Dienstag, 11. Juli 2023
Nach der ersten 24-Stunden-Chemo, von gestern bis heute Mittag, war mein Vater erst mal Schwimmen. Vorsichtig erleichtert. Vermutlich kann man einfach immer nur im Moment leben mit diesem Scheiss. Was noch kommt, wissen wir nicht, und uns vorher damit fertig zu machen, bringt nichts, deswegen, ja, nehmen wie es kommt, und freuen wenns gut ist.
***

Heute hatte ich die fünfte und letzte Stunde mit meiner Klientin, nachdem unser Gespräch letzte Woche eine unvorhergesehene Herausforderung mit sich brachte. Aber ganz gut hinbekommen, und mit der Supervisorin gut auf heute vorbereitet gewesen. Ich finde wir haben einen runden Abschluss gefunden. Könnte wegen mir jetzt direkt mit der Ausbildung losgehen, freue mich einfach nur krass darauf.
***

Bin sehr froh, dass mein Thera nun früher Zeit hat und wir am Donnerstag sprechen. Gerade das, was da gerade rund um meine Mutter stattfindet, beschäftigt mich sehr und braucht Raum. Ich weiß gar nicht ob ich davon erzählt hatte. Vermutlich nicht, oder nicht viel. Sie ist nun seit über 6 Monaten Mitglied in diesem Verein für Sterbehilfe und kann den Antrag stellen. Der besteht primär aus einem Schreiben, in dem sie ihre Beweggründe für diesen Wunsch schildert. Meine Mutter möchte, dass wir ihr dabei helfen diesen Antrag auf Sterbehilfe zu schreiben. Wichtig an dieser Stelle: es besteht kein physischer/ funktioneller Grund, warum das jemand für sie übernehmen sollte. Allein kriegt sie es aber nicht hin. Ja, warum wohl? Und: wie kann man denn sowas auf seine Kinder abwälzeb? Außerdem betonte sie zweimal, dass es ihr wichtig ist, dass uns dann in dem Moment, wenn es soweit ist, bewusst ist, dass sie stirbt. Ich sagte, dass ich das sehr interessant finde, und dass es doch letztlich entscheidender ist, das IHR in dem Moment bewusst ist, dass sie sterben wird.

Ich weiß nicht, auf wie vielen Ebenen ich all das sehr fragwürdig und mehr als problematisch finde. Gerade letzteres hat mich sehr hellhörig gemacht. Ich rieche geradezu die Verantwortung, die sie schon als ich Kind war auf mich abgeschoben hatte. Damals sollte ich ihr helfen zu leben. Jetzt zu sterben. Ich bin aber nicht mehr 10. Diesen Weg muss sie komplett selbst in die Hand nehmen. Aber da ist noch mein Bruder - und der hat nicht so tiefschürfende Erfahrungen mit ihr gemacht wie ich, und es klingt, als ließe er sich breitschlagen das niederzuschreiben, was sie diktiert. Ich habe ihn nach diesem Termin (ich war online zugeschaltet zu einem Gespräch zwischen meiner Mutter, ihm und einem Herren, auf den ich hier nun aus vielen rechtlichen und datenschutzbezogenen Gründen nicht weiter eingehen kann und will) nochmal meinen Bruder angerufen und versucht ihm darzulegen, wie wichtig es mir wäre, dass er sehr genau in sich reinhört, ob er das wirklich möchte. Was, wenn sie ihm irgend sowas sagt wie: "Danke, ohne dich hätte ich das nie geschafft!" Das klingt wie ein Kompliment, aber es ist so krass vergiftet. Danke, dass du mich hast sterben lassen. Ohne dich würde ich sonst noch leben. Ich weiß nicht. Kann man mit sowas leben? Vielleicht bin auch nur ich so krass sensibilisiert bei sowas, weil ich Jahrzehnte gebraucht habe, um die mir als Kind auferlegte Verantwortung und Bürde abzuschütteln und aufzuarbeiten.
***

Hier schließt sich noch mal ein bisschen der Kreis mit dem Thema Ausbildung. Also... ich habe bei meiner Klientin gemerkt, wie es sein kann, wenn sehr plötzlich Themen auf den Tisch kommen, die ich selbst in meinem Leben erfahren habe, und wie wichtig es ist, das dann zu erkennen und nicht auszuagieren. Es ist bisher ziemlich viel in meinem Leben passiert, und manchmal weiß ich nicht, ob das Fluch oder Segen sein wird. Aber bisher war ich froh, dass ich so gut nachvollziehen konnte, was das fürs eigene (Er-)Leben und Verhalten bedeuten kann.
***

Und übers Wetter red ich nicht.

Seelenheil ~ ... link (0 Kommentare)   ... comment





Freitag, 7. Juli 2023
Die Abende mit der Kommilitonin, deren Mama ebenfalls seit Mai eine Krebsdiagnose hat, sind so kurzweilig. Es ist toll Zeit mit ihr zu verbringen. Wir können über so viele unterschiedliche Themen reden, Gedanken und Emotionen austauschen, ganz unverstellt. Ich mag ihre Sicht auf die Welt, auf Dinge, auf Menschen. Denke immer wieder über einen Namen für sie nach, für hier, aber es passt einfach kein anderer als ihr eigener. Naja, vielleicht nenne ich sie einfach Hade. Als Abkürzung für Heidelberg, HD. Sie ist die mir näheste Person in dieser Stadt. Hade. Ne. Ne das passt echt gar nicht. Mimi vielleicht. Ja, ich nenne sie mal Mimi. Also: der Abend heute mit Mimi war mal wieder - schön.

Auf der Heimfahrt in der S-Bahn so gedacht: je mehr mein Blog hier verwaist, lesertechnisch, desto mehr prosperiert mein Umfeld. Ich bin so zufrieden damit, wie und welche Menschen ich in meinem Leben habe momentan, und welche ich habe gehen oder sich/mich distanzieren lassen. Es trägt, nährt, freut. Es ist gut.






Dienstag, 4. Juli 2023
Es war sehr gut, am heutigen Jour Fixe nochmal teilzunehmen, denn nun habe ich keinen Funken schlechtes Gewissen mehr, wenn ich da keinen virtuellen Fuß mehr reinsetze und immer wieder krank bin, bis ich irgendwann meinen letzten Arbeitstag habe.

Einfach nur W.O.W. Wie scheiße kann man sein.

Aus dem Leben ~ ... link (0 Kommentare)   ... comment





Montag, 3. Juli 2023
Leider heute das Antrinken nachgeholt. Für 18 Uhr mit einer Kollegin (naja, eigentlich eher guten Bekannten inzwischen) in einem Online-Gespräch verabredet gewesen, wir wollten gemeinsam meine Stellenbeschreibung pimpen für mein Arbeitszeugnis. Wir sprachen dann in 3,5 Stunden über alles andere, was uns bewegt, was wunderschon war. Über die Stelle nur kurz, sind aber über weitere Schritte verblieben. Während des Gesprächs getrunken. Wenigstens nicht allein, und nicht in schlechter Laune. Trotzdem. Ja, kein Grund mich fertig zu machen. Aber auch kein Grund zum Feiern. Vorsichtig bleiben.

Mittags hatte ich mich mit einer Kommilitonin getroffen, wir hatten uns auch letztes Semester in einem Seminar getroffen, in dem wir untereinander psychologische Gespräche übten. Seither wusste ich, dass ihr Stiefvater derzeit zum zweiten Mal Magenkrebs hat. Sie fragte, wie es mir geht, und wie die Lage ist. Auch von meiner Mum erzählt. Im Falafel Laden angefangen zu weinen. Ich bin sehr traurig.

Morgen Nachmittag gehe ich zur Ärztin, die Krankmeldung holen, so lange wie möglich. Den Termin habe ich schon letzte Woche vereinbart. Ich kann viel wuppen. Aber für das, was da gerade in der Arbeit abgeht, hab ich keine Energie. Wie man in den Wald hineinruft... Ciao bitches.

[Edit] von meinem präferierten Institut Infomaterial zugesendet bekommen, nachdem ich mich für deren Infotag im Herbst angemeldet hatte. Sehr detaillierte Kostenaufstellung. Da hats mich aber vom Stuhl gehaun. Im Schnitt liegen die mir bisher bekannten Kosten für eine TP Ausbildung je nach Institut um die 30.000 Euro. Bei denen liegen sie um die 54.000. Das muss ich mir nochmal anschaun. Wäre jetzt echt richtig scheiße, wenns am Geld scheitert. Aber 54k???

[Edit 2] Die Chemo meines Vaters startet nun doch erst nächsten Montag. Von da an alle 2 Wochen eine 24-Stunden-Infusion, die er mit nach Hause bekommt, über 8 Wochen hinweg. Ich bete, dass er die Chemo einigermaßen verträgt. Bin dankbar, dass er den Ratschlag mit der Ernährungsberatung vom Arzt angenommen hat. Er sollte auf keinen Fall Gewicht verlieren. Ich bete. Bete bete.

[Edit 3] Also ich habe auch keine 30.000 Euro. Nur, dass keine Missverständnisse entstehen. Wie ich das machen will? Keine Ahnung. Aber bisher hat immer alles irgendwie funktioniert. Also wird das schon.

[Edit 4] NTM: endlich um Masterarbeit und Praktikum kümmern, und weitere TP Ausbildungsinstitute prüfen hinsichtlich Inhalte und Kosten.

Seelenheil ~ ... link (0 Kommentare)   ... comment





Sonntag, 2. Juli 2023
Meiner Mutter geht es sehr schlecht. Außerdem hat sie am Mittwoch das nächste Gespräch mit jemandem aus dem Sterbehilfeverein. Mein Vater startet voraussichtlich diese Woche mit der Chemo. Es ist kaum zu ertragen, beide Elternteile gleichzeitig so existenziell bedroht zu erleben. Immer wieder pendel ich zwischen hohen Mauern und offenem Herzen, aber das offene Herz, das tut wirklich sehr weh.

Seelenheil ~ ... link (1 Kommentar)   ... comment