Mittwoch, 28. Februar 2024
Alles Liebe, Meister. 51 Jahre wärst du heute geworden. Du fehlst mir. Kaum zu glauben, dass du schon seit über 5 Jahren fort bist. Doch ich glaube, du warst dabei, als ich dich im vergangenen Dezember zufällig im Urnenhain fand. Nach der Trauerfeier von R. wollte A. mir das Urnengrab ihrer Eltern zeigen. Wir spazierten über den gesamten Friedhof, bis zur unteren Grenze. Dort lagen sie. Und daneben - du. Ich wollte einfach nur kucken, in welcher Gesellschaft sich A.'s Eltern befinden. Irgendwie hat da etwas noch offenes in mir sein Ende gefunden. Es war, als hättest du mir kurz zugerufen: hallo, hier bin ich.

Du warst so lustig, derb auch manchmal. Klug und kreativ. Die Aktfotos, die du mal von mir gemacht hast, kann ich noch nicht so richtig ansehen. Es tut weh die Lücke zu spüren, die du hinterlassen hast, bei aller Freude dich zu kennen.

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Montag, 26. Februar 2024
Der freie Wille.
Gerade in der TAZ (bisher die einzige Tageszeitung von denen, die ich lese, die es auf der Startseite haben; gehört hatte ich bereits anderweitig von den Prozessen): "Straffreie Sterbehilfe: Freier Wille bei schwerer Depression?

Habe angefangen etwas dazu zu schreiben, und mich völlig ... in Rage, wollte ich gerade sagen, vielleicht trifft es das auch... also ja: in Rage geschrieben. Denke der Text wird länger.

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Montag, 19. Februar 2024
Eine ehemalige Kollegin fragt, ob ich nicht doch über einen Anwalt und ggf. eine Klage nachdenken will. Alle Klagen, die sie damals in ihrem Job abgeheftet hat, wurden von den Mitarbeiter:innen gewonnen. Keine Ahnung. Hätte ich jetzt Geld übrig, würde ich es probieren. Mir wäre es heute schon zuviel, auf 100 Euro für ein Erstgespräch sitzen zu bleiben. Rechtsschutz habe ich leider nicht. Hat jemand Erfahrung damit, wie ich mir erstmal überhaupt die Einschätzung einholen kann, ob es im vorliegenden Fall sinnvoll/aussichtsreich ist, den Klage-Weg zu gehen?

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Freitag, 16. Februar 2024
Aufgrund meiner aktuellen Tätigkeit zur Masterarbeit frage ich mich immer mal wieder, ob ich mir eine ergänzende Ausbildung in Richtung KJP vorstellen kann, zusätzlich zu der für Erwachsene. Wird in erster Linie eine Frage des Instituts sein, und des Geldes (surprise!). Früher dachte ich immer, ich kann nicht mit Kindern. Doch die indirekte Rückmeldung, die ich von Kindern aus Familie und Freundeskreis bekomme, ist so überraschend positiv. Das erstaunt mich immer wieder, denn ich rechne einfach nicht damit. Besonders berührt hat mich die Beziehung zu meinem Patenkind, wie sehr es mir zugeneigt ist, obwohl es mich so selten sieht, und wie es sich mir gegenüber verhält. Nun berühren mich die Kinder andernorts. Gleichzeitig die Frage nach der Abgrenzung. Fiele mir bei Kindern und Jugendlichen sicher schwerer. Auch bin ich wenig interessiert an der Entwicklungspsychologie im Kindesalter. Bei Jugendlichen bis ins hohe Erwachsenenalter finde ich das dann wieder spannend. Wie das mit einem Interesse an KJP zusammenfallen kann, auch komisch.

Wahrscheinlich werde ich bei Erwachsenen bleiben. Und die mach ich. Egal wie.

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Donnerstag, 15. Februar 2024
Also manchmal fällt mir auch nicht mehr viel zum Geschehen ein. Kann man ja bald auch fast sagen, egal welches Geschehen. Heute zum Beispiel so gedacht, wie erstaunlich es ist, welchen Hass (vorwiegend) junge Leute auf sich ziehen, die sich einfach auf die Straße setzen um den Verkehr zu blockieren, niemanden beleidigen, keine Aggression zeigen. Und dass die dann auch noch als terrorverdächtig gelten. Auf der anderen Seite müssen Parteiveranstaltungen aufgrund einer Bedrohungslage abgebrochen werden, weil (primär) weiße Männer mit ihren Traktoren, Mistgabeln und Aggressionen daherkommen. Da spricht keiner von Terrorverdacht. I woas a ned.

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Mittwoch, 14. Februar 2024
Ein toller TAZ-Artikel: "Leben mit Psychose - Zwischen Wahn und Sinn".

Wenn ich sowas lese, frage ich mich schon, wieviel Glück ich hatte, bei meinem Drogenkonsum. Und warum meine Mutter nie zu einer Krankheitseinsicht gelangt ist, nicht mal für Sekunden. Frage mich, ob es auch Behandlungsfehler waren. Zu wenig Medis ausprobiert. Aber sie ist auch eine echt schwierige Patientin. Hätte sie die Medis lang genug genommen? Auch sie ist während mancher Neuroleptika sehr aufgedunsen, hat glaub ich nur eins mal etwas länger eingenommen, und ich weiß nicht, wie lange wirklich. Vielleicht 2 Monate? 3? Und vielleicht haben sie auch zur körperlichen Vernachlässigung beigetragen. Etwas, von dem mein Therapeut mir erzählte, dass es als Nebenwirkung bekannt ist. Die Leute erkennen ihren eigenen vernachlässigten Zustand, schämen sich dafür, können ihn aber nicht ändern.

Auch heute noch könnte ich manchmal einfach nur hemmungslos weinen. Um ihre Schmerzen, ihr Leid. Um meinen Schmerz, und den meines Bruders, um den Verlust meiner Mutter, der Mutter, die sie zumindest sein konnte. Es ist unfair, traurig. Aber es ist eben wie es ist.

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Montag, 5. Februar 2024
Abgenommen?
Heute Kontrolltermin bei der Frauenärztin. Die Myomsituation ist durch die OP inzwischen so gut handhabbar, dass bis auf weiteres keine weiteren Maßnahmen notwendig sind, und wir auch die Kontrolltermine wieder auf jährlich setzen können.

Etwas irritiertend war folgendes. Ich erzählte von den Erkrankungen um mich herum sprach und dem eigenen Krebsrisiko, und meinte: "bei solchen Gedanken merke ich langsam schon, dass ich älter werde." Da antwortete die Ärztin: "Ja aber Sie haben sich doch toll gehalten!" Solche Aussagen mag ich nicht, ich konnte nur irritiert: "Hä?" sagen. "Sie haben ja schon einiges abgenommen, und halten das seitdem auch gut." Ich nur 1000 Fragezeichen im Gesicht. "Abgenommen???" "Ja, Sie waren schon kräftiger, als wir uns kennengelernt haben.""

Auch jetzt noch: ?????
Als sie mich kennenlernte, war ich 27 Jahre alt und wog definitiv unter 70 kg. Ich wurde bis zum Alter von ca. 35 Jahren oft darauf angesprochen, dass ich zu dünn für meine Gröpße sei. Zum einen bin ich schlank veranlagt, zum anderen waren das noch Nachwehen von Drogen, und ich rauchte wie ein Schlot. Heute wiege ich definitiv über 70 kg. Ich habe nicht verstanden, was die Frauenärztin meint, war aber dermaßen perplex, dass mir dazu nichts mehr einfiel. Mein Gehirn kramte auf Hochtouren in Erinnerungen, was ich da vergessen/ verdrängt habe, oder was sie denn meinte, oder ob ich mich jetzt völlig verhört hatte, oder alles missverstanden, und warum überhaupt ist mein Gewicht relevant? Was hat Gewicht mit "gut gehalten" zu tun? Abgesehen davon war ich auch mit meinem Höchstgewicht nie kräftig. Kurios.






Sonntag, 4. Februar 2024
Durst nach Werden und Sein.
In der Meditationsgruppe ging es um den dogmatischen Absolutheitsanspruch des Selbst. Um "Wer bin ich gerade" und dessen Dynamik. Um die Selbstreferenz als hilfreichen Anker und den Herzgeist. Ums sanfte Loslassen des Selbst. Es war irgendwie abstrakt und stieß doch etwas bei genau dem an, was ich gestern schrieb.

Wann verhärtet sich da etwas beim Selbst. Wie beziehe ich mich auf "meins". Unruhig, hungrig durstig. Ich mich mein. Wann ist das hilfreich, wann nicht.

***

Mich mit dem Selbst zu beschäftigen, hat immer auch viel mit Du und Wir zu tun. Ich mag nicht nur auf mich schauen. Es mag hier anders anmuten, aber hier teile ich vor allem das, was mich mit mir selbst umtreibt. Über das (Seelen)leben anderer schreibe ich nicht gerne, es ist deren Privatheit. Schon das, was ich schreibe, wie z.B. über meine Mutter, scheint mir zuviel, und auch dabei versuche ich über das zu schreiben, was es mit mir macht. Ich merke aber auch, wenn ich mit mir selbst nicht ok bin, dann fällt mir die Beziehung zu anderen schwer.

Mag nicht mehr weiterschreiben, merke ich gerade, bin sehr müde, schon die ganzen letzten Tage. Fühle mich kränklich und erschöpft. Bin genervt davon, und von mir selbst.

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Samstag, 3. Februar 2024
Seit einigen Tagen, vielleicht auch seit der Weihnachtszeit, oder vielleicht seit der Situation mit meiner Mutter im November, oder vielleicht auch schon seit der Diagnose meines Vaters, vielleicht aber auch seit Corona, Kriegen, Klimakrise, Inflation und der ganzen wachsenden Rechtsextremenscheisse habe ich Angst. Sie sitzt auf meiner Brust, sie sitzt auf meinem Herz. Ich will das nicht recht wahrhaben, aber je mehr ich es vor mir verleugne, oder banalisiere, desto hartnäckiger sitzt sie da. Mit dickem Hintern, ruckelt hin und her, sitzt sich richtig schön breit, sagt demnostrativ: mich kriegste jetzt so schnell nicht mehr los.

Ich kanns ihr nicht verübeln. Es war viel. Es ist viel. Der Krebs, meine Mutter mit ihrer ewig währenden Erkrankung und der Suizid-Scheisse, Brustkrebs bei Katinka, der Tod von R., und dann noch die Arbeitssituation, bzw. nun die Kündigung und die Aussicht auf viele Wochen Krankengeld, gefolgt von Arbeitslosengeld (jeweils berechnet auf Basis eines Teilzeitgehalts). Ganz zu schweigen von den Zuständen im Land und in der Welt.

Eine Phase, versuche ich der Angst zuzuflüstern. Das ist nur temporär. Das wird schon irgendwie. Es ist immer irgendwie geworden.

Doch die Angst listet die in den nächsten Monaten anstehenden Sonderausgaben auf, grinst dann hinterfotzig, und holt das Mega-Brett hervor: ach ja, eine Phase? Interessant. Also wenn du bist Ende August deine Masterarbeit abgeben willst, dann hast du danach ja 2 Monate Pflichtpraktikum. Hoffentlich, nicht wahr, darum solltest du dich auch mal kümmern, vielleicht? Das brauchs du ja, für dein Studium, du erinnerst dich? Das ist unbezahlt, Mäuschen. Nach 3 Monaten mit ALG. Und dem nicht genug. In 2025 willst du dann in die Ausbildung. Von welchem Geld willst du die eigentlich bezahlen? Ganz zu schweigen von deinen laufenden Fixkosten? Von den nicht vorhandenen Ersparnissen?

Dann sitze ich da, glotze der grinsenden Angst dämlich ins Angesicht, oder vielleicht hocke ich auch eher wie das Kaninchen vor der Schlange, und habe keine Antworten. Ich werde 44 und schaue auf ähnlich prekäre Zeiten wie während meines Erststudiums. Aber immerhin gabs da noch Bafög und Kfw.

Und dann ist da der Teil, der nach den Erlebnissen im letzten Jahr sagt: das Leben ist wichtig, wir lieben es. Ich weiß, wie verschissen teuer die Ausbildung in unserem Wunsch-Institut ist. Aber das Leben ist so kurz, und wir sind nicht mehr Anfang 20. Es ist nicht unser Erststudium. Wenn es echt gut läuft, haben wir nur noch die Hälfte des Lebens vor uns. Dieses Institut ist alles, was wir uns wünschen, um diese lange und anstrengende Ausbildungszeit nicht wieder nur als Maloche und Ballast zu betrachten. MACH ES EINFACH MÖGLICH - EGAL WIE.

Die Angst kann über diesen Teil nur lachen, und schießt hinterher: ist doch vielleicht eh fürn Arsch. Wer weiß, wie lange wir überhaupt noch so leben können, wie wir leben. Was kümmert dich so ein Zeug? Mach einfach irgendeinen Job, hör auf zu jammern, und verdien Geld.

Mir geht die Kraft aus für starke Argumente, es reicht für ein: das ist das, was ich versucht habe, bevor ich mich mit Mitte 30 für diesen neuen Weg entschieden habe. Dass ich all das überhaupt noch mal auf mich genommen habe, rüht aus einem großen Leidensdruck. Nicht mehr für die Rendite und Boni von Arschlöchern, sondern für das Wohl anderer Menschen zu arbeiten, das war und ist mein tiefer Wunsch. Und die jüngsten Erfahrungen mit der Firma, mit Menschen, die mich seit 17 Jahren kennen und nun wie den letzten Dreck rausgedrückt haben, bestätigen mir, wie richtig und wichtig meine Entscheidung war. Ich wusste, dass es nicht leicht wird, aber es war mir nicht mehr möglich, diesen anderen Weg auszuhalten. Bei aller Anstrengung fühle ich mich so viel lebendiger, als vor 10 Jahren. Hänge so viel mehr am Leben.

Worauf wollte ich eigentlich hinaus? Keine Ahnung. Ich habe Angst. Angst davor, dass ich meinen Weg nicht wie gewünscht weitergehen kann, weil mir einfach nur Geld fehlt. Angst vor der Angst, und davor, wieder in eine Depression zu rutschen, weil alles zuviel wird und dann, ja, tja, dann tendiere ich dazu, alles runterzudrücken. Depressere. Damit ist dann auch keinem geholfen.

Manchmal spiele ich mit dem Gedanken, die nicht mal ansatzweise abbezahlte Wohnung zu verkaufen. Aber das macht mir noch mehr Angst, abgesehen davon, dass der Zeitpunkt gerade nicht optimal ist. Die Wohnung ist so gut wie meine einzige Investition in eine (Rentner)Zukunft. Und zumindest in Städten würde ich für die gleiche Quadratmeterzahl niemals eine so niedrige Kaltmiete wie meine Kreditrate zahlen. Ich habe Angst, mir irgendwann in Deutschland keine Mieten mehr leisten zu können. Ist jetzt nicht so utopisch, bei der Entwicklung. Dann habe ich zumindest noch meine Wohnung. Auch rein betriebswirtschaftlich gesehen wäre ein Verkauf zum jetzigen Zeitpunkt einfach nur dumm.

Und manchmal sagt ein anderer Teil ganz leise: mein Gott sind das Luxusprobleme. Ja, vielleicht sind sie das. Aber der Job ist ein so großer Teil im Leben unserer Gesellschaft, ich mag nicht mehr für den Reichtum anderer buckeln und selbst dabei in irgendeinem Büro vor irgendeinem PC kreuzunglücklich sein. Und es ist das erste mal in meinem Leben, dass ich eine Vision habe, eine ganz konkrete Vorstellung und ein ganz konkretes Ziel, wo ich hinmöchte. Ich weiß, dass genau das, was ich tue, mein Weg ist. Ich hatte leider nicht das Privileg, das vor oder direkt nach meinem Abi zu wissen, da hatte ich ganz andere Probleme. So eine klare Vision kannte ich vorher gar nicht. Und es ist so toll, nun eine zu haben, denn das treibt an, gibt Kraft und Zuversicht und Lebenswillen. Aber ich merke nun auch, dass es beängstigend ist, wenn man realisiert, dass es vielleicht einfach nur bei einer Vision bleibt.

Und in manchen, ganz winzigen, seltenen Momenten sagt eine in mir ganz resolut und liebevoll: du hast dann zwei Studienabschlüsse. Du wirst auf die Füße fallen. Ich glaub an dich. Aber bitte kümmer dich vor allem um das, was das letzte Jahr mit dir gemacht hat. Das ist wichtiger als alles andere.






Sonntag, 28. Januar 2024
Perfect Days.
Den Samstagabend mit Mimi in Heidelberg verbracht. Wir bereiteten uns Sommerrollen mit Erdnuss-Dip zu und tranken mit alkoholfreiem Sekt auf uns und unsere Zukunft. Jedes mal verfliegt unsere gemeinsame Zeit. Wir haben uns soviel zu erzählen und schwupps sind zwei Stunden vorbei.

Gerade rechtzeitig schafften wir es ins Kino, die Karten hatten wir vorab besorgt. "Perfect Days" von Wim Wenders, ein toller Film.

Danach ließen wir uns noch mal bei Mimi nieder und unterhielten uns bis spät in die Nacht. Dadurch, dass wir oft so eine große Bandbreite an Themen, Gedanken und Gefühlen teilen, entsteht eine immer stärkere Verbundenheit.

Als ich in der Straßenbahn zurück nach Mannheim sitze, kann ich es spüren, dieses perfect days. Immer öfter macht es sich in mir breit, in den letzten ein, zwei Jahren. Bei allem Elend auf der Welt, bei allen Anstrengungen und Unglücksfällen im Privaten. Wir leben.

~ Lou Reed - Perfect Day

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