Sonntag, 14. April 2024
Während ich hoffe, dass es irgendwie wieder ein bisschen besser wird, wird es irgendwie einfach immer schlechter. Mein Bruder möchte mich in die Situation mit meiner Mutter, ihrem anstehenden Umzug ins Seniorenheim (während sie Überweisungen an Dignitas tätigt - und das ist nicht die Organisation, die sie für den letzten Versuch kontaktiert hatte), der Wohnungsauflösung, Abstimmungen mit Diensten etc. involvieren. Ob ich nicht mal für ein Wochenende kommen könnte. Nein, sage ich. Nein, ich möchte nichts davon.

Er versteht es nicht. Fühlt sich allein gelassen. Ich verstehe nicht, warum er sich verantwortlich fühlt. Er sagt, ja wir sind die Kinder. Ich sage, das ist eine soziale Erwartung, ich selbst habe keine Kinder, ich werde auch ohne klarkommen müssen. Sie hatte in den letzten Monaten genug Geld sich ein neues Auto zu kaufen, Dignitas zu bezahlen, soll sie sich Umzugshelfer kaufen. Alles ist lösbar, ohne Kinder. Versuche ihm zu erklären, dass ich keine Kapazitäten mehr habe. Dass ich im November mein komplettes Leben inkl. Uni und Arbeit auf Eis gelegt habe, und das vermutlich mit dazu beigetragen hat, was währenddessen und danach in der Arbeit passiert ist.

Er findet das Gespräch anstrengend. Ja, vermutlich weil ich nicht einfach JA sage. Für mich ist die Abgrenzung auch viel anstrengender als ja zu sagen, in dem Moment. Er möchte dann nicht weiter telefonieren.

Ich schreibe ihm danach, dass es für mich mit Deutschlandticket 1 Tag Anreise in die Heimat bedeutet, und 1 Tag Abreise. Dass es ohne Deutschlandticket ein Scheiss Geld kostet. Dass ich ab Juni im ALG bin, von einem 2000 Euro netto Lohn. Dass ich selbst genug mit mir zu tun habe, dass ich kucken muss wo ich bleibe, weil es mir selbst einfach schlecht geht. Dass mir bewusst ist, dass er das alles nicht sieht, dass das auch okay ist, dass er mir aber bitte einfach glauben soll, dass ich nicht kann weil ich nicht KANN.

Ich glaube nicht, dass er es versteht. Mich belastet das, ich mag keinen Streit, aber ich KANN einfach nicht. Ich hab zig Sachen zu entscheiden und zu regeln, Motivationsschreiben und Bewerbungen zu schreiben, diese Scheiss Masterarbeit, das neue Semester startet, und ich selbst bin einfach nur froh dass ich aufstehe und irgendwie funktioniere. Weil ich mental einfach am Arsch bin, und ja, leider sieht man das von außen nicht. Vielleicht wäre es doch gut, aus den Ohren zu bluten.

Oft fühle ich mich unglaublich allein mit dem Thema. Mein Bruder will jemanden, der mitorganisiert. Ich würde mir jemanden wünschen, der zuhört. Der danach fragt, nicht nur nach der Masterarbeit. Ich quäle mich an dem Thema. Meine Mutter wollte sich umbringen, und scheinbar plant sie den nächsten Versuch. Ich finde das schrecklich, ich komme damit nicht klar. Ich weiß nicht, wie er damit klarkommen kann. Ich denke, auch weil er einfach einen viel schlechteren Zugang zu seinen Emotionen hat. Manchmal beneide ich ihn darum. Vielleicht ist das der Grund, warum er so viel rumorganisiert. Aber auch da: das muss er selbst wissen. Es ist nicht an mir, ihm aufzudrängen was ich für richtig halte. Er muss wissen, was für ihn selbst gut passt. Umgekehrt erwarte ich mir die gleiche Haltung und Akzeptanz.

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Donnerstag, 11. April 2024
Neulich las ich einen Artikel einer Frau, leider erinnere ich nicht wer und wo, die sich wünscht man würde mit psychischen Beschwerden beispielsweise aus den Ohren bluten. Damit man außen sieht, dass was nicht passt. Beim Lesen gedacht, wie sehr ich das fühle. Und heute dann so gedacht, dass es vor allem darum geht, wie ernst ICH es nehme. Auch ich kann momentan nicht verstehen und akzeptieren, warum es mir schlecht geht und tendiere dazu darüber hinwegzuwischen. Oder es zu übertünchen. Es würde mir leichter fallen, wenn ich aus den Ohren blute. Als ich vorgestern heftiges Nasenbluten hatte, z.B., da wusste ich sofort was zu tun ist und nahm mir alle Zeit dafür. Mit meinem Seelenheil bin ich trotz allen kognitiven Wissens manchmal wieder so überfordert, als sei es das erste mal. Ok, das was ich letztes Jahr erlebt habe, war in dieser Form das erste mal. Den Weg hin zur Depression erlebe ich aber nicht zum ersten mal. Diesmal ist es mir total bewusst, aber ich fühle mich völlig handlungsunfähig. Tue weiterhin, was ich tun muss. Das ist ja erstmal gut, und vielleicht auch wichtig. Aber das war schon oft mein Problem. Ich bleibe hochfunktional, in mir ist aber Dunkelheit. Ich mache weiter als wäre nichts, und mir fällt nicht ein, was zu tun ist, damit ich gesund bleibe.

Momentan hangel ich mich an Stichworten aus der Klinik entlang. Kein Rückzug! In sozialer Interaktion bleiben. Und zwar mit dem, was ich bin. Nicht mit dem was ich glaube sein zu müssen (Frühling = Sonne = gute Laune & happiness all over the place). Aber wer will sich das schon antun, denk ich mir. Einen traurigen Menschen im Frühling. Also Sport. Sport in der Gruppe. Hab ich regelmäßig. Muss man nicht viel von sich zeigen. Beim Tanzen vielleicht morgen ein kleiner Cry, das ist ok, unsere Tanzlehrerin weiß inzwischen ja bescheid wie tanzen mich bewegt. Im Grünen sein. Da ist definitiv Luft nach oben. Dabei hab ich doch jetzt den Roller. Eine Katze wäre gut. Sehr sehr gut. Muss warten. Vielleicht was im Tierheim machen? Meditieren. Und ja das wichtigeste wäre, das alles rauszulassen. Das fällt mir schon schwer, wenn ich alleine bin. Besser wäre es, das nicht allein rauszulassen. Das erscheint mir momentan unmöglich.

Was schreib ich hier überhaupt. Viel zu intim, denk ich mir. Manchmal fühle ich mich sehr vulnerabel mit dem Umstand diesen Berufswunsch zu haben und gleichzeitig ein solches Innenleben zu offenbaren.

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Sonntag, 7. April 2024
Liebe Leben lieben.
Der Frühling ist gestern volle Lotte in mich reingefahren. Also schon am Freitag. Und heute, am Samstag, lebt er sich voll in mir aus. Ich liebe es.
***

Gestern schöne Zeit mit Mimi.
Heute schöne Zeit mit V.
Morgen bestimmt schöne Zeit mit M.
***

Manchmal ist alles gut. Und wenn es auch nur Momente sind. Sie sind es wert.

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Dienstag, 26. März 2024
Eigentlich ist mir alles zuviel. Die Masterarbeit, bin wie blockiert, gar keine Kraft mehr, ich starre rein, das andere starrt raus, komme null voran, nicht mal Expose ist fertig. Panik, wenn ich allein an die Auswertungen denke. Das neue Semester ab Mitte April; die ersten Bewerbungsphasen für die Institute starten, bei dem einen ist Abgabe Ende April. Weitere Bewerbungen, für Institute und dann nach PT1 bzw. PT2. Praktikumssuche ab September, Pflichtpraktikum ist noch offen. ALG 1 ab Juni. Katinka geht es nicht gut, die Blutwerte schmieren ab. Zweiter Chemozyklus verschoben. Mein Vater ist so dünn. Es ist so komisch, die meisten denken, na jetzt ist er krebsfrei, also alles vorbei. So fühlt es sich für mich gar nicht an. Kein Kontakt zu meiner Mutter. Das war einfach eins zuviel im letzten Jahr. Von unterschiedlichen Seiten den Podcast "Justitias Wille" empfohlen bekommen. Ich schaff es gerade nicht mich mit dem Thema zu konfrontieren, gleichzeitig ist es natürlich ständig da, bewusst wie unbewusst.

Überhaupt, dieses Gepäck aus dem letzten Jahr, plus das was ansteht. Es ist mir zuviel.

Aber. Muss halt. Wird auch. Aber eigentlich will ich einfach nur ein halbes Jahr an die See oder in die Berge, Dinge tun, alles tun, außer das, was ich tun muss.

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Donnerstag, 7. März 2024
Gebot der Stunde.
~ Tocotronic - Kapitulation


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Donnerstag, 29. Februar 2024
Validierung.
Sobald ich den Termin mit Meister Yoda vereinbart hatte, wusste ich gar nicht mehr, wieso ich eigentlich hin wollte. Eigentlich ist doch alles okay. Oder? Ok, da sind die Existenzängste, die finanziellen, die beruflichen, die sonst irgendwie wie-solls-weitergehen-wie-willst-du-das-denn-alles-wuppen. Da ist die Masterarbeit, okay, ja. Und da ist das letzte Jahr. Schon wieder so weit weg.

Ein Teil von mir will ständig nur schlafen. Ständig. Ich bin unglaublich müde, fühle mich oft richtig krank. Wenn draußen die Sonne scheint, ist es noch schlimmer. Ich will fette graue Regenwolken, gegen die die Stimme, die behauptet wir müssen das Wetter nutzen, keine Chance hat. Warum bin ich nur ständig so dermaßen müde?

Auch als ich bei Meister Yoda auf dem Sofa im Wartevorraum sitze, könnte ich stante pede einschlafen. Also stehe ich auf, schaue aus dem Fenster. Vögel zwitschern, die Sonne lacht, der Neckar fließt seinen Gang.

Es ist schwer auf dem Herz, und Angst sitzt auf der Brust. Ich verstehe gar nicht so genau, warum. Liegt es an der Fülle an gleichzeitigen Dingen, die Zukunftsängste, und... vielleicht liegt es am letzten Jahr?Meister Yoda runzelt irritiert die Stirn, ja, das wollte er gerade sagen, also, da ist ja einiges vorgefallen.

Wir sprechen lang über den Tod von Eltern, über meinen Vater, über meine Mutter. Über diese ganze Situation mit meiner Mutter. Dass ich einfach keinen Umgang damit finde. Wieso geht es mir so schlecht?

Dem Gutachter habe er geschrieben, dass ich traumatisiert sei. Aufgrund der Ereignisse im letzten Jahr, und insbesondere aufgrund der Geschehnisse rund um meine Mutter. Schon aus seiner, distanzierteren Perspektive, sei es kaum zu fassen, was da geschehen sei. Das sei nichts, wofür wir Menschen etwas vergleichbares parat hätten, so dass wir vielleicht schon wüssten, wie damit umgehen. Ich muss lachen. Meinen Sie das ernst, mit der Traumatisierung? Oder ist das ironisch gemeint? Also echt jetzt: also, eigentlich war das doch vielleicht alles gar nicht so schlimm? Ich kann nicht glauben, dass das sein voller Ernst ist. Von so etwas kann man, also ICH, doch nicht traumatisiert sein!

Ich glaube, da ist ihm das Gesicht auseinandergefallen.
Und ich merke, dass ich wieder in einem sehr alten Mechanismus bin, der die Dinge wegpackt, weil er nicht weiß was er damit tun soll, und dann irgendwann verdrängt, wie schlimm es war, ist. Was soll ich denn aber machen, frage ich, also ich weiß einfach nicht was ich damit anfangen soll. Mir ein- und zugestehen, dass es mich beeindruckt hat, was dort geschehen ist. Dass es Eindruck hinterlassen hat, und dass ich nicht weiß, was ich damit tun soll. Das einfach eingestehen, zulassen.

Es klingt so banal. Ich will nicht, dass die Dinge einen solchen Eindruck auf mich haben. Meine Mutter hat schon so viel Einfluss auf mich gehabt. Ich will es nicht wieder. Nicht noch mal. Und doch, das ist wahr, ob ich will oder nicht, hat es natürlich Eindruck hinterlassen, und es ist kein Wunder, dass ich des Todes müde bin. Je länger ich dagegen ankämpfe, desto härter wird es - im Jetzt wie auch später.

Es war wichtig, mich daran erinnern zu lassen, dass es schlimm war. Diese Validierung meines Zustands zu erfahren. Noch sträubt sich in mir alles, die Versehrtheit einzugestehen. Dieses Sträuben ist das, was unmengen Kraft kostet, alle Energie raubt. Und Kapitulation war schon immer das, was mir am schwersten gefallen ist. Dabei habe ich sie in der Klinik als das heilsamste überhaupt erfahren.

Schritt für Schritt, flüster ich mir zu.

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Mittwoch, 28. Februar 2024
Tausend Tode gestorben, als gerade der Gerichtsvollzieher an der Tür klingelte. Ich solle bitte runterkommen, er müsse mir etwas zustellen. Nun klingeln hier ja immer wieder dubiose Gestalten, ich deswegen erstmal skeptisch rumgedruckst. Parallel zig Befürchtungen über mein Studium bis hin zu meiner Arbeitsstelle, Wohnungs- und Finanzsituation. Im Hirn abgescannt: wo gibt es kein Problem? Mir fällt nichts ein.

Bis der Herr meinte, er komme vom Notar, es gehe um den Widerruf der Betreuung meiner Mutter. Uff. Erst einmal Erleichterung, ich wusste, dass die widerrufen wird, aber kannte nicht das Prozedere. Dann geht alles ganz schnell, ich halte das notarielle Dokument in der Hand. Es ist ein komisches Gefühl, als würde sich meine Mutter weiter weg von mir bewegen. Ich kann nicht sagen, ob es sich gut oder nicht anfühlt. Ich werfe noch einen Blick in den Briefkasten. Da liegt ein Umschlag von meiner Mutter. So ein komischer Umstand. Mit Herzklopfen steige ich die Treppen rauf. Ich ertappe mich dabei, wie mein erster Gedanken bei vielen Dingen, die aktuell meine Mutter betreffen ist: hat sie es jetzt gemacht? Macht sie es bald? Hat das was mit ihrem Tod zu tun? Mit Abschied?

Ich habe das, was im November war, nicht verarbeitet. Vielleicht kann ich das auch gar nicht wirklich verarbeiten. Vielleicht kann ich irgendwann loslassen, wenn sie tot ist. Ich merke, dass ich einfach keinen Ausdruck finde für das, was das alles mit mir gemacht hat. Nicht nur der November. Sondern die ganzen letzten Jahre. Wie ich für sie empfunden habe, empfinde, wie es mir mit all dem geht. Es ist nicht einfach.

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Dienstag, 20. Februar 2024
Mein Vater mistet aus.
"Ich habe da noch ein Porträt von eurer Mutter gefunden."
"Wirf es bitte nicht weg, ich nehme es."
"Es ist noch eure Mutter, wie sie früher war."

Vor meinem inneren Auge sehe ich, welches Bild er meint. Sie sieht darauf so hübsch aus, fröhlich, und klug.

Ach Mama. Du fehlst mir.

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Dienstag, 16. Januar 2024
Aus Caroline Wahl "22 Bahnen", die Protagonistin erzählt von einer Zeichnung ihrer Schwester.

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Ich: "Letztens hat sie eine Ratte gemalt. Mit Insektenbeinen und mit dem Gesicht einer bösen lachenden Frau. Ich glaube das Gesicht unserer Mutter."
[...]
Vor der Bar bleibe ich stehen, tue so, als würde ich die Getränkeauswahl begutachten, hole die Rattenfrau lebendig vor meine Augen, und ihre Züge verändern sich, die Augenbrauen entfernen sich ein wenig voneinander, und das Lachen wird zu einem Lächeln, zu einem traurigen Lächeln. Da sind nur noch Reste von dem Zerstörerischen und Bösen, und in den Augen des Monsters blitzt ein bisschen Reue und ein zärtliches mütterliches Flackern auf.

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Dieser Abschnitt hat mich tief berührt. Ich weiß nicht, ob ich irgendwo schon einmal eine Darstellung gelesen habe, mit der ich mich hinsichtlich meiner Ambivalenz meiner Mutter gegenüber so sehr identifizieren konnte. Insondere in den Jahren nach der Schizophrenie-Diagnose, und in den psychotischen Phasen, hatte ich heftige Alpträume von meiner Mutter, in der sie stehts als etwas Monströses, Unmenschliches erschien. Solche Träume kamen nun wieder, in der Zeit vor dem doch nicht stattgefundenen assistierten Suizid. Alkohol, Tabletten. Auch wenn ich an meine Kindheit denke, bekomme ich zu manchen Situationen Gefühlen wie aus Alpträumen mit Monstern.

Und doch ist es die Mutter, die auch zärtlich sein konnte.

Egal. Besser als mit den Worten von Caroline Wahl kann ich es nicht ausdrücken.

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Donnerstag, 28. Dezember 2023
So dankbar zu sein, mit diesen Menschen.
Am Morgen einen Freund bei der Sargfeier betrauert. Einen langen und dabei so kurzweiligen Nachmittag bei einer Herzensfreundin im Krankenhaus verbracht, die unter enormen Chemo- oder Immuntherapie-unverträglichkeiten leidet. Des Freundes und der Freundin abends in geselliger Runde gedacht. Ich mag Menschen, die ihre Emotionen wahrnehmen und zeigen können. Das Leben ist so intensiv, in seiner Dramatik. Wir sind eine kleine schöne Schicksalsgemeinschaft, stellten wir vorhin fest. Das sind wir. Wir alle, die wir diese Zeit teilen. <3

~ Versengold - Haut mir kein' Stein

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