Mittwoch, 4. Mai 2011
Muttertag=Bruder+Schwester+Mutter+X
Die Unbekannte X macht uns echt ne heiden Angst. Vermutlich steht sie für Eskalation.






Mittwoch, 4. Mai 2011
Hallo? Ist da jemand?
Fremde Leute, die sie in Kliniken kennenlernt (Neurol*ogie Gro*ßha*dern, z.B., dort hat man sie nicht behalten, weil die von ihr beschriebenen Dinge "nicht nachvollziehbar" seien. Hahaha. Die Formulierung muss ich mir merken). Also diese fremden Leute scheinen ihr manchmal zu glauben. Andere Patienten. Oder so. Und Mama? Die gibt die Telefonnummer meines Bruders raus, an diese Leute. Und die Leute? Die rufen meinen Bruder an, und konfrontieren ihn mit der Bitte, man möge der Frau doch endlich die richtige Behandlung zuführen, und das sei definitiv kein Neu*rolep*tikum.

Wir kotzen in ungläubigem Staunen.






Sonntag, 1. Mai 2011
Liebe Sturmfrau...
...ich bin hin- und hergerissen was deine Frage angeht und die Beurteilung des "Lapidar"-Grades meiner Familie.

Mein Bruder, zum Beispiel, der fängt viel ab und ist viel häufiger als ich mit meiner Mutter konfrontiert als ich. Was allein schon daher rührt, dass er noch in der gleichen Stadt wohnt wie sie. Positiv bedingt dadurch ist vermutlich ein irgendwie "besseres" Verhältnis zwischen ihm und ihr. Er ist irgendwie natürlicher (wenn man das überhaupt sagen kann) in diese Situation hineingewachsen als ich. Nichtsdestotrotz berührt es ihn genauso wie mich, denke ich, und er ist genauso überfordert, nur schlummert in ihm derzeit eine ganz akute Hilflosigkeit, und ich denke, dass es uns da ähnlich geht. Nur hat er gerade (und ich vermute stark aus Selbstschutz) ein bisschen die Hände in verzweifelter/resignierter Abwehrhaltung.

Viel ausgeprägter ist das von mir empfundene Gefühl der Gleichgültigkeit, das mir mein Vater und seine Frau (auch meine Chefin, was sich derzeit für mich als schwierig gestaltet, aber davon ein ander mal) vermitteln. Sie sagt zum Beispiel Dinge wie: "Deine Mutter ist jetzt in Großhadern. Dein Bruder hat ihr die Bedingung gestellt, dass sie ihm nicht 3 Stunden lang auf der Fahrt dorthin ihr Zeug erzählt, und sie hat sich daran gehalten". Und das sagt sie mit einem gewissen Lächeln. Bestimmt nicht bösartig. Und trotzdem. Und ich denke mir: für euch ist die Hauptsache, dass sie die Fresse hält. Versteht ihr nicht, dass diese Frau jeden Tag durch die Hölle geht. Warum machen wir es uns alle so leicht. Für mich ist es damit nicht getan. Hört auf so über sie zu reden.

Aus Sicht meines Bruders ist es absolut korrekt, dass er ihr das sagt. Und es ist auch wichtig, so auch das Feedback, das ich von der Leiterin einer Selbsthilfegruppe bekommen hatte, das ist schon länger her. Sie hat einen Sohn mit paranoider Schizophrenie und wies darauf hin, dass es wichtig für die Betroffenen ist zu reden, aber dass man Limits setzen muss, weil man sonst wirklich absäuft, und es belastet das Verhältnis extrem. Insofern hat er alles richtig gemacht aus meiner Sicht. Schade finde ich, wie man es mir erzählt.

Mein Vater sagt: "Sie arbeitet ja auch noch, was sollen wir machen" und meint damit glaub ich auch: wir wissen alle, dass sie im erneuten längeren Krankheitsfall keine Lohnfortzahlungen hat. Was sollen wir tun. Sie der Arbeitslosigkeit bzw. Sozialhilfe aussetzen?

Hier müssten wir uns (alle, zumindest mein Bruder und ich) viel besser informieren. Kann es wirklich sein, dass jemand mit einer solchen Krankheit nach einem Jahr Arbeitslosigkeit in die Sozialhilfe fällt und anschließend eine nicht vollständige Rente erhält?

Aber auch ich kümmer mich nicht. Ich schiebe es so oft so weit weg von mir. Bis immer wieder etwas kommt, um das ich nicht drumrum komme. Etwas, das mir wieder das Brett vor den Kopf schleudert: das gehört einfach zu deinem Leben.

Ich möchte auf meine Familie nicht mit dem Finger zeigen, weil ich selbst unter meinen Möglichkeiten bleibe. Aber ich habe das Gefühl, wenn ich das Gespräch und Möglichkeiten suche mit ihnen, dann werden mir nicht unbedingt Hände gereicht. Und das macht es mir gerade sehr schwer. Denn auch mein Kumpel, der in der Psy*chiatrie Er*langen arbeitet, meint: ihr müsst alle an einem Strang ziehen. Das fühle ich gerade nicht. Aber ich glaube, dass es aus Hoffnungs- und Hilflosigkeit resultiert. Nicht aus Unwille. Und auch daraus, dass es unangenehm ist. Es tut weh.

Das schlimmste ist tatsächlich der komplette Verlust der Bindung zu meiner Mutter. Ein immerwährendes Abschiednehmen, Gewöhnen an eine Situation. Bzw. nicht nur das, sondern eigentlich auch Kämpfen gegen diese Situation (mir fehlt die Kraft so oft). Meine Mama fehlt mir so sehr. Die nervigen Fragen, ob ich Socken brauche. Ob ich zum Essen komme. Ob wir Radfahren. Und selbst wenn sie so etwas fragt (sagt), wie "ich komme dich besuchen", dann stellen sich mir alle Haare auf. Weil ich dann ständig eine Person vor mir habe, die ich nicht mehr erkenne. Und die ich doch so sehr liebe. Mir tut das alles zu sehr weh, als dass ich mich damit beschäftigen könnte, aber es ist ein Teufelskreis.

Letzte Woche kam etwas dazu. Meine beste Freundin arbeitet bei einer Bu*ndes*ta*gsabgeordn*eten der Grü*nen (das weiß meine Mama nicht - Ironie des Schicksals). Und sie hat mich angerufen. Und gesagt, dass meine Mutter an dieses Büro geschrieben hat. Sie hat mir die Unterlagen gesendet und käme sicher in Teufels Küche, wenn rauskäme, dass sie Unterlagen aus dem Büro gegeben hat. Aber sie meinte: "Oka. Du bist meine Freundin. Und ich finde, du solltest das alles wissen."
Die Inhalte des Schreibens haben mich nicht überrascht. Und fast erleichtert war ich, dass sie nun vielleicht eine konkretere Vorstellung davon hat, was mit meiner Mama ist. Man kann es sonst so schwer vermitteln.
Sie hat an so viele Stellen geschrieben. Es würde mich nicht wundern wenn meine Mutter deutschlandweit irgendwann an sämtlichen Ämtern/ Stellen so bekannt ist wie ein bunter Hund. Staatsanwälte, Ärztekammern, Institute, Polizei, Presse.

Ich würde mir einen Hafen, Ruhepunkt auch sehr wünschen. Habe mich am Freitag nach einer Gruppe erkundigt, Rückmeldung erhalten und heute telefoniert. Wenn mir die Gruppe zusagt, werde ich dort ab dem 9.5. immer aufschlagen. Und hoffen, hoffen, hoffen. Ich hätt gern meine Mama zurück, solang sie noch lebt.

Danke, ich schätze Ihre Kommentare sehr, allein schon, weil Sie mich immer so zum Nachdenken anregen. Und solche Gedanken wie geschrieben nach sich ziehen. Manchmal brauche ich einfach die richtigen Fragen.






Samstag, 16. April 2011
Mutterseelenallein.
Wie sehr unterschätzt psychische Krankheiten wirklich sind, ist mir erst klar seit es mit Mama bergab geht. Tausche Krebs gegen Paranoide Schizophrenie. Wahrscheinlich trete ich jetzt ner Menge Leute gewaltig auf den Schlips. Mir egal. Die, die immer nur blöd meinen "immerhin lebt sie noch", treten mir drauf.

Ich will ein Ende. Ich will dass es absehbar ist. Weder mein Bruder noch ich haben die Energie das so noch die nächsten Jahre, Jahrzehnte weiterzumachen. Und es ist gerade mal ein bisschen mehr als ein Jahr vergangen. Gefühlt sind wir um 20 gealtert. Ich will etwas, das sie sehen kann. Etwas auf Röntgenbildern. Etwas, das man wegschnippeln kann, oder wo es zumindest einen Versuch wert ist. Und wenn nicht, dann eben nicht, aber immerhin weiß man, dass der Mensch daran stirbt, und nicht weil er sich vor einen Zug schmeißt, weil er seine Krankheit nicht erkennt.

Man kann mit diesen Menschen nicht normal reden. Ich versuche immer, das meinen Freunden klar zu machen, die mir raten, dies und das zu sagen. Es. Funktioniert. Nicht.

Ich war heute auf den Geburtstag eines Kollegen eingeladen. Ich dacht mir, wenns gut läuft, gehste halt danach zum Fritz (ja, Fritz K.). Es lief nicht gut. Bevor ich zum Geburtstag bin, ruft Mama an und erzählt wie immer das gleiche, aber diesmal sei es besonders schlimm, und wenn das morgen wieder so schlimm ist, dann kommt sie über das Wochenende zu mir.

Allein die Vorstellung, mit ihr länger als 10 Minuten in meiner Einzimmerwohnung zu sein, bringt mich um den Verstand. Das halte ich nicht aus. Ist nicht zumutbar. Niemandem. Ich sagte, ich meld mich wieder. Hab mit Papa telefoniert, und mit LeSchwe. Und bin mit maximaler Verspätung zu dem Geburtstag, um mich da nach einer Höflichkeitshalbenstunde wieder ans Telefon zu hängen. Mit Mutter. Es war eine einzige Katastrophe.

"Ich habe inzwischen Leute gefunden, die mir glauben und die mir helfen wollen. Vom Max-Planck-Institut, und vom Frauenhofer. Die eine Frau meinte, mir könnte eine Flüssigkeit gespritzt worden sein die das alles bewirkt. Und einen tollen Journalisten habe ich kennengelernt". Ich könnte kotzen, und zensiere absichtlich nicht diese Institute. Denn wenn es stimmt was sie sagt, dann handeln diese Personen grob fahrlässig. Haben die irgendeine Ahung, dass sie da mit einem Menschenleben spielen? Im wahrsten Sinne des Wortes? Ich könnt denen in die Fresse schlagen.

Mich lässt sie gar nichts sagen. Wenn ich sage: hör du mir jetzt mal zu, dann schreit sie mich nur an: lass mich ausreden. Sie brüllt und ist laut, und sagt, dass ich jetzt die Wahl habe, entweder es kommt zu einem großen Bruch zwischen uns, oder ich bin jetzt da für sie. Zu dem Bruch ist es doch längst gekommen, sage ich. Und sie schreit: wenn ich dir nur irgendetwas wert bin, sag der Katinka ab (die mich morgen besuchen kommen will)!

Ich sage: jetzt hörst du mir mal zu. Zum zehnten mal. Und will ihr erklären, dass ich mich lange mit S. darüber unterhalten habe. Er arbeitet in der Psychiatrie Er*langen als angehender Fa*charzt. Ich kenne ihn schon lange. Sie kennt ihn auch und schätzt ihn. Und ich will ihr einfach nur sagen, dass er mir gesagt hat, dass all ihre Symptome sowas von klassisch sind, inklusive der kompletten körperlichen Palette, dass es wieder höchste Eisenbahn für die Einweisung ist. Aber sie legt auf. Schon nach "jetzt hörst du mir mal zu".

Ich verabschiede mich nach einer Stunde auf dem Geburtstag, versuche irgendwas zu erklären, ohne die Tatsachen zu erzählen.

Man steht allein auf weiter Flur. Vater und Bruder sagen, was sollen wir denn machen, wir können nichts machen, sie arbeitet ja auch noch.

Sollen wir da weiter zuschauen? Mutterseelenallein. Dieser Begriff bekommt so neue Dimensionen. Wie kann eine Mutter da sein, ohne dass sie da ist. Dieses ewige Abschiednehmen macht mich krank. Wenn sie nicht bald wieder in die Klinik geht, dann geh ich dort hin.

Und der Fritz, der wär jetzt genau das richtige. Aber nur mit einer ordentlichen Ladung. Insofern. Dann doch alleine zu hause betrinken. Ich hasse das alles. Wie gesagt. Ein Deal mit dem Teufel. Ich bin bereit.






Sonntag, 13. März 2011
Es wird wieder richtig schlimm. Und verrückt. Es MUSS auch einfach irgendetwas nicht stimmen, körperlich. Es passieren so kuriose Sachen, die "gesunde" Zeugen bestätigen. Und sie ist wieder nah vor einem Suizid. Was mich nicht wundert, wenn ich mir ihre Tagesprotokolle durchlese. Sie geht jeden Tag aufs neue durch die Hölle. Sie erleidet Qualen auf einem Niveau, das ich niemals kennenlernen möchte und meinem ärgsten Fein nicht wünsche. Allein die Vorstellung kommt vermutlich nicht annähernd an ihre tatsächliche Empfindung, und schon diese ist unbeschreiblich. Es quält mich in der Seele, wie weh ihr jeder einzelne Tag tut. Wie weh muss etwas tun, bis man sich den Freitod als Erlösung vorstellen kann. Und von diesem angeblich nur noch abgehalten wird, weil "die" sie davon abhalten.

Das ist alles so schrecklich, und wir so überfordert.






Montag, 22. November 2010
Das klingt jetzt echt verrückt. Und ich weiß es selbst noch nicht einzuordnen, aber... moment ich muss erst kurz noch tief einatmen um dann weit auszuholen...

Bei meiner Mama läuft ja alles wie immer. Naja so fast. Also in der Arbeit alles ok, sie ist gut wieder reingekommen, es macht ihr Spaß und lenkt sie ab, von "all dem". Denn das ist ja alles nach wie vor da. Trotz der Neuroleptika. In letzter Zeit haben mein Bruder und ich das Gefühl, dass es wieder schlechter wird.

Das kann auch an den Existenzängsten liegen, die sie derzeit verfolgen. Beim Arbeitgeber ist die Auftragslage schlecht. So wie es aussieht müssen evtl. sie und eine andere Kollegin mit den Stunden runter. Wenn nicht bald Besserung eintritt, steht unter Umständen sogar Arbeitslosigkeit ins Haus. Was fatal wäre. Finanziell, und psychisch.

Naja. Jedenfalls hat sie sich jetzt bei so einem Arzt ein Strahlenmessgerät besorgt. Weil man Vater ihr immer sagt: H., wenn da was ist, dann müsste man das sehen, wenn das Strahlen sind, wie du behauptest. Es hat jetzt lang gedauert, aber anscheinend ist der Leidensdruck irgendwann so groß, dass Menschen alles tun. Und sich eben auch so ein Gerät besorgen.

Sie meint ja, sie würde über Strahlen irgendwie "stimuliert" oder "angezapft" werden. So dass sie Zuckungen spastischer Art bekommt. "Sie schlagen vor allem in die Füße rein". Deswegen hat sie ein solches Gerät nun 24 Stunden an ihrem Körper getragen, während sie protokollierte, wann sie wo war, bzw. Ortswechsel vorgenommen hat, bzw. was sie da getan hat.

Jetzt hat sie das Gerät zur Auswertung gegeben. Der Typ bei der Abgabe fragte, ob es irgendwelche Besonderheiten gab. Und sie meinte: ja, am schlimmsten ist es in der Küche, und dann, die ganze Nacht war ruhig, aber so gegen 5.30 Uhr hatte sie wieder einen sehr heftigen Einschlag in die Füße.

Mein Bruder und ich sagen ja nur noch jaja.

Heute kam die Auswertung. Die Ausschläge auf dem Strahlengerät sind die ganze Zeit normal. Außer in der Küche. Und morgens um 5.30 eine signifikante Abweichung, der man laut einem Arzt aus N. nachgehen müsse, da dies nicht normal sei. Mein Bruder hat mich eben angerufen und mir davon erzählt. Er hat die Auswertung schwarz auf weiß gesehen. Wir reden hier wirklich von Strahlen. Nicht von Herz- oder Hirnströmen.

Leute. Ich fall vom Glauben ab.






Sonntag, 5. September 2010
Morgen fängt Mama wieder an zu arbeiten, und heute morgen hat sie eine unserer zwei Katzen überfahren aufgefunden. Das ist doch alles Scheisse, mal echt jetzt.






Dienstag, 24. August 2010
Mad world.
Nachdem sie das zweite mal 6 Wochen "Aufenthalt" (ein merkwürdiges Wort in diesem Zusammenhang, finde ich) hatte, kam sie Ende Juli zurück in ihre Wohnung. Wir hatten ihr Versprechen, dass sie sich alle zwei Wochen die Depotspritzen geben lässt, was unabdingbar ist, wenn sie wieder anfangen will zu arbeiten.

Angeblich hatte sie die Spritze schon gekauft, als sie zu der Therapeutin ist, die ihr ihr alter Analytiker empfohlen hat. Bei ihr hat sie sich dann über die Nebenwirkungen beschwert (in der Klinik hatte sie ja schon zwei Spritzen bekommen), und diese hat ihr dann kurzerhand Tabletten verschrieben. Was für eine bescheuerte Tusse, echt, ich komm da gar nicht drüber hinweg. So ist für uns wieder nicht nachvollziehbar, ob sie die Medikamente einnimmt oder nicht. Ich finde es verantwortungslos. Die Therapeutin stimmte die Verschreibung nicht mit der Klinik ab, nicht mit uns... es war ihr anscheinend scheissegal ob es nicht vielleicht einen Grund für diese Spritzen gibt.

In meinen Ohren klingen immer noch die Worte der Stationsschwester, die mir vor einigen Wochen erklärte, welche verhehrenden Konsequenzen es haben kann, wenn Patienten immer wieder auf Medikamente eingestellt werden und diese dann jedes mal absetzen, wenn sie nach Hause kommen. Ich will meine Mutter nicht in einer betreuten Einrichtung zu Hause wissen. Denn ansich ist sie von so etwas meilenweit entfernt.

Glasklar in der Birne, immer noch die Alte, abgesehen von diesem einen Punkt, der Paranoia. Nur dieser eine Aspekt, und doch bestimmt er ihr ganzes Leben und meinen Blick auf sie. Langsam beginne ich den Begriff Schizophrenie zu begreifen.

Angeblich nimmt sie die Medikamente, behauptet sie jedenfalls, aber mein Vertrauen und das meines Bruders in sie ist inzwischen extrem angekratzt. Mein Bruder kontrollierte die Schachtel, die Tabletten fehlen, wo auch immer sie nun tatsächlich sind. Ihre Sicht der Dinge bleibt, und zum Teil auch die Symptome, von denen uns nach wie vor nicht klar ist, ob sie real sind, oder sie sich auch das einbildet.

Anfang September beginnt sie tatsächlich mit ihrem Wiedereingliederungsplan in der Arbeit. Sie hat keine Wahl, das Krankengeld läuft aus, dessen ist sie sich bewusst, und deswegen meint sie, es zu schaffen. Und ich habe mir fest vorgenommen so oft wie möglich an den Donnerstagen früh aus B*onn abzureisen, um endlich eine Selbsthilfegruppe besuchen zu können.

Letztendlich können wir nur warten was passiert. Aber zugegeben, meine Zweifel sind groß. Sie sendet uns Mails mit Zusammenfassungen der "Geschehnisse", und mit Links zu Seiten, auf denen sich die Schizos gegenseitig Nährstoff geben, seien es Blogs oder sonstige Websites, deren Bezeichnungen wie Bi*ld-Zeitung-Überschriften anmuten. Es gibt ganze Verbände, die "Opfern" "Hilfe" anbieten. Die Anzahl an verzweifelten vermeintlichen Opfern ist unfassbar groß.






Donnerstag, 19. August 2010
Ich weine sehr und sage, ich wünschte, sie wäre tot, denn stell dir vor, das geht noch die nächsten 30 Jahre so.

Papa nimmt mich in den Arm und meint, so wie sie raucht, wird sie keine 80. Und dann meint er, er versteht mich, denn für mich würde das ja 30 Jahre Abschiednehmen bedeuten.






Sonntag, 8. August 2010
Ironie des Schicksals. Meine Mutter ruft heute Nachmittag an. Zur Zustandsbeschreibung und was da schon wieder schief läuft irgendwann anders.. das pack ich heut nicht mehr. Jedenfalls reisst mir das Nervenkostüm, da für sie immer noch ihre Realität wahrhaftig ist. Trotz Medis. Und wir würden es uns leicht machen, dass wir sie mit Paras abstempeln und uns nicht damit auseinandersetzen, dass das alles real sein könnte.

Danach entnervt den Herrn Vater angerufen. "Was ist, wenn das alles stimmt?" frage ich ihn.

Er verweist mich auf den Tatort am heutigen Abend.

Nicht sehr hilfreich... denn..

...was, wenn das wirklich alles stimmt, was sie behauptet?