald hineinruft... Ciao bitches.

[Edit] von meinem präferierten Institut Infomaterial zugesendet bekommen, nachdem ich mich für deren Infotag im Herbst angemeldet hatte. Sehr detaillierte Kostenaufstellung. Da hats mich aber vom Stuhl gehaun. Im Schnitt liegen die mir bisher bekannten Kosten für eine TP Ausbildung je nach Institut um die 30.000 Euro. Bei denen liegen sie um die 54.000. Das muss ich mir nochmal anschaun. Wäre jetzt echt richtig scheiße, wenns am Geld scheitert. Aber 54k???

[Edit 2] Die Chemo meines Vaters startet nun doch erst nächsten Montag. Von da an alle 2 Wochen eine 24-Stunden-Infusion, die er mit nach Hause bekommt, über 8 Wochen hinweg. Ich bete, dass er die Chemo einigermaßen verträgt. Bin dankbar, dass er den Ratschlag mit der Ernährungsberatung vom Arzt angenommen hat. Er sollte auf keinen Fall Gewicht verlieren. Ich bete. Bete bete.

[Edit 3] Also ich habe auch keine 30.000 Euro. Nur, dass keine Missverständnisse entstehen. Wie ich das machen will? Keine Ahnung. Aber bisher hat immer alles irgendwie funktioniert. Also wird das schon.

[Edit 4] NTM: endlich um Masterarbeit und Praktikum kümmern, und weitere TP Ausbildungsinstitute prüfen hinsichtlich Inhalte und Kosten.

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