Mittwoch, 23. Mai 2012
Desperation and disappointment.
Wir alle kennen Situationen, in denen wir verzweifelt sind. In denen wir nicht mehr wissen, wovon wir unsere Miete oder unser Essen zahlen sollen. In denen uns das Wasser bis zum Hals steht. Aber ich glaube, keiner von uns würde wirklich während der Trauerfeier seiner eben verstorbenen Großmutter ihre Bankkarte klauen und ihr Konto um einen fetten Batzen erleichtern.

Ok, angenommen uns würde bei dieser Gelegenheit-macht-Diebe-Situation die Sicherung durchbrennen. Selbst dann stünden wir am nächsten Tag wohl bei irgendwem auf der Matte um unser Gewissen zu erleichtern. Aber doch nicht erst dann, wenn unser Vater uns berichtet, dass nun die Anzeige bei der Polizei läuft und es Videoaufnahmen gibt.

Keiner von uns, auch nicht ich, wusste, wie hoch ihm das Wasser wirklich steht. Wie verzweifelt und skrupellos er anscheinend ist, wird uns allen erst jetzt klar. Wir können ja auch nicht hellsehen.

Durch diese Aktion kam nun aber das ganze Ausmaß ans Licht. Und es ist ganz und gar unglaublich. Abgesehen von finanziellen Schwierigkeiten, Mietschulden, sonstigen Schulden, ist da noch eine Drogenabhängigkeit, die ich in diesem Ausmaß auch nicht erwartet hätte, ein aufgrund Drogenkonsum verlorener Führerschein, Fahren ohne Führerschein sowie eine kriminelle Energie und Skrupellosigkeit, die ich ihm niemals zugetraut hätte, ganz zu schweigen von eben jener Scheissaktion. Gekrönt von grenzenloser Dummheit.

Kein Mensch von uns hätte ihm nicht zugehört. Keiner von uns wäre nicht für ihn dagewesen. Es hätte gereicht mit uns zu reden. Ich weiß selbst, wie schnell so eine Abwärtsspirale funktionieren kann, und wie es ist, wenn man einfach nicht reden kann.

Und trotzdem. Ich wanke zwischen Wut, Entsetzen und maßloser Enttäuschung. Der Rest meiner Familie ist anscheinend noch enttäuschter und absolut sprachlos, was man ihnen ja nicht verübeln kann. Seinen Vater und seine (geschiedene) Mutter zerreisst es vermutlich gerade, dummerweise unterstützt sie anscheinend seine Misere regelmäßig finanziell und schützt ihn. Ja, Mutterinstinkte. Aber ich weiß, dass letztendlich nur eine richtig harte Fressenlandung irgendetwas helfen kann, wenn überhaupt.

Dennoch würde ich mir wünschen, dass wir nun nicht anfangen ihn auszugrenzen (das klang irgendwie so durch bei dem Telefonat meiner Tante, im Sinne von "ich weiß nicht ob ihn nun noch jemand einläd bei Feiern"), sondern ihn integrieren. Das heißt nicht, dass wir ihm die Suppe auslöffeln oder seinen Arsch retten sollen, aber dass wir für ihn da sind, und dass er immer noch ein emotionales Sicherheitsnetz hat, an das er selbst aber ganz offensichtlich nicht glaubt.

Scheisse einfach. Richtig richtig scheiße.

Peterson & Tolgus - Leave alone ( Promo )

 
Harte Sache - aber das Gute daran - es ist raus (&aufgeklärt), Ihr wißt Bescheid und nu kann/muß/soll man sich überlegen, wie weiter verfahren werden soll. Aber erst mal paar Nächte drüber schlafen.

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Auf jeden Fall...

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Uff, das ist echt starker Tobak. Ich meine, auch wenn es Dich entlastet von der Vorstellung, die Karte selbst genommen zu haben, ohne Dich daran zu erinnern - das will man doch nicht hören.

Nicht ausgrenzen, sondern integrieren, das ist ein schönes Vorhaben. Aber ich bezweifle, dass es gelingt, wenn er bereits so dermaßen tief in der Tinte sitzt, dass er sowas macht. Plus Drogenkonsum. Das bedeutet, dass er sich möglicherweise gar nicht integrieren (lassen) will. Daran solltet Ihr Euch nicht die Zähne ausbeißen. Der Mann braucht einen professionellen Schuldnerberater und eine Entzugsklinik. Danach kann man weiterreden. Oder zwischendurch auch ermutigen. Aber wie gesagt, ich fürchte, der ist wenig zugänglich. Das Kind liegt im Brunnen.

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@sturmfrau: stimmt, ich war irgendwie auch sehr erleichtert. Meine Patin hat auch sehr direkt angesprochen, dass mein Name auch gefallen sei, aber dass ich bitte nicht böse sein soll deswegen, sie seien einfach objektiv durchgegangen, wer überhaupt rein von den Fakten her in Frage kommt (Uhrzeit, Zeugen, Geldbedarf ;-)) Ich fand es gut, dass sie mir das so direkt gesagt hat, und verübeln konnte ich ihr das auch nicht. Sie sagte auch, nachdem sie meinen Namen in den Raum geworfen hat, sei mein Onkel (der Vater des wahren Übeltäters, ironischerweise) ihr über den Mund gefahren und hätte sie völlig zur Sau gemacht, wie sie denn überhaupt auf die Idee kommen kann.

Nein, das wollte ich dann doch nicht hören, keiner wollte das hören, alle sind echt schwer bestürzt.

So meinte ich das auch, mit dem Integrieren. Ich gehe von genau dem aus, was du auch sagst, nämlich dass er es nicht will. Aber man kann ihn weiterhin einladen, oder fragen wie es ihm geht. Mein Vater hat auch gesagt, professioneller Schuldnerberater und Entzugsklinik. Sie unterhalten sich gerade, auch mit seiner Schwester. Keine Ahnung was wie wo. Aber man sieht einfach, dass es keinem von uns egal ist. Die Zähne werden wir uns da garantiert nicht ausbeissen wollen, aber das, was wir erstmal tun können, werden wir tun. Wenn er das dann nicht annehmen will - sein Thema. Seine Mutter wird (dummerweise) vermutlich auch weiterhin seinen Arsch retten, wenn sie nicht versteht, was sie da eigentlich tut.

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Hut ab für Eure Haltung.

Klar, Mütter tun sich schwer, dann die nötige Abgrenzung vorzunehmen und Klartext zu reden. Schließlich geht es ja um den Sohnemann, und es soll ihm nicht schlecht gehen... Dass das wenig hilfreich ist, ist schwer zu verstehen, müsste sie doch wahrscheinlich gegen jedes Bauchgefühl handeln.

Ich hoffe, dass sich bei Dir jetzt eine gewisse Entspannung einstellen kann. Schließlich ist bewiesen, dass jegliche Zweifel an Dir selbst unbegründet waren.

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Das Gute an der Sache ist wohl wirklich, dass es raus ist und zwar in der ganzen Familie auf einmal. Das ist hart für euch alle, aber bei sowas gehts nur weiter, wenn man sich nichts mehr schönreden kann.

Und: Das du dir das Nichtausgrenzen wünschst und vorstellen magst finde ich sehr schön. Das ist Familie.

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Mehr noch: Für die Zukunft vielleicht eine kleine Mahnfackel, die man schon einen kleinen Tacken vorher anstecken kann, um zu Signalisieren: Hilfe!

Dieses Verpöntsein von Hilferufen scheint immer mehr zuzunehmen in der Gesellschaft.Traurig.

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@dudu
Ich les bei Dir mit, bin nur beim Kommentieren zu faul einlog-Daten zu suchen. Wird aber alles nachgeholt. : )

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Kein' Streß. Hab leider noch keine Möglichkeit gefunden, den blogger-kram mit meinem Wordpresszeugs wirklich zu koordinieren....Danke für's Mitlesen. *grad so klein mit hut*

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Leider sieht es momentan wohl genau so aus, wie wir befürchtet haben. Er sieht keine Notwendigkeit für einen Entzug geschweige denn eine Therapie ("Ich bin doch nicht heroinabhängig".... dummerweise ist Chr*ystal nicht wirklich besser, wenn es denn immer noch dieser Dreck ist, den er da frisst). Mit wem genau er gesprochen hat, weiß ich nicht, wohl mit seinem Vater, und eben natürlich auch seiner Mutter. Vielleicht auch mit seiner Schwester. Ich bekomme die Infos gerade von Papa, und Papa von seinem Bruder.

Mir selbst hat er auf meine Mail nicht geantwortet.

Seine Mutter muss bei der Polizei versucht haben die ganze Situation schönzureden. Ohne Worte.

Die Anzeige, die ja ursprünglich gegen Unbekannt erstattet wurde, kann eh nicht zurückgezogen werden.

Seine Mutter hat ein extrem schlechtes Gewissen, weil sie sich jahrelang nicht wirklich um ihren Sohn gekümmert hat. Umso erstaunlicher ist es, dass ausgerechnet sie seine größte Vertrauensperson ist. Aber ich kann das nachvollziehen. Wenn du dir immer etwas wünschst, und plötzlich kommt ein kleines Seil aus der Ecke, dann ist das für dich die Welt.

Ich hab sogar mal daran gedacht, dass es vielleicht nicht schlecht wäre, wenn meine Mutter sich mit seiner unterhalten würde, wenn es denn meiner eben nicht so gehen würde, wie es ihr nun mal geht. Meine Mutter hat das ja schon durch (wenn auch nicht in dieser Dimension).

Wie auch immer... ich würd mal sagen: long way to go.

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