Donnerstag, 10. Mai 2018
Vertraut.
Als ich ihm schreibe dass ich auf dem Weg bin und mich beeile, überträgt es die Nachricht nicht. Er hat sein Handy aus, denke ich, pennt und hat es vielleicht vergessen.

Dabei scheine ich vergessen zu haben, dass er mich nicht vergisst. Auf dem Gehweg vor dem Haus riecht es streng nach Kiffe. Ich kette mein Fahrrad an. Drehe mich um. Er steht über mir auf einem Balkon, winkt und sagt etwas, das ich nicht verstehe weil ich noch die Kopfhörer im Ohr habe, das Set von Gabriel Ananda laut aufgedreht. Warte, rufe ich hoch, ich kann dich noch nicht hören, die Musik ist so laut. Er geht rein in die Wohnung. Kurz darauf summt die Tür und ich kann sie aufdrücken.

Wir drücken uns. Er hat graue Haare im Bart. Dünn ist er. Kiffedunst in der Wohnung. Auf dem Wohnzimmertisch qualmt eine Tüte im Aschenbecher, daneben steht ein großes Glas mit dem obligatorischen Wodka-Bull. Billig Wodka und billig Bull, aber immer mit Eis. Ich muss lächeln. Es ist so schön ihn zu sehen. So unendlich vertraut.

Wir unterhalten uns. Über alles mögliche, den Tod seines Vaters, Thailand, sein Leben, mein Leben. Aber eher sein Leben. Ich war schon einmal in dieser Wohnung, ein einziges mal. F. und ich saßen auf dem Sofa, sein Vater schräg gegenüber im Sessel und motzte über F.'s (Finanz-) Chaos, und ich musste leider beipflichten. Danach soll sein Vater zu ihm gesagt haben: "die ist nichts für dich. Sie hätte sonst zu dir gestanden und für dich Partei ergriffen." Das tut mir bis heute leid. Es ist schwer zu dem zu stehen, was F. so verbockt. Nicht nur finanziell Und ich bin froh dass mich das alles nichts angeht und ich ihn inzwischen einfach so annehmen kann wie er nun mal ist. Weil Distanz zwischen uns ist.

Einige schöne Stücke kann ich mir gut vorstellen, aber ich möchte erst ausmessen bevor ich mich festlege.

Beim Verabschieden 2 Stunden später drücken wir uns länger, fester. Ich hab ihn sehr sehr unfassbar gern.