Montag, 27. Februar 2017
Jetzt will ich mal meine Sicht der Dinge darstellen.
Das läuft ja jetzt alles schon länger nicht so, wie ich mir das vorstelle. Der Service hat deutlich nachgelassen. Ich weiß nicht wo das hinlaufen soll, mit diesem Personal, und dieser Tag heute… also der hat mir den Rest gegeben.

Heute Morgen habe ich zuerst wieder versucht mit wildem Geschlecke auf mich aufmerksam zu machen. Das ist inzwischen mein Trick 17, denn davon wacht sie vor dem Wecker auf. Chrchrchr. Wenn sie dann aus ihren verquollenen Augen blinzelt, kuck ich sie unschuldig an wie ein kleines Lämmchen. Blöderweise nutzt sich der Effekt langsam ab. Habe extra wild auch meine Brust geleckt, und mit meinen Pfoten mein Mäulchen gerieben. Aber Madame hat einfach weitergedöst.

Nach dem 3. Snooze dann also ein Strategiewechsel. Lieber mal quer übers Bett springen, auf dem Kopf rumtrampeln und kreischen. Gnihihihi, ich finde es immer so lustig, wenn ihre Haare dann ziepen und sie ganz giftig schaut. Aber dazwischen immer ein bisschen Köpfchen geben und schmusen. Zuckerbrot und Peitsche, Sie wissen schon.

Irgendwann erhebt sich dieses unerträglich morgenlethargische Koloss und kommt ihrem Dienst nach. Vorsichtshalber dreh ich mich auf dem Weg zur Küche ja immer wieder nach ihr um und rufe verzweifelt, damit sie nicht noch auf die Idee kommt unterwegs ins Bad abzubiegen. Leider meistens vergeblich.

Immerhin gibt’s dann gefühlte Stunden später endlich das Schälchen. Das ganze auf einmal, seit neustem! Da hat sie vielleicht endlich mal einen Ratgeber in die Hand genommen, oder einen Profi gefragt. Hat ja sicher keine solide Ausbildung genossen, die Gute. Danach tu ich dann immer noch ein bisschen so, als hätte das nicht gereicht. Vielleicht hat sie ja vergessen, dass es das ganze Schälchen war, und legt nochmal nach. Ist aber leider wie mit dem Weg in die Küche.

Irgendwann geht sie an den meisten Wochentagen, und ich … naja so blöd das jetzt hier zu verraten bin ich auch nicht.

Wenn sie wiederkommt, bin ich schon in Überfallstellung. Wobei, manchmal verstecke ich mich auch und tue ganz gleichgültig, nur um sie dann aus dem Hinterhalt mit einem ordentlichen Katzengesang zu beglücken. Wird meistens direkt mit Futter belohnt. Sie nennt es sich freikaufen, aber ich kann mir jetzt nicht vorstellen, dass meine Stimme wirklich wie eine „rostige Gießkanne“ klingt, wie diese undankbare Person so oft behauptet.

Heute gibt es jedenfalls erstmal kein Futter, ich hab mich aber auch mal zurückgehalten, und so existieren wir am Nachmittag friedlich nebeneinander, bis sie…. Ja… packt sie denn da jetzt nicht echt schon wieder diese Box aus? Ne. Ne ne ne. Oooohne mich. Hee.. nein… nicht von oben reinschieben… oh… nein… oh… oh zu ist die Box. Ich mache große Augen wie ein verhungerndes Kind in Afrika. Ich mein, bin ich ja auch. Nur eben kein Katzenkind mehr, und in Europa. Aber ansonsten…. Ha. Da, ihre Gesichtszüge werden ganz weich und sie spitzt so die Lippen. Gleich hab ich sie soweit. Noch einmal kläglich Maunzen… und schon… oh. Ne. Jetzt hebt sie die Box hoch. Oh Gott, wie das schwankt, hoffentlich geht’s nicht wieder in den Schulbus. Das war die Hölle auf Erden. Diese Blagen!

Immerhin ist es heute ganz mild draußen. Hm hm. Ich schone vorsichtshalber mal meine Stimme. Wer weiß was noch kommt. Da kommt zumindest schon mal der Bus… Phu… zum Glück nicht so voll, und zum Glück keine Kinder! Erstmal ein bisschen entspannen.

Huch. Das kenn ich doch hier? Das… ähhh iihhh neeeeee… dieser Geruch… wie beim Tierarzt! Lieber mal Ohrenanlegen. Ja Jesses, diese dämlichen Hunde, wer hat die denn hier reingelassen? Phu wie das stinkt…. Frauchen scheint aber im ignore-Modus zu sein.

Und dann. Das männliche Monstrum! Am besten mach ich mich ganz klein und steif in der Box. Sollen sie doch sehen wie sie mich rausbekommen. Dieses falsche Aas… immer dieses Bariton-Rumgeflüster: „ooh na du bist aber eine Guuuute… ja sooo eine Braaaave… naaaa.. ich bin doch auch ein Guuuuter, zu mir kannst du kommen.“ Von wegen. Als hätte ichs geahnt: der Typ bedeutet einfach nichts Gutes. Schmeißt der da etwas an, das aussieht und klingt wie ein vibrierender F*rminator! Der hat ja nen Schuss. Ohne mich Leute, ich bin dann mal weg. He, lasst mich durch mit meinem kleinen zarten Katzenpopo, der ist doch so schmal, damit muss ich mich doch durch Frauchens Armbeuge durchquetschen können…… da spür ich schon die Kante… aber das Frauchen ist echt hartnäckig...

Mist, jetzt kommt noch so eine Frau mit blonden Locken. Die sieht total nett aus, aber fängt jetzt auch an rumzufaseln, ich sei eine Guuuute. Die glauben wohl, ich bin doof. Außerdem hat sie so eine Schlange in der Hand, die sie um meine Pfote legen will. Und jetzt nähert sich der Bariton-Hexenmeister mit diesem Vibratorkamm und… Scheisse mein Herz bleibt gleich stehen, ich dachte dieses Brummgerät sei schon der Galgen, da kommt der mit so einer Nadel an und will Blut aus mir „rauspumpen“. Rauspumpen! Zudem machen sie sich lustig über meine Position. Naja gut es ist wie ein halber Handstand, und ich versuche mit der freien Pfote meine Augen zuzuhalten, aber …chrchrchr… er bekommt so kaum Blut aus mir raus. Noch ein bisschen strampeln… Menno die sollen endlich aufhören zu lachen!

Phu… schnell zurück in die Box. Warum sitzen wir jetzt schon wieder in diesem Hundezimmer? Ich will nach Hause! Wir warten sicher nur noch auf den nächsten Bus. Und schon geht’s los, die Box schwankt und… oh nein, der Bariton-Mann! Schon wieder auf den Tisch???? Wenn mein Blut doch so toll ist, warum soll ich denn dann schon wieder aus der Box raus?

Und jetzt sagt der doch.. also das ist die Höhe. Da sagt der Typ: „Sie hat psychische Unstimmigkeiten.“ Und das Frauchen kniet sich vor mich, starrt mich an, und flüstert mir ins Gesicht: „Du bist depressiv!“ Also jetzt, ja, jetzt bin ich ganz sicher depressiv. Das wäre ja wohl jeder. Aber deswegen müssen wir doch.. heyyyy nein nicht schon wieder eine lange Nadel! Bariton-Mann schießt eine Beleidigung nach der nächsten ab: „Mit dem dicken Popo spürt die das gar nicht.“ Das ist doch der Gipfel! Und das Frauchen macht da einfach mit. Schmort in der Hölle, jawohl, mögen euch Giftpfeile aus meinen Augen treffen psiiuuu … psiiiuuuuu! Pffff.... Das kratzt die gar nicht. Plaudern fröhlich über meine Hormone und ausgebaute Gebärmutter... wie peinlich, wirklich. Ich bleibe lieber als winzig kleines Knäuel in der letzten Boxecke, bis wir diese Kammer des Schreckens verlassen.

Es schwankt auch gleich… haaaa! Frische Luft. Ich werde wieder abgestellt. Ich glaube das ist eine Haltestelle. Ein kleiner Junge sitzt da mit seiner Mama. Der Junge sieht mich und ruft: „Mama, eine Katze!“ Vielleicht versteht das Kind meine verzweifelten Augensignale: SOS! SOS! Frauchen ist total aus dem Häuschen, weil sie den Jungen so süß findet, und der Junge stellt 1000 Warum-Fragen, und seine Mama redet mit ihm auf Französisch, er antwortet aber hartnäckig auf Deutsch. Frauchen und der Junge verstehen sich blendend. Irgendwann sagt das Frauchen: „ich würde dich sie gern streicheln lassen, aber dann haut sie ab.“ Oh! Ich bin hellwach! JA! Wurde aber leider nichts.

Gleiche Prozedur zurück. Bis ich endlich wieder das Zuhause rieche. Ich kanns kaum glauben, bin fix und fertig und so erleichtert, dass ich total vergesse sauer auf das Personal zu sein.

Die nächsten Stunden sind sehr gemütlich… bis es fast das Fenster ins Wohnzimmer haut. Wo kommt denn dieser Sturm plötzlich her? Am besten mach ich mich flach wie eine Flunder. Ich versuche ja immer mit dem Fußboden zu verschmelzen, aber es klappt noch nicht ganz. Durchaus ansatzweise! Jedenfalls bin ich fest davon überzeut, dass mich keiner sieht, wie ich rumflunder.

Hmmm hmhm... hab jetzt echt lang drüber nachgedacht, so in Flunderposition auf dem Küchenboden, aber... Leute, mit mir und dem Tag wird das heut nix mehr. Ich flunder in den Zwiebelschrank. Weiß ja jeder wie das funkioniert: seh ich euch nicht – seht ihr mich nicht. Gute Nacht.