Samstag, 28. Mai 2016
Narkosegespräch.
Dieses Gespräch mit dem Anästhesisten hat mich heute dermaßen geflashed, dass mir gar nichts dazu einfällt. Es war so ziemlich das Gegenteil von einschläfernd und hat über zwei Stunden gedauert.

Er war für mich die Kategorie Mann, die ich in einer dieser furchtbaren Apps (getestet - ja is echt furchtbar) wegklicken würde. Nach diesen zwei Stunden hätte ich mich aber wahnsinnig gerne in seine Arme und nicht zuletzt auch auf die Liege mit ihm gestürzt. Keine Ahnung wie er das gemacht hat. Der kennt jetzt mein halbes Leben. Frau Novemberregen hatte neulich von einem Mann im Vierersitz geschrieben, in dessen Augen man fallen konnte.

Dieser Mann heute ist in meine Seele gefallen. Einfach so. Und ich hab ihn reingelassen. Mitten im Gespräch meinte er auch: "ich hab Sie gesehen und wusste sofort: das wird ein geiles Gespräch." Es war absolut unglaublich. Eine irre Verbindung. Aber am meisten hat mich sein Blick auf Menschen berührt. Zu Tränen gerührt. "Müssen die Hormone sein", hab ich ins Taschentuch geschneutzt.. "Ja, klar..." Ja klar, ich wusste es auch besser. Glaube ich. Vielleicht lassen mich die Hormone aber auch gerade Typ "potentieller Vater" suchen.

Natürlich erwischt er mich in einer Phase, in der ich sehr aufgewühlt und sehr durchlässig bin. Aber ich muss sagen: das gefällt mir. Es war toll ihn so nah an mich ran zu lassen und mit absoluter Gewissheit zu spüren: dem kannst du vertrauen. Es war ein Gefühl, nach dem ich süchtig werden könnte.

Ich habe selten einen Menschen getroffen, der so einen wertschätzenden, liebevollen und doch nicht verklärten Blick auf Menschen hat. Noch nie einen Arzt, der mit einer solchen Leidenschaft seinen Beruf ausübt, und der so ein tiefes Interesse an den Menschen hat, die vor ihm sitzen. Er hat mich in dieser kurzen Zeit so tief berührt wie ich es nie für möglich gehalten hätte. Unser Gespräch wird mich noch lange begleiten und seine Fragen werden nachhallen.

Es ist schön zu wissen dass er es sein wird, der mich am Dienstag einschlafen und wieder aufwachen lässt.






Freitag, 27. Mai 2016
Follikel Farm.
Ich bin social freezer. Oder werde es sein, wenn diese Behandlung so weiter verläuft wie sie soll.

Als ich 14 war, dachte ich, dass mit 28 bestimmt alles viel leichter ist. Denn man trifft ja auf jeden Fall dann, wenn man den ganzen Pubertätsscheiss hinter sich hat (der einen nur auf das vorbereitet, was da unvermeidlich kommen wird), den einen Mann, und dann baut man ein Haus und kriegt Kinder, und es läuft eben so, wie es bei den meisten läuft. Ein Teil von mir war dabei immer skeptisch. Fand die Welt schon damals sehr fragwürdig und wunderte sich, wie er da jemals guten Gewissens ein Kind reingebären sollte. Außerdem demonstrierte mir meine Familie schon früh eindrücklich, wie Familien auch einfach scheitern können und was das mit Kindern machen kann. Aber das musste an meinen Eltern liegen, war mir sonnenklar, und ebenso, dass ich natürlich ganz anders bin und dass deswegen das mit dem Mann so kommt, weil es eben bei den meisten so kommt. Bei denen, die normal sind.

Nach einigen Männererfahrungen wuchs meine Skepsis. Da war irgendwas echt nicht so, wie einem das jeder erzählt. Viele viele Jahre der Irrungen und Wirrungen folgten, und mindestens ebenso viele Männer. Ab dem Alter von 26 steht das auch alles irgendwo hier in diesem Blog, online wie offline.

Was sich über die Jahre nie einstellte, war der eine Mann. Mit all dem drum herum und wie ich nun mal bin, wurde ich auch nicht ohne den einen Mann schwanger. Nie kam das dringliche Bedürfnis nach einem Kind. Gedanken - ja, aber kein tiefer Kinderwunsch. Und ich gelangte auch nie in die Situation wo sich mir die konkrete Frage stellte: Kind ja oder nein? Ok stimmt nicht ganz. Ich glaube ich habe 4 mal die Pille danach genommen, immer aus gutem Grund, um nur mal den kleinen Professor zu nennen. Einmal fragte mich dann der Jungbuscharzt, ob ich mir denn nicht vorstellen könne mit einem Mann zu sein, bei dem es vielleicht nicht so wichtig wäre die Pille danach zu nehmen.

Aber auch die Fragen des Jungbuscharztes, sein tiefes Seufzen und gelegentliches „Ich wünschte ich könnte Ihnen lernen, wie Sie mit Ihrer Körpergröße zu Männern aufschauen“ halfen nichts.

Wer will das auch schon, wenn das die Lösung sein soll?

Jetzt stehe ich hier, mit Fragen und Unsicherheiten. Will ich Kinder? Hätte ich schon welche, wenn das Männerthema nicht wäre? Alles um mich rum gebärt. Baut Nester, Familien, und manchmal auch Häuser. Manchmal lassen mich Besuche in ihren Häusern leer zurück. Warum, das weiß ich nicht genau. Ob es die unerkannte Sehnsucht meines Erwachsenen Ichs danach ist, selbst so etwas zu haben, als Mutter. Oder eine noch viel ältere Sehnsucht, so etwas selbst gehabt haben zu wollen, damals, als Kind.

Ich bin 36 Jahre alt. Meine Eier werden nicht besser. Vielleicht meine Beziehungen. Aber das weiß ich nicht. Ich möchte diese Chance nicht vergeben, auch wenn es spät ist. Es gibt keine Garantie, keine Sicherheit, nichts. Ich erkaufe mir teuer das Wissen zumindest alles getan zu haben, was ich tun konnte, um eine Option auf einen Fuß in der Tür zu haben. Eine winzige Wahrscheinlichkeit. Ich kaufe mich frei von dem Druck der biologischen Uhr, der auf mir lastet mit 36 partner- und kinderlos zu sein, ohne das jemals bewusst so entschieden zu haben. Ich wollte es nie vertagen. Es kam einfach, wie es kam.

Seit Samstag spritze ich mir jeden Abend Hormone in den Bauch. Seit Mittwoch und den Ultraschallbildern ist mir erst richtig klar, was ich da eigentlich tue. Es ist ein komisches Gefühl. Aber nie ein Zweifeln. Ich habe nicht vor mir das dann mit 65 einsetzen zu lassen. Aber ich bin eben auch einfach noch nicht an dem Punkt eine potentielle Mutterschaft (auch jenseits der konventionellen Familienkonstellationen) aufzugeben.






Donnerstag, 19. Mai 2016
Vielleicht hab ich Lepra. Ich wunder mich nur noch.






Donnerstag, 19. Mai 2016
"Danke für deinen Anruf. Mit dir zu sprechen hat den Tag dramatisch aufgewertet. Schönen Abend! LG"

Und das hat meinen Tag dramatisch aufgewertet. Wird der Mann des Jahres für mich. Aus noch anderen Gründen, über die ich so froh bin. Und das ganz ohne Sex.

Seelenheil ~ ... link (0 Kommentare)   ... comment





Dienstag, 17. Mai 2016

Aus dem Leben ~ ... link (0 Kommentare)   ... comment