Donnerstag, 21. Juli 2022
Liebe Mutzl...
... 6 Monate trennen mich nun von deiner Präsenz in meinem Leben. Es tut immer noch weh, vielleicht nicht mehr ganz so viel wie am Anfang. Ich habe sehr getrauert. Trauer immer noch. Viele Bilder gehen mir nicht mehr aus dem Kopf. Vor allem die, die mit Tierarztbesuchen verbunden sind. Zum Beispiel von dem Ultraschall ohne Narkose, so lieblos, bei dem anderen Tierarzt war das dann gar kein Problem, aber dort? es tut mir so leid. Die Bilder von deinen epileptischen Anfällen. Das Bild, wie du nach einer Narkose völlig hyperaktiv und desorientiert in der Wohnung randalierst. Das Bild, wo du mich nicht mehr erkannt hast und Angst vor mir hattest. Die ständige Medikamentengabe. Und dann natürlich das, wie du in meinen Armen einschläfst.

Eigentlich tut es immer noch genauso weh wie am Anfang.

Ich versuche mich von den Schuldgefühlen und Vorwürfen freizumachen. Von den vielen Fragen, was wann wie richtig war und was nicht. Von der Arroganz über Leben und Sterben zu bestimmen. Wieviel von meinem Verhalten und meinen Entscheidungen Ursache oder Auslöser waren. Ich weiß, geschehen ist geschehen. Und ich weiß auch nicht, ob ich anders entscheiden, anders handeln würde, wenn ich nochmal könnte. Vielleicht würde ich nicht in die Heimat umsiedeln. Vielleicht wäre das Ganze aber auch zum exakt selben Zeitpunkt in Mannheim losgegangen. Ich weiß es nicht, wir wissen es nicht, und es spielt auch gar keine Rolle. Denn du bist nicht mehr da.

Wie oft sperre ich noch die Tür auf, für eine Millisekunde ganz vorsichtig, weil ich denke du könntest direkt hinter der Tür sein, oder dass ich sonst deine Wasserschlüssel umstoße. In wie vielen Millisekunden geht mir am Schreibtisch durch den Kopf, dass ich kurz aufstehen und dich streicheln könnte. Ich denke auch gern daran, wie du hinter mir auf den Bürostuhl gesprungen und dich eng an meinem Popo gekuschelt hast. Jedes mal, wenn ich das Bett mache und dabei die Bettdecke aufschüttel, denke ich, ich muss die Decke so arrangieren, dass du am Fußende in eine Deckenhöhle schlüpfen kannst. Manchmal finde ich noch Haare von dir, ganz unerwartet. Was früher so nervig war, ist jetzt ein Moment großer Freude, denn es zeigt mir: du warst da.

Ich weiß, wir sollen und wollen Tiere nicht vermenschlichen. Für mich warst du eine kleine Katzenfreundin. Ganz eigen, mit eigener Sprache und eigenem Kopf. Und doch waren wir eng verbunden. Bis heute kann ich kaum glauben, dass du wirklich Verstecken mit mir gespielt hast, dass du das eingefordert hast. Genauso wie du eingefordert hast, dass ich dir die Wolldeckenhöhle auf dem Sofa baue, wenn die gerade nicht da war, weil ich selbst am Abend zuvor dort saß um fernzusehen. Dann bist du zu dieser Stelle getrabt, hast deine Pfote gehoben und aufs Polster getappst um zu sagen: ?Hallo, genau da jetzt bitte die Höhle wieder aufbauen, danke!? Und ich war noch nicht ganz fertig, da bist du schon reingesprungen in deine Höhle. Bis heute bin ich kindlich erstaunt, wie zwei Wesen völlig unterschiedlicher Spezies so gut miteinander kommunizieren, sich so gut verstehen können.

Neben all der Trauer ist auch eine große Dankbarkeit, dass ich dich in meinem Leben haben durfte. Ich habe so viel mit und an dir gelernt. In den letzten Monaten mit dir auch viel über Tod, Loslassen und Trauer. Nicht, dass ich das alles immer umsetzen, leben könnte. Aber ich habe mich viel damit beschäftigt und dadurch wichtigen Themen weiter angenähert. Weißt du noch, wie oft ich dir Mantren vorgesungen habe? Segensmantren, Gesundheitsmantren? Bis heute kann ich in der Yoga-Stunde Teyata Om Bekanze und Lokah Samastah Sukhino Bhavantu nicht mitsingen ohne an dich zu denken und ohne dass die Stimme verkrampft. Ich habe gelernt, dass es völlig okay ist, auch um Haustiere zu trauern. Dass ich mich dessen nicht schämen muss. Das ist etwas, das ich wirklich verinnerlicht habe. Diese Trauergruppe in der Klinik, und dass ich dort auch dir und mir soviel Raum geben durfte, dass die anderen Menschen so sehr Anteil genommen habe, das war ein großes Glück. Und dass ich dort der V. begegnet bin, denn ich denke, durch diese Gruppe sind die V. und ich uns sehr nahe gekommen, Trauer hat etwas sehr verbindendes. Und durch diese Trauer wurde mir klar, wieviel ich in meinem Leben nicht betrauert habe, jenseits von Selbstmitleid.

Oft sage ich mir, dass du allgegenwärtig um mich bist. Dass wir alle zu Erde werden, und Erde zu Luft und Wasser und Blumen und Pflanzen und wieder Erde und vielleicht bist du auch in mir. Es ist ein kleiner Trost.
Apropos Trost. Beim Verabschiedungsritual in der Klinik zieht jeder seinen Kraftstein. Ich zog ?Trost?. Diejenige, die den Stein gestaltet hatte, entschuldigte sich bei mir, dass ich ausgerechnet so einen komischen Stein gezogen hätte, sie weiß gar nicht, wieso sie den gemacht hätte. Ich sagte ihr, dass ich keinen besseren hätte haben können. Trost kann ich so gut gebrauchen, wegen dir, aber auch für so viel anderes, was ich endlich mit Trauer ansehen kann.

Danke, dass du da warst. Ich glaube, du hast mein Leben gerettet, und mir ist bewusst, wie pathetisch das klingt. Du warst mein Antidepressivum. Durch dich habe ich früh aufstehen gelernt, gelernt wie destruktiv Wut ist, ich habe gelernt Verantwortung zu übernehmen, voll und ganz, und ich glaube, dass es auch deine Reaktion war, als ich mal auf E nach Hause kam, die dazu beigetragen hat, das einfach nicht mehr zu tun. Ich habe mich vor dir geschämt. Du kamst mir so rein vor. Vielleicht hast du mir auch nur gespiegelt, was ich mir und meinem inneren, reinen Kern da eigentlich antue.

Ich wünschte, ich könnte jetzt noch mal an deinem Fell riechen, es fühlen, durchwuscheln. Du hast so gut geduftet. Im Allgäu kaufte ich mir ein Stoffmurmeltier, mit ganz weichem Fell. Als ich vor einiger Zeit nachts im Halbschlaf danach griff, erschrak ich, denn es fühlte sich so an wie du. Und mir fiel wieder ein, wie schön es war, nachts aufzuwachen, und du lagst neben mir, hast aufgekuckt, ich konnte mich in deine Pfoten einhaken, du hast deinen Kopf auf meine Hand gelegt, und dann haben wir weitergeschlafen.

Ich saß diese Woche lang neben deinem Grab, im Schatten unterm Apfelbaum, mitten im Vogelkonzert.

... Ach du weißt schon....

<3

~ Mogli - Earth

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Dienstag, 12. Juli 2022
Absage von der anderen Uni an einem großen Fluß kam: Mainz. Was mir vorher nicht klar war: dass es nur 13 Plätze gibt. Haha, etwas gelacht. Es gab 424 Bewerbungen für diesen Schwerpunkt, und ich glaube, das waren nur noch jene, die am Test teilgenommen haben. Insofern wird es nun immer leichter mit der Entscheidung, also vermutlich gibt es nix zu entscheiden, und das was ich habe, ist das, was ich durchaus wollte. Insofern: alles gut.

Dafür geht es mir heute echt scheiße, gesundheitlich. Tests negativ. Hatte gestern zum zweiten mal Akupunktur. Vielleicht vertrage ich die nicht? Rasende Kopfschmerzen, vom Nacken raus über den gesamten Hinterkopf und Stirn, Halsweh, Magen-Darm-Probleme. Hoffe das ist morgen weg, verbringe den Tag seit mittags im Bett. Gute Nacht uns bis bald.






Samstag, 9. Juli 2022
Heute noch einen Test mitgenommen. Ein bisschen erinnert mich das Ganze auch jedes mal an Model Castings. Es ist unglaublich, wie viele junge schöne Frauen da am Start sind. Oder finde ich sie alle so schön, weil sie jung sind? Mit diesem Test konnte ich bisher am meisten anfangen. Ich erkannte vieles aus meinem Studium wieder, und habs trotzdem falsch. ;-) Zum Teil echt peinliche Fehler weil totale Basics, was da wohl los war. Naja mal kucken.

Als ich mir die knapp 500 Test-Teilnehmer:innen für nur diesen einen Schwerpunkt so ansah, war ich einfach nur froh schon eine Zulassung zu haben. Spätestens jetzt hätte ich mich sonst wohl schluchzend darniedergeworfen. Es werden hier nur knapp 65 Masterplätze vergeben, mit einer Kombi aus Bachelornote, Test und weiteren Kriterien wie Ehrenamt, bisherige Tätigkeiten in dem Bereich, etc.

Ich schätze, dass sich um die 30-50% der Test-Teilnehmer:innen an den unterschiedlichen Universitäten überschneiden. Das entnehme ich zum Teil den belauschten Gesprächen. Es werden die unterschiedlichen Tests und Erfahrungen verglichen. Alle, bei denen ich bisher auch war. Es ist ein Test-Tourismus in diesem Studienfach. Alle sind einfach nur froh, wenn sie irgendwo reinkommen, und probieren alle Chancen. Ich ja auch. Und wenn man dann die Wahl hat - umso schöner. Meistens liegt eines der ersten Bewerbungskriterien bei einem Bachelor von besser als 2,0. Heißt: da sitzen schon lauter Noten-Granaten.

Ich weiß nicht, warum ein gewisser Anteil Nervosität nicht weichen will trotz der einen Zulassung. Vielleicht die Sorge, dass die notwendigen ECTS doch nicht ausreichen für die weiteren Schritte danach? Hm. Hm hm hm.






Mittwoch, 6. Juli 2022
"Gas und Atom kriegen Öko-Label"

Wenn mir das jemand erzählt hätte, dass Gas und Atomenergie mal als nachhaltig gelten, ich hätte ihm den Vogel gezeigt. Achso ne. Also ich zeige auch jetzt denen, die mir erzählen, dass das nachhaltig ist, den Vogel.

Wir sind so gefickt. Man bin ich froh nicht mehr jung zu sein.






Dienstag, 5. Juli 2022
Zulassung zur Wunschuni kam eben. Mit dem richtig beschissenen Test. Es muss ein Versehen sein?

Jetzt ist mir mein Geklage etwas unangenehm. Das hab ich aber echt nicht kommen sehen.




Inzwischen kamen die zwei ersten Ablehnungsbescheide, von Unis, bei denen es keinen Test gab. Mir fehlen einfach diese verf**** ECTS aus einem für die meisten Masterangebote relevanten Modul. War mir vor dem Studium über die FernUni bewusst, aber dass das so kacke schwer wird. Merke, dass mir die Situation total viel Energie absaugt. Hoffnung hochhalten, Alternativen überlegen. Weiter bewerben an Unis, bei denen das Bewerbungsverfahren noch läuft. Ziehe aber in Erwägung, mir zumindest einen Teil der Energie zu sparen und alles wegzulassen, wo diese ECTS als Zugangsvoraussetzung gelten. Da hilft auch alles hoffen nichts. Es gibt einfach viel zu viele Bewerber, die alle Voraussetzungen erfüllen.

Oh man. Ich bin müde.