Montag, 23. Januar 2023
Ein friedliches Gefühl trägt mich durch den Tag.

~ Dominik Eulberg - Set "Tüpfelsumpfhuhn"


Mumzi Wumzi. <3

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Freitag, 20. Januar 2023
Heute Nacht geträumt, dass meine Mutter umgebracht wurde. Sie lag vorübergekippt, wie ein kleines Bündel. Ich glaube, sie wurde erschossen. Es war markerschütternd. In der Zeit danach kam ich aus dem Schock nicht mehr raus. Ich durfte bei Rini wohnen und mitleben, und da war auch noch der kleine J., der inzwischen auch schon an die 40 Jahre alt ist, aber im Traum war er so klein wie damals, als mein Bruder und ich bei ihm Babysitten waren, vielleicht 5 Jahre alt. Er war ganz verwundert über meinen Zustand und ich hatte das Gefühl, er wollte mich dazu ermuntern, zu weinen.

Seit Montag habe ich so ein Ding, das meinen Schlaf trackt. In einem Seminar, bei dem es um Schlaf geht, hat die Dozentin uns angeboten, es auszuprobieren. Das ist sehr interessant. Ich habe schon seit Anfang des Semesters gemerkt, dass ich nachts oft aufwache, aber wie oft, und wie lang ich in Summe manchmal wach bin... Etwas erschreckend. Wenn ich mir die Schlafphasen so anschaue, ist es auch nicht verwunderlich, warum ich immer so viel und intensiv träume.

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Mittwoch, 18. Januar 2023
Glück ghabt.
Mitpatientin liest in unserer Messenger-Gruppe ein Kapitel aus Mariana Lekys "Kummer aller Art" ein. Ich mag ihre Lesestimme so gerne. Und es erinnert ich daran, wie sie, ein Mitpatient, ich und manchmal auch noch andere uns jeden Sonntag Abend um 20:15 Uhr zum gegenseitigen Vorlesen trafen. Wir sind alle drei Tatort-Kucker, und das war unser Ersatz. Es ist eine schöne, wärmende Erinnerung.
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Sehr intensive, anstrengende, bereichernde Therapiestunde gehabt. Ich wünschte, ich hätte danach nicht sofort in ein Arbeitsmeeting gemusst, hätte mir gerne einiges aufgeschrieben. Manches ist schon wieder so weit weg. Vielleicht denke ich gleich in Ruhe noch ein bisschen darüber nach. In Erinnerung ist mir geblieben, dass ich nach offiziellem Abschluss der Stunde noch etwas zur Psychotherapeutenausbildung in Tiefenpsychologie fragte: dass sich mir das alles doch schon als relativ komplex darstellt, mit der Psychodynamik, und ich vielleicht zu blöd dafür bin, und vor allem, ob das bei dem, was ich so mitbringe, nicht vielleicht auch gefährlich sei, ausgerechnet in diese Richtung zu gehen. Gefährlich für mich, oder gar die Patienten. Er lachte, nicht auslach-mäßig, sondern ganz herzlich, und sagte: "Frau Oka, die therapeutische Distanz verbietet es mir, Sie nun zu umarmen, aber ich sage es jetzt mal so: das dürfte für Sie überhaupt gar kein Problem sein. Im Gegenteil. Sie sind geradezu dafür prädestiniert. Das ist schon alles ganz gut, was Sie da vorhaben."
Das hat mich sehr gerührt.
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Arbeitsmeeting auch intensiv, und unglaublich schön: zum ersten mal seit Corona habe ich mein komplettes Team live mit Umarmen gesehen. Zum Abschluss waren wir noch gemeinsam Abendessen. So viel Glück, mit dem Team, mit meinem Chef. In all der Herausforderung um mich rum und an mich stellt meine Arbeit eine ungeahnt wichtige Konstante dar.
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Als ich heimkomme, spielt im Innenhof der Nachbarsjunge Fußball. Ich bleibe stehen, spreche ihn an, er erklärt mir ganz viel über Fußball und Fußballer. Ronaldo ist sein Favorit. Er zeigt mir verschiedene Schusstechniken für Elfmeter, und welcher Fußballer wie danach jubelt. Irgendwann ruft sein Papa ihn, aber er möchte mir lieber noch ein bisschen was zeigen.
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Gestern mit einer anderen Mitpatientin gesprochen, der N., meiner Zimmermitbewohnerin, die gerade durch Asien reist. Wenn sichs finanziell für mich ausgeht, treffen wir uns vielleicht auf den Philippinen. Danach gibts dann zwar ein Jahr lang nur noch trocken Brot, aber es wäre so schön, wenn das klappt. Nach unserem Telefonat schreibt sie mir eine Nachricht. Es ist so ein Glück, sie in meinem Leben zu haben. Überhaupt. Diese Klinikzeit. !
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Und dann habe ich so ganz allgemein einfach verdammt viel Glück, inmitten von all dem.

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Dienstag, 17. Januar 2023
Schon ein Stückl gegangen jetzt, ohne dich. Hätte nicht gedacht, dass es nach einem Jahr noch so weh tut. Gar nicht so oft trau ich mich an die ganzen Wochen und Monate vor deinem Tod zu denken, immer noch nicht. Probiere es häppchenweise. Tut weh, ist eigentlich kaum auszuhalten. Weiß gar nicht, wie ich es damals ausgehalten habe. Weil ich musste, wohl. Frage mich, wie es dann bei Mama wird, wenn es bei dir schon so arg ist, aber vielleicht ist es auch einfach ganz anders. Manchmal versuche ich mich auf Mamas Tod vorzubereiten, so wie sie es ja scheinbar auch macht. Aber es bleibt so, irgendwie, auf den Tod kann man (ich?) sich (mich?) nicht vorbereiten. Dachte damals, ich hätte schon soviel geweint in der Zeit vor dem 17., als hätte ich vorgetrauert. Aber das ist nicht so. Und eigentlich ist das bestimmt auch nicht sinnvoll, denn in der Zeit warst du ja noch da, so wie Mama noch da ist. Aber es ist schwer Wesen dabei zuzuschauen, wie sie gehen. Mir fällt es sehr schwer.

Naja ja, und jetzt bist du eben schon weg, eigentlich, so sagt man, aber ich glaube, auch das stimmt nicht. Ich weiß noch, wie oft ich während der Klinikzeit am Baumkreis saß, auf dem Hügel, auf der Bank, und immer, wenn ich dachte: so, jetzt denke ich ganz bewusst an dich, und lass die Trauer zu, dann ist der Wind in die Bäume gefahren, und es war ein großes Gerausche. Dann konnte ich weinen, und du warst da.

Ich höre manchmal immer noch deine Pfoten auf dem Laminat. Kucke, ob du in der Nähe bist, bevor ich hämmer oder sonst einen Krawall mache. Achte darauf, deine Wasserschüssel nicht umzustoßen, wenn ich zur Tür reinkomm. Und sehe dein lustiges Gesicht vor mir, du konntest so unglaublich fröhlich kucken. Vielleicht interpretieren wir Menschen aber auch einfach nur viel zu viel Menschliches in Tiere. Trotzdem könnte ich einen Riesenpack Lieblingsfutter darauf verwetten, dass du eine fröhliche Katze warst, und es ganz sicher auch noch bist.

~ Dirk Maassen - The Unforgettable




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Sonntag, 15. Januar 2023
Manchmal erstaunt und beglückt es mich, wenn Menschen sich so unerwartet in eine Richtung entwickeln und mit ähnlichen Themen beschäftigt sind, wie ich in den letzten Monaten. Neulich sah ich Crazy K., er war einige Tage in der Heimat, und ich hätte nie gedacht, dass wir mal ein solches Gespräch führen werden, wie wir es an diesem Tag geführt haben. Es ermutigt mich darin, weiter offen zu sein, mich zu zeigen wie ich bin, und Menschen aufzusuchen, die offen sind. Offenheit schafft Nähe - und wenn es sie nicht schafft, weiß man auch mehr als vorher.

[Damit sind nicht unterschiedliche Meinungen, sondern psychische Belange gemeint.]

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