Sonntag, 31. Juli 2022
Search for belonging.
Ein kleines Lied zur richtigen Zeit. Nicht absaufen in dieser Dürre, schiens mich erinnern zu wollen. In Ordnung.


~ Hurts - Wonderful life

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Donnerstag, 21. Juli 2022
Liebe Mutzl...
... 6 Monate trennen mich nun von deiner Präsenz in meinem Leben. Es tut immer noch weh, vielleicht nicht mehr ganz so viel wie am Anfang. Ich habe sehr getrauert. Trauer immer noch. Viele Bilder gehen mir nicht mehr aus dem Kopf. Vor allem die, die mit Tierarztbesuchen verbunden sind. Zum Beispiel von dem Ultraschall ohne Narkose, so lieblos, bei dem anderen Tierarzt war das dann gar kein Problem, aber dort? es tut mir so leid. Die Bilder von deinen epileptischen Anfällen. Das Bild, wie du nach einer Narkose völlig hyperaktiv und desorientiert in der Wohnung randalierst. Das Bild, wo du mich nicht mehr erkannt hast und Angst vor mir hattest. Die ständige Medikamentengabe. Und dann natürlich das, wie du in meinen Armen einschläfst.

Eigentlich tut es immer noch genauso weh wie am Anfang.

Ich versuche mich von den Schuldgefühlen und Vorwürfen freizumachen. Von den vielen Fragen, was wann wie richtig war und was nicht. Von der Arroganz über Leben und Sterben zu bestimmen. Wieviel von meinem Verhalten und meinen Entscheidungen Ursache oder Auslöser waren. Ich weiß, geschehen ist geschehen. Und ich weiß auch nicht, ob ich anders entscheiden, anders handeln würde, wenn ich nochmal könnte. Vielleicht würde ich nicht in die Heimat umsiedeln. Vielleicht wäre das Ganze aber auch zum exakt selben Zeitpunkt in Mannheim losgegangen. Ich weiß es nicht, wir wissen es nicht, und es spielt auch gar keine Rolle. Denn du bist nicht mehr da.

Wie oft sperre ich noch die Tür auf, für eine Millisekunde ganz vorsichtig, weil ich denke du könntest direkt hinter der Tür sein, oder dass ich sonst deine Wasserschlüssel umstoße. In wie vielen Millisekunden geht mir am Schreibtisch durch den Kopf, dass ich kurz aufstehen und dich streicheln könnte. Ich denke auch gern daran, wie du hinter mir auf den Bürostuhl gesprungen und dich eng an meinem Popo gekuschelt hast. Jedes mal, wenn ich das Bett mache und dabei die Bettdecke aufschüttel, denke ich, ich muss die Decke so arrangieren, dass du am Fußende in eine Deckenhöhle schlüpfen kannst. Manchmal finde ich noch Haare von dir, ganz unerwartet. Was früher so nervig war, ist jetzt ein Moment großer Freude, denn es zeigt mir: du warst da.

Ich weiß, wir sollen und wollen Tiere nicht vermenschlichen. Für mich warst du eine kleine Katzenfreundin. Ganz eigen, mit eigener Sprache und eigenem Kopf. Und doch waren wir eng verbunden. Bis heute kann ich kaum glauben, dass du wirklich Verstecken mit mir gespielt hast, dass du das eingefordert hast. Genauso wie du eingefordert hast, dass ich dir die Wolldeckenhöhle auf dem Sofa baue, wenn die gerade nicht da war, weil ich selbst am Abend zuvor dort saß um fernzusehen. Dann bist du zu dieser Stelle getrabt, hast deine Pfote gehoben und aufs Polster getappst um zu sagen: ?Hallo, genau da jetzt bitte die Höhle wieder aufbauen, danke!? Und ich war noch nicht ganz fertig, da bist du schon reingesprungen in deine Höhle. Bis heute bin ich kindlich erstaunt, wie zwei Wesen völlig unterschiedlicher Spezies so gut miteinander kommunizieren, sich so gut verstehen können.

Neben all der Trauer ist auch eine große Dankbarkeit, dass ich dich in meinem Leben haben durfte. Ich habe so viel mit und an dir gelernt. In den letzten Monaten mit dir auch viel über Tod, Loslassen und Trauer. Nicht, dass ich das alles immer umsetzen, leben könnte. Aber ich habe mich viel damit beschäftigt und dadurch wichtigen Themen weiter angenähert. Weißt du noch, wie oft ich dir Mantren vorgesungen habe? Segensmantren, Gesundheitsmantren? Bis heute kann ich in der Yoga-Stunde Teyata Om Bekanze und Lokah Samastah Sukhino Bhavantu nicht mitsingen ohne an dich zu denken und ohne dass die Stimme verkrampft. Ich habe gelernt, dass es völlig okay ist, auch um Haustiere zu trauern. Dass ich mich dessen nicht schämen muss. Das ist etwas, das ich wirklich verinnerlicht habe. Diese Trauergruppe in der Klinik, und dass ich dort auch dir und mir soviel Raum geben durfte, dass die anderen Menschen so sehr Anteil genommen habe, das war ein großes Glück. Und dass ich dort der V. begegnet bin, denn ich denke, durch diese Gruppe sind die V. und ich uns sehr nahe gekommen, Trauer hat etwas sehr verbindendes. Und durch diese Trauer wurde mir klar, wieviel ich in meinem Leben nicht betrauert habe, jenseits von Selbstmitleid.

Oft sage ich mir, dass du allgegenwärtig um mich bist. Dass wir alle zu Erde werden, und Erde zu Luft und Wasser und Blumen und Pflanzen und wieder Erde und vielleicht bist du auch in mir. Es ist ein kleiner Trost.
Apropos Trost. Beim Verabschiedungsritual in der Klinik zieht jeder seinen Kraftstein. Ich zog ?Trost?. Diejenige, die den Stein gestaltet hatte, entschuldigte sich bei mir, dass ich ausgerechnet so einen komischen Stein gezogen hätte, sie weiß gar nicht, wieso sie den gemacht hätte. Ich sagte ihr, dass ich keinen besseren hätte haben können. Trost kann ich so gut gebrauchen, wegen dir, aber auch für so viel anderes, was ich endlich mit Trauer ansehen kann.

Danke, dass du da warst. Ich glaube, du hast mein Leben gerettet, und mir ist bewusst, wie pathetisch das klingt. Du warst mein Antidepressivum. Durch dich habe ich früh aufstehen gelernt, gelernt wie destruktiv Wut ist, ich habe gelernt Verantwortung zu übernehmen, voll und ganz, und ich glaube, dass es auch deine Reaktion war, als ich mal auf E nach Hause kam, die dazu beigetragen hat, das einfach nicht mehr zu tun. Ich habe mich vor dir geschämt. Du kamst mir so rein vor. Vielleicht hast du mir auch nur gespiegelt, was ich mir und meinem inneren, reinen Kern da eigentlich antue.

Ich wünschte, ich könnte jetzt noch mal an deinem Fell riechen, es fühlen, durchwuscheln. Du hast so gut geduftet. Im Allgäu kaufte ich mir ein Stoffmurmeltier, mit ganz weichem Fell. Als ich vor einiger Zeit nachts im Halbschlaf danach griff, erschrak ich, denn es fühlte sich so an wie du. Und mir fiel wieder ein, wie schön es war, nachts aufzuwachen, und du lagst neben mir, hast aufgekuckt, ich konnte mich in deine Pfoten einhaken, du hast deinen Kopf auf meine Hand gelegt, und dann haben wir weitergeschlafen.

Ich saß diese Woche lang neben deinem Grab, im Schatten unterm Apfelbaum, mitten im Vogelkonzert.

... Ach du weißt schon....

<3

~ Mogli - Earth

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Mittwoch, 29. Juni 2022
Am Freitag stand der erste Test an. Der war mir nicht so wichtig, die Uni ist nicht meine Prio 1. Wobei ich angesichts der Gesamtsituation hinsichtlich Masterzulassungen eigentlich inzwischen jede Uni priorisiere. Also: egal wo. Hauptsache, dass.

Der Test lief so la la. Ging mit einem 50/50 Gefühl raus, stieg in den falschen Zug, gelangte dann aber, dank des Fahrrads, doch noch nach Heidelberg zur Meditationsgruppe. Dort ist es toll. Übrigens liebe ich das 9 Euro Ticket. Ich kann in der Gegen rumgurken, mit meinem Fahrrad, kann am Ankunftsort direkt weiterradeln, oder auf andere Öffentliche umsteigen, ohne mir Gedanken über Tarife zu machen. Ich LIEBE es!

Am Samstag trat ich dann zu dem Test an, der mir sehr sehr wichtig war, und auf den ich mich - unter Berücksichtigung meiner zeitlichen und energetischen Kapazitäten - bestmöglich vorbereitet habe. Vor dem Test traf ich mich mit der ehemaligen Kommilitonin, die bereits seit einem Jahr an dieser Uni studiert. Sie zeigte mir Teile des Campus, die Uni ist wunderschön gelegen. Ich war ganz Feuer und Flamme. Das Geloder erlosch allerdings ganz schön schnell, als ich im Test saß. Zum einen saßen mit mir ca. 200 - 300 Menschen im Saal, von denen, einschließlich mir, ca. 5 Menschen Mund-Nasen-Schutz trugen. Wtf. Beim Freitags-Termin wurde penibel darauf geachtet und darauf hingewiesen, dass eine Teilnahme nur mit Maske möglich ist. Hier schien das nun absolut niemanden zu interessieren. Das wurde dann noch getoppt von den 100 Fragen. Ich kam mir vor, als wäre ich in einer Rate-Show ohne jemals den Bachelor absolviert zu haben. Meine Verzweiflung wuchs von Frage zu Frage.

Eigentlich wollte ich danach an der Infoveranstaltung teilnehmen. Dort sollten Infos zu Organisation und Ablauf des Masters vorgestellt werden. Ich war dermaßen deprimiert, dass ich dachte, das kann ich alles einfach nur in der Pfeiffe rauchen. Hirn und Herz waren fix und fertig.

Und dann geschah etwas tolles. Ich wollte nur noch weinen und bemerkte, wie ich kurz davor war den Pfad der Selbstzerfleischung zu beschreiten. "Du bist nichts, du kannst nichts, hast du nicht gut genug vorbereitet..."... Doch ich merkte, dass mich das zum einen sehr langweilt, zum anderen war mir das überhaupt kein Bedürfnis. Also suchte ich mir eine Bank im angrenzenden Wäldchen, weinte, und nahm mich innerlich sehr liebevoll in den Arm. Ich war enttäuscht, ja. Und das war auch völlig ok. Ich hörte tief in mich rein, was denn nun ein Bedürfnis des Anteils war, den ich während der ganzen letzten Tage mit Vorbereitung und Aufregung immer wieder vertröstet hatte. Er rief ganz laut: "Bitte lass uns das Münster ankucken, dann eine leckere Pizzeria aufsuchen und uns richtig verwöhnen." Gesagt getan. Von Minute zu Minute wurde ich versöhnlicher, und konnte dabei doch meine Enttäuschung und Traurigkeit zulassen. Es war so befreiend, diesen Weg zu gehen, und das ganz aufrichtig, ohne künstliche oder aufgesetzte Heiterkeit. Die Situation abgeben, wissend, dass ich sie nun nicht mehr beeinflussen kann, und dass ich mein bestes getan habe, und mich dann einfach um das zu kümmern, was in mir ist.

In all dem, was mir da durch den Kopf ging, und was ich in mir und mit mir tun konnte, merkte ich, wie viel ich aus der Klinik mitgenommen habe, und dass diese Saat ihre Zeit braucht, und dass diese Zeit aber auch kommt. Statt mich zu zerfleischen, genoss ich den warmen Spätnachmittag in dieser fremden Stadt. Erfreute mich daran, unterwegs zu sein, neues zu sehen, neues zu erleben, und weiterhin auf meinem Weg zu sein, mein Ziel zu verfolgen, auch wenn es vielleicht nicht immer gleich klappt. Und es schlich sich eine leise Hoffnung ein, dass bei anderen der Test vielleicht auch so kacke lief, und dass meine Bachelornote vielleicht ein bisschen was puffert, und dass ich vielleicht mit unglaublich viel Glück - Glück habe.

Egal wie es ausgeht. Diese Erfahrung war so wertvoll für mich. Vermutlicher wertvoller als jede Zulassung.

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Montag, 20. Juni 2022
Die Zimmergenossin aus der Klinik hat mir heute etwas wunderschönes geschrieben. Das war SO wohltuend. <3

Am Samstag lange mit dem Klinik-Crush telefoniert, dabei im schattigen Waldpark auf einer Bank gesessen. Das war auch sehr schön. Es ging, geht uns beiden momentan nicht so bombe. Und während wir uns ganz offen darüber austauschten und über ganz viele andere Dinge, spürte ich, wie mein Akku sich auflud und der Nebel im Kopf sich etwas lichtete, und das Herz weiter und weicher wurde. Ihm ging es genauso. Es war unser zweites Telefonat seit der Klinik, also da gibt es keinen Anbahnungsmodus, das läuft nicht unter Verknallt-/Dating-Dings. Einfach nur unter: "Wir müssen uns nicht viel erklären, weil wir etwas ganz Wesentliches gemeinsam erlebt haben. Ich bin da für dich, und du bist da für mich, danke."

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Donnerstag, 16. Juni 2022
Tanz der Glühwürmchen.
Den gestrigen Abend verbringe ich mit der M. im Biergarten. Auf dem Heimweg schiebe ich mein Fahrrad durch den naturstillen Waldpark. Es ist späte Dämmerung, etwa 22 Uhr, der Himmel noch nicht ganz dunkel. Zwischen den Baumkronen segeln Fledermäuse, ihre kleinen schnellen Körper zeichnen sich schwarz am Himmel ab, der von der untergegangenen Sonne noch leichtblau schimmert. Alles was ich höre, ist Knacken im Geäst, Gräser- und Blätterrascheln, und ein formidables Grillenkonzert. Dass ich in dieser Stadt einen so stillen Moment erleben darf! Ganz langsam gehe ich, fast gehmeditierend. Da sehe ich links und rechts in den Büschen, vor allem in denen auf Flussseite, unzählige Glühwürmchen tanzen. Ganz stumm bleibe ich stehen. Spüre die warme Sommernacht auf der Haut, höre und sehe der Natur zu und bin beseelt. Der Moment ist magisch. Während ich so dastehe und mich um meine eigene Achse drehe, fällt mir auf, dass die Glühwürmchen überall sind. Vor mir, neben mir, hinter mir. Ich weiß nicht, wie lange ich da stehe und staune. Irgendwann bahnen sich Lichtkegel ihren Weg durch die einbrechende Dunkelheit. Drei junge Frauen fahren an mir vorbei, sich fröhlich unterhaltend.

Ich schreite weiter durch den Wald und lasse mich von ihm und der Nacht umarmen.

~ Dominik Eulberg - Tanz der Glühwürmchen


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Dienstag, 7. Juni 2022
Missing.
Manchmal höre ich kleine Katzengeräusche. Als würde sie gurrend maunzen, wenn ich in die Küche gehe. Oder vom Nebenplatz aus fast geräuschlos Hallo sagen (am ehesten wiederzugeben mit einem leise geschmatzten "me- me"), wenn ich vom Tisch aufstehe.

Überhaupt ist ganz schön was los in mir. Das läuft noch richtig auf Hochtouren. Manchmal wieder alles nur wie hinter Plexiglas. Das müsste eigentlich inzwischen mein Indikator dafür sein, dass Kummer gespürt und Tränen geweint werden wollen. Ich übe.

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Montag, 6. Juni 2022
Heute habe ich mich mit einem Mitpatienten aus der Klinik getroffen. Er hat den gleichen Namen wie ich, nur die männliche Form, ist so alt wie ich, lebt in derselben Stadt, ist selbst für einen Mann sehr groß - so wie ich für eine Frau - weswegen mit ihm fälschlicherweise oft, wie auch mit mir, Stärke assoziiert wird, hat ein ähnliches Mutterthema, wurde (vermutlich genau deswegen) in der Klinik von der selben Person getriggert, Konfliktklärung inklusive, und hat sehr ähnliche Themen, insb. auch Sucht und Nähe(schwierigkeiten).

Irrer Spiegel.

Und ich merke wie gut es mir tut, mit Klinik-Leuten weiterhin im Austausch zu stehen. SO gut.

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Freitag, 3. Juni 2022
Hm.

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Dienstag, 17. Mai 2022
Es ist übrigens so, dass ich keine Zeitungen mehr lese. Momentan auch keine Tagesschau. Seit 9 Wochen. Die Welt steht immer noch. Und wenn sie untergeht, krieg ichs sicher mit. Hilft auch keinem, wenn meine emotionale Gesundheit den Bach runter geht. Mach ichs mir da leicht? Vielleicht. Endlich mal.

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Freitag, 13. Mai 2022
Mittags für 1,5 Stunden mit einer Bekannten in der Stadt getroffen. Ich finde es absoluten Horror, wie unsere Innenstädte größtenteils gestaltet sind. So unerträglich laut. Voll. Soviel Verkehr, schlechte Luft. Bin jetzt fix und fertig. Muss mir was überlegen, will nicht hierbleiben bis Semesterbeginn, und hoffe inständig, dass ich mit dem Master die Stadt wechsel. Wenn ich etwas in der Klinik gelernt habe, dann dass ich mich nicht mehr abfinden will mit Dingen, die ich richtig scheiße finde, mir nicht gut tun, mich krank machen. Mannheim gehört da inzwischen dazu.

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