Mittwoch, 10. Juli 2019
Über das Studium auf die Doku "Elternschule" gekommen. Für mich hochgradig verstörend.

 
Den Horrorfilm? Gucke ich mir lieber nicht an.

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@lagerfeuerromantik: in dieses Genre könnte man diesen Film vielleicht packen, ja. Ist ja sehr umstritten. Die einen sagen so, die anderen so.

Manchmal heißt es ja, dass Menschen ohne Kinder so etwas nicht verstehen oder nachvollziehen können. Allerdings waren wir ja alle mal selbst Kinder. Und ich selbst wurde in die Kategorie "schwierig" und "anstrengend" gesteckt und war aufgrund diverser Verhaltensauffälligkeiten schon vor der Einschulung bei einem Psychotherapeuten. Wenn ich mir vorstelle, dass er mit mir nicht seine einfühlsame Spieltherapie durchgeführt hätte, sondern diese oder ähnliche Szenarien, da zerbricht das Kind in mir. Kinder sind Symptomträger. Es ist mir schwer vorstellbar, dass hier jemand "gesund" rauskommt (wenn auch sicher "brav").

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Also ja, gute Entscheidung, ihn nicht anzusehen. Denn was ich mir durchaus vorstellen kann ist, dass er für Menschen mit Kindern doch noch schwerer auszuhalten ist.

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Ich bin vom Fach und Mutter. Was ich in dieser Klinik sehe ist seelische und körperliche Gewalt. Völlig indiskutabel.

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@mascha: weißt du, warum die so praktizieren dürfen?

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Bisher nicht, haben wir uns im Kollegenkreis aber auch schon gefragt. Es gab wohl Anzeigen gegen die Klinik, die aber abgewiesen wurden.

Ich fand so vieles verstörend beim Anschauen, kann ich gar nicht alles aufzählen. Das Personal, das nicht mit den Kindern spricht und die Ausstrahlung eines verbitterten Kühlschranks hat. Keine Empathie, kein Erklären, keine Wärme. Das brutale Festhalten beim Essen. Die Kinder sollen einfach nur funktionieren, zur Not mit Zwang. Das Ignorieren und Brechen sämtlicher kindlicher Bedürfnisse nach Sicherheit, Zuwendung, Bindung (gerade bei den ganz Kleinen). Der Therapeut, der ein junges Mädchen zwingt, bei ihm an der Hand (einem fremden alten Mann wohlgemerkt) im Park Runden zu drehen. Absolut widerlich.

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@mascha: ja, es ist wirklich schwer erträglich. Genauso wie die Doku irritiert mich, dass die das mit Zulassung machen, also ganz legitim.

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Mich auch. Das ist definitiv kein "Standard" in der Kinder- und Jugendpsychotherapie. Auch nicht in der Psychiatrie. Gerade bei Eßstörungen gibt es sehr erfolgreiche verhaltenstherapeutische Möglichkeiten bei Kindern. Kenne überhaupt keinen einzigen therapeutischen Ansatz, der mit körperlichem Zwang oder seelischer Grausamkeit arbeitet. Dahinter stünde ja auch ein katastrophales Menschenbild.

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Ah - sehr interessant.

Na da kommen gleich die letzten 10 Jahre bei mir hoch und bestätigt mir, daß ich richtig damit lag, zu sagen, ich lasse mir nicht von einem Kleinkind mein Leben diktieren.
Gefühlte 100x wurde ein Treffen abgesagt, weil "Kind will jetzt bla" - unglaublich. (Dabei hatte schon die Gyn im Säuglingsalter gewarnt, sich nicht vom Kind manipulieren zu lassen. Für die Fisch.)


Großteils wirklich selbst proviziert, aber gut, daß man da nun auch hilft, wieder rauszukommen.


Bei fast allen Kindern im Freudeskreis ist ein Elternteil aus dem Schlafzimmer ausgezogen. Das ist doch nimmer normal...
Nun ja...

Ach und mein Liebling "antiautoritär" - ja, auch so eine Sache...

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Es gibt zum Glück ein großes Spektrum zwischen seelischer Gewalt (wie in dieser Doku stellenweise gezeigt wird) und anti-autoritärer Erziehung.

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Absolut.

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Und es gibt einen Haufen Kinder, die nicht nur ihre Eltern schwerst am Gängelband durch die Gegend schleifen und erpresserisch terrorisieren.

Da kann man schon mal 2 Schritte zurück gehen und sich Hilfe holen. Um Hilfe zu bitten ist nie verkehrt und soweit ich das bis jetzt beobachte, werden die wenigstens bloß durch die Geburt ihrer Kinder zu Erziehungsexperten.

Antiautoritär kommt in dem Film eher nicht vor - aber ich kann ihn mir auch noch ein drittes Mal ansehen...

Aber ich seh schon - das wird eine "aber mein Hund MAG einfach keine Leine"- Geschichte...

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@sid: "Da kann man schon mal 2 Schritte zurück gehen und sich Hilfe holen."
Auf jeden Fall! Das mag ich den Eltern auch gar nicht absprechen, im Gegenteil. Was ich aber doch diskussionswürdig finde, ist die Art der Hilfe.

Die Kinder kamen ja sehr wahrscheinlich auch nicht so auf die Welt. Sie sind oft Symptomträger dessen, was in ihrem Umfeld falsch läuft. Ich halte persönlich halte es für völlig falsch dem Problem so zu begegnen, wie die Klinik in der Dokumentation es tut. Auch ich denke dass es wichtig ist wenn, wenn Kinder Regeln und Grenzen kennen - weil das Sicherheit und einen Rahmen gibt. Das allein reicht aber nicht. Es gibt zuhauf wissenschaftliche Befunde über die Bedeutung von Nähe, zuverlässiger Bindung und liebevoller Fürsorge. Und was dort passiert, hat weder etwas mit Regeln oder Grenzensetzen zu tun, noch mit Fürsorge. Ich finde es ganz schlimm und grausam.

Außerdem wage ich mal die Behauptung, dass das auch nicht die Kinder verkackt haben. Mein Kindertherapeut meinte damals zu meinen Eltenr, dass ich die Schwierigkeiten der Ehe widerspiegel und das was dort alles abläuft - obwohl oder vielleicht auch weil meine Eltern das nicht vor uns ausgetragen haben.

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Nun ja, der eine Junge hatte ja klar ein Trauma von ärztlichen Behandlungen. Aber auch da muß man helfen und kann nicht zusehen, wie alle kaputt gehen.
Die andren waren teils überbetütelt. So wie die eine Mutter meinte, das Kind bräuchte vielleicht nicht, aber sie hätte das notwendig. Und dann gehts mit der Spirale schon los. Eine andre Art von Helikoptereltern, wo´s halt wirklich aus dem Runde läuft.

In der Doku sah man vor allem Kleinkinder, die noch nicht (viel) sprachen. Wie soll denn ein Säugling oder ein Kleinkind sich ausdrücken?

Als der Arzt mit dem Mädchen um den See ging, sah man doch sehr gut, daß es nur um Symptome und Machtspielchen ging.
Das Mädchen selber war nicht verängstigt. Es sollte nur etwas machen, es es gerade (so) nicht wollte. Die Sache mit der Haube war ja sehr bezeichnend.

Gut fand ich das Gespräch zwischen den zwei Müttern, als die eine klar gesagt hat: wie soll es dem Kind gut gehen, wenn es mir nicht gut geht - wir müssen umdenken.
Schlafengehen ist teils ein ganz großes Thema und Druckmittel.

Man weiß ja nie, wie das zusammengeschnitten wird, aber bei der Nachbesprechung machten alle (gezeigten) Kinder einen glücklichen Eindruck und waren nicht verängstigt, wieder dort zu sein.
Das Mädchen S., das sich davor noch nicht mal selbst das Unterhemd anziehen konnte/wollte, hat sich sogar die Schuhe selbst zugemacht.


Daß Kinder nicht mitbekommen, wenn Eltern Probleme haben, nur weils nicht VOR den Kindern besprochen wird, ist ja ein ewiger Irrtum. Kinder haben schon sehr feine Antennen.

Aber das ist wie mit dem Hund, der bei Tisch bettelt. Der sucht sich dafür auch immer das schwächste Glied aus.

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@sid: für mich sieht es eher so aus, als würden Kinder gebrochen werden. Klar funktionieren die danach. Mich würde interessieren, was später aus ihnen wird und womit sie zu kämpfen haben. Aus meiner Sicht kann und darf reines "gehorchen" (sagt ja auch das eine Mädchen, als sie gefragt wird, was sie dann zu Hause machen soll: "hören") kein Erziehungsziel sein. Mir scheint es, als sollten die Kinder einfach überangepasst sein und somit die eigentliche Ursache (die m.E. nicht im KInd liegt) kompensieren. Furchtbar. Würde mich interessieren, wie es denen später erging. Ich kann mir wie gesagt nicht vorstellen, dass sie das gesund überstehen. Wer sie sind und was sie wollen, das sollen und dürfen sie sich ja scheinbar (so zusammengschnitten) gar nicht mehr fragen.

Es gibt durchaus andere Methoden als die gezeigten, um Eltern und Kindern Hilfe anzubieten.

Mich schauderts. Wie gesagt: ja, die benötigen Hilfe. Ja, es es völlig legitim um Hilfe zu bitten. Und: die dort gezeigte Hilfe widerstrebt meinem Empfinden von Menschlichkeit.

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Und er sagt, das macht kein Kind und wenn dem so wäre, daß ein Kind nur hört, dann wäre ihm das suspekt.

Ich kenne so viele Fälle, wo das Kind schon als Säugling gelernt hat, die Eltern (u.a.) springen zu lassen und wenn man das nicht zeitgerecht abstellt, ja was dann passiert, weiß ich leider auch.

Schuld danach haben IMMER die Kindergartenleute, die Lehrer und ich weiß nicht wer, aber daß die Eltern verabsäumt haben, Regel aufzustellen, grenzen zu setzen und die einzuhalten - nun ja, man kann dazu tausende von Büchern lesen.

Man darf nicht vergessen - die Klinik behandelt Extremfälle. Nicht einfach mal "wir haben hier oder da ein kleines Problem" und man sah sehr wohl Kinder und Eltern "danach".
Und ja, es mag andere Methoden auch geben. Aber sieh Dir mal die ganzen Hundeblasendungen an. Der eine machts so, der andre anders - und egal, wenn Du gut findest, Du wirst tausende Meinungen dagegen finden.

Btw. hast Du das Filmgespräch gesehen?
Das sollte man VOR dem Film sehen (kann man auch danach), das klärt einiges.

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Bevor er das sagt, lacht er aber sehr verunsichert,

Es fällt mir zudem schwer, ein Kind mit einem Hund zu vergleichen. Und den Einsatz von psychischer Gewalt finde ich auch dann nicht gut, wenn man mir erklärt warum man sie anwendet (das Vorgespräch ändert für mich daran nichts). Vor allem, wenn es Alternativen dazu gibt. Da kann ich nicht nachvollziehen, warum man Gewalt befürwortet. Welches Kinder-/ Menschenbild liegt dem zugrunde?

Er spricht ja z.B. in dem Vorgespräch davon, dass Eltern sich schuldig fühlen und er das direkt ansprechen würde, und dass die Eltern nicht schuld seien und die Kinder auch nichts böses wollen. In der Doku vermittelt er in den gezeigten Ausschnitten aber den Eindruck, dass er den Eltern darstellt ihre Kinder seien bösartige manipulative Strategen, denen es scheissegal sei wie es ihren Eltern geht. Hm.

Es ging mir auch oben um das Grenzensetzen von Eltern, nicht von Lehrern etc.

Wir werden uns hier nicht einig, aber das ist auch nicht schlimm. Ich hoffe nur, dass diesen Film nicht Eltern sehen und gezeigtes in ihrem Alltag adaptieren.

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Für Menschen, die sich 2min länger damit auseinander gesetzt haben, sollte klar sein, daß es in der Doku um Extremfälle geht und nicht darum, solche Methoden im täglichen Leben zu verwenden.

Erziehung hat immer mit Grenzen und Konsequenz zu tun. Ob das nun Kinder, Kunden, Hunde, Katzen oder sonst wer/was ist - ist letztlich egal.

Aber ich stimme Dir zu, wir kommen hier nicht zur gleichen Meinung. Müssen wir auch nicht.
Bei "Mein Kind, Dein Kind" (ich will nicht diese Scriptpseudo- Sendung näher kommentieren) sitzen auch verschiedene Leute, die kommentieren und manchmal gehen die Meinungen da auch ganz weit auseinander.
Ich hätte die Doku vor 10-15 Jahren sicher ganz anders wahrgenommen als jetzt. Wahrscheinlich hätts mir auch die Schuh ausgezogen ; ))

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@sid: dieser Beitrag von Emil Zitlau beschreibt gut, worin auch ich die Problematik sehe.

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Ich habe 4 Minuten der Dokumentation ausgehalten, reicht das? Ich habe mir aber sofort Notizen gemacht, denn gleich am Anfang werden Prämissen gesetzt, auf denen, nehme ich an, der Rest beruht.

Nur zum Verständnis. Ich habe Biologie und Pädagogik studiert, weil ich von zwei Dingen gleichermaßen fasziniert bin: dem Leben und dem Besonderen des menschlichen Lebens.

Unser Gehirn hat das phänomenale Potential, unser Überleben zu sichern. Selbst, wenn es sein eigenes Leben zerstört, tut es sein Bestes, um das des Homo Sapiens Sapiens zu sichern.

Wir dürfen optimistisch sein.

T.C. Boyle hat die sowieso schon gut dokumentierte Geschichte vom "Wilden Kind" noch mal unglaublich gut nacherzählt.

Das Wilde Kind ist hervorragend an seine Umwelt angepasst.

Die Frage ist doch: Wollen wir das? Und: Wie wollen wir es haben? Und da fängt die Erziehung an.

Menschen brauchen Bindung, körperliche Nähe, Liebe, eine Lächeln, um sein Potential zu entfalten, andererseits wird es effektiv und erfolgreich, aber leider seiner Umwelt unfassbar auf den Sack gehen.

Unsoziale Menschen können hocheffektiv sein, aber sie gehen den Mitmenschen so auf die Nüsse, das jene (hoffentlich!) Grenzen setzen. Man hat ja dummerweise rausgefunden, dass Menschen, die andere Menschen in Grund und Boden demütigen, extrem empathiefähig sind, deshalb kennen sie ja die Schwachpunkte so gut. Blöd.

Meine Prämisse des Sozialen und Menschlichen ist: Jedes Kind hat absolute Liebe verdient. Die Grenzen setzen wir, weil wir es so wollen. Weil wir Erwachsenen unsere Grenzen haben.

Wenn der Film nicht in der ersten 4 Minuten das konkret und klar unterscheidet, sehe ich ihn mir nicht weiter an. Prämissen sind kein Sonderfälle!

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(Sorry okawanga, wird etwas länger.)

Es mag also sein, dass es sich um therapeutische Sonderfälle im Film handelt, aber dann ist das bitte im Film klar und deutlich hervorzuheben und herauszuarbeiten.

Das tut der Film nicht, sondern formuliert mit Schisslaweng einfach mal so was dahin und alle so: OOOOH!

Bullshit, das ist keine Pädagogik, das ist Sonderpädagogik, noch dazu Therapie. Das ist keine Elternschule, sondern Hardcoretherapie. Das ist ja so als würde ich eine Dokumentation über Wacken als allgemeine Dokumentation über Musik verkaufen.

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@lagerfeuerromantik: bitte nicht für Kommentare entschuldigen! Ich finde es gut und wichtig dass wir hier über diesen Film diskutieren.

Leider bin ich heute nicht mehr in der Verfassung für einen konstruktiven Beitrag. Glaube aber auch ich hab dem gar nichts mehr hinzuzufügen. Schaue mir das morgen nochmal an. :-)

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